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03.12.2015 ESUG trat ab 01.03.2012 in Kraft: Was war neu und wie sind die Erfahrungen?
Information Das ESUG zur Verbesserung der Sanierung in Insolvenzverfahren trat zum 1. März 2012 in Kraft.
Der Schwerpunkt ist die Eigenverwaltung, die der Regelfall werden sollte  und nicht mehr nur ein Schattendasein führen. Mit der Eigenverwaltung soll der Schuldner die Zügel weiterhin in der Hand halten. Dadurch soll die Insolvenzverschleppung vermieden und die Sanierungschancen erheblich erhöht werden.
Zwischen 2012 und 2015 gab es 559 Verfahren. 42 Prozent davon wurden nicht als Eigenverwaltungsverfahren beendet, sondern als Regelinsolvenzverfahren fortgeführt, vgl. ZIP 2015, 2160 ff.

1. Besser qualifizierte Insolvenzrichter und Rechtspfleger
Es gibt keine Konzentration der Insolvenzsachen auf besondere Insolvenzgerichte, wie es beispielsweise in Sachsen schon erfolgte. Die Insolvenzrichter und Rechtspfleger sollten sich die  erforderliche insolvenzspezifische Sachkompetenz aneigenen. 

2. Einsetzung eines vorläufiges Gläubigerausschusses
Grundsätzlich ist den Gläubigern im Eröffnungsverfahren das Recht eingeräumt, eine für das Gericht bindende Entscheidung über die Anordnung der Eigenverwaltung zu treffen, vgl. ZIP 45/2015 S.2161.
Es gibt Schwellenwerte, ab denen der Einsatz eines vorläufigen Gläubigerausschusses zwingend ist.  Schwellenwert ist die Größe einer mittelgroßen Kapitalgesellschaft nach § 267 HGB.
Unterhalb der Schwellenwerte kann ein vorläufiger Gläubigerausschuss auf Antrag eingesetzt werden. Im Antrag müssen (mindestens 2) geeignete Mitglieder benannt werden, die ihr Einverständnis belegen. Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses können Gläubiger oder von ihnen bestellte Vertreter sein.

3. Verwalterauswahl
Der vom Gericht eingesetzte Insolvenzverwalter soll kompetent und unabhängig sein.
Der Einfluss der Gläubiger und des Schuldners auf die Verwalterauswahl wurde gestärkt:

Soweit ein Rechtsanwalt schon einmal mit einer allgemeinen Beratung des Schuldners oder des schuldnerischen Unternehmens befasst war, ist nach der Gesetzesreform die Unabhängigkeit des Verwalters nicht ausgeschlossen. Wenn der Rechtsanwalt jedoch bereits einen Insolvenzplan erstellt, ist die Unabhängigkeit nicht mehr gegeben.

Bei größerern Insolvenzverfahren mit einem obligatorischen Gläubigerausschuss, ist dieser an der Verwalterauswahl zu beteiligen. Der Ausschuss kann, wenn er nicht vor der Bestellung angehört wurde, auch noch in seiner ersten Sitzung einstimmig eine andere Person als die bestellte zum vorläufigen Insolvenzverwalter wählen.

4. Verbesserung des Insolvenzplanverfahrens
Gemäß § 284 InsO ist ein Auftrag zur Erstellung eines Insolvenzplans an den Sachwalter oder an den Schuldner zu richten. Beim Plan besteht meist Eilbedürftigkeit.

a) Insolvenzplanverfahren können jetzt auch durchgeführt werden, wenn sie nicht verfahrensbeendend, sondern auch verfahrensleitend bzw nur Teilpläne sind, vgl.  §§ 217, 258 InsO.

b) Der Verwalter kann ermächtigt werden, Umsetzungsmaßnahmen zu ergreifen und ohne neues Gläubigervotum offensichtliche Fehler des Plans zu berichtigen.

c) Im Plan kann ein debt-equity-swap vereinbart werden. In die Rechte bisheriger Gesellschafter kann eingegriffen und Gläubiger mit deren Zustimmung zu Gesellschaftern gemacht werden.

d) Rechtsmittel gegen die Bestätigung des Insolvenzplans haben zwar immer noch aufschiebende Wirkung, jedoch kann das Landgericht die sofortige Beschwerde grundsätzlich unverzüglich zurückweisen, wenn dies als Ergebnis einer Abwägung sinnvoll erscheint. Der  Beschwerdeführer ist notfalls später zu entschädigen.

5. Schutzschirmverfahren
Es gibt jetzt ein Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO. Um dorthin zu gelangen, muss ein Insolvenzspezialist eine Bescheinigung ausstellen, dass keine Zahlungsunfähigkeit,  aber eine drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorliegt.

Das Gericht ordnet dann auf Antrag einen Vollstreckungsschutz an und setzt einen vorläufigen Sachwalter ein. Der eigenverwaltende Schuldner darf weiter über sein Vermögen verfügen und kann zur Begründung von Masseverbindlichkeiten ermächtigt werden.

6. ESUG in der Praxis

  • Gerichte akzeptieren Anträge auf Eigenverwaltungen.
  • Sie setzen die benannten Kontrolleure ein.
  • Eigenverwaltungen haben keinen Sinn, wenn erst Investoren gesucht werden müssen und keiner der bisherigen Gesellschafter Fortführungsinteresse hat
  • Masseverbindllichkeiten können auch im vorläüfigen Verfahren begründet werden, § 270 a InsO.
    Diese Gläubiger werden daher zu 100 Prozent befriedigt und brauchen keine Angst wegen Ausfall haben.
  • Insolvenzgeld und die Vorfinanzierung laufen auch bei Eigenverwaltungen problemlos.
  • In den meisten Fällen macht der vorläufige Sachwalter die Zahlung oder Beauftragung von seiner Zustimmung abhängig. So hat er umfassende Kontrollmöglichkeiten. 
  • Zahlungen der laufenden SV- Beiträge in der vorläufigen Verwaltung laufen - abhängig vom Gerichtsbezirk und der dort vertretenen Rechtsauffassung - oft durch den Geschäftsführer und er macht die Krankenkassen bösgläubig (Information über Zahlungsunfähigkeit und Zahlung um Strafbarkeit zu vermeiden), damit der Sachwalter die Beitragszahlung anfechten kann.
  • Die Umsatzsteuer ist in der vorläüfigen Eigenverwaltung keine Masseverbindlichkeit
  • In der ersten Gläubigerversammlung kann die Eigenverwaltung nur auf Antrag und mit der Kopf und Summenmehrheit aufgehoben werden
  • Die Vergütung des Sachwalters darf nicht soweit gekürzt werden, dass Risiko und Ertrag nicht mehr im Verhältnis stehen. Der Sachwalter und der vorläufige Sachwalter müssen angemessen entlohnt werden.

 

Weiter führende Quellen:
- ESUG: Erfahrung, Probleme, Änderungsmöglichkeiten , Gravensburger Kreis in ZIP 45/2015 S. 2159 ff.

- Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 17/7511

- Plenarprotokoll der 2. und 3. Beratung im Deutschen Bundestag, BT-Plpr. 17/136, S. 16162 [C]

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Verfasser: Hermann Kulzer MBA Fachanwalt für Insolvenzrecht
 
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