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10.02.2020 < Vorerbe contra Nacherbe oder: Welche Verfügungen sind bei einer Vorerbschaft möglich und welche Rechte hat der Nacherbe?
Information Warum Vorerbschaft und Nacherbschaft?

Die Vorerbschaft und Nacherbschaft wird häufig von Ehepaaren praktiziert, die sich zunächst gegenseitig als Vorerben einsetzen und als Nacherben die gemeinsamen Kinder bestimmen.
Mit dieser testamentarischen Anordnung wollen die Eheleute sicherstellen, dass das gemeinsame Vermögen auch im Kreis der Familie verbleibt. Der länger lebende Ehegatte kann daher das geerbte Vermögen nach einer Wiederheirat nicht an den neuen Ehegatten vererben.

Der Vorerbe ist Vollerbe auf Zeit bis zum Eintritt des Nacherbfalls

Der Erblasser kann einen Erben bestimmen, der erst Erbe (Nacherbe) wird, nachdem zunächst eine andere Person (Vorerbe) geerbt hat, § 2100 BGB.  Der Vorerbe ist "Erbe auf Zeit".
Im Gegensatz zur Erbengemeinschaft erben sie zeitlich versetzt hintereinander.
Der Nacherbe hat ein Anwartschaftsrecht auf die Nacherbschaft. Mit dem Eintritt des Falles der Nacherbfolge hört der Vorerbe auf, Erbe zu sein.
Beim Tod des Vorerben kommt es zu zwei Erbfällen: 

  • Der Erbfall durch den Tod der Person und 
  • der Erbfall aufgrund der Nacherbschaft, wonach dieses Sondervermögen auf den Nacherben übergeht.

Besteht eine Verfügungsberechtigung?

Der Vorerbe ist dem Nacherben gegenüber wirkend, verfügungsberechtigt.

Gibt es Einschränkungen in der Verfügungsberechtigung?

Es gibt Einschränkungen aus den §§ 2113 bis 2115 BGB. Denn im Nacherbfall soll das Vermögen des Erblassers, das zunächst dem Vorerben zur Verfügung steht, dem Nacherben ungeschmälert zufallen. Der Vorerbe darf beispielsweise kein Grundstück aus dem Nachlass ohne die Zustimmung des Nacherben veräußern oder verschenken, § 2113 BGB, vgl. Gesetzestext und Rechtsprechung hierzu unten.

Der Erblasser kann den Vorerben über § 2136 BGB in zulässiger Weise von Einschränkungen befreien. Keine Befreiung gibt es vom Verbot der unentgeltlichen Verfügung § 2113 Abs.1 BGB.
Eine unentgeltliche Verfügung über Nachlassgegenstände ist nur mit Zustimmung aller Nacherben möglich

Welche Rechte hat der Nacherbe?

Der Nacherbe hat schon vor Eintritt des Nacherbfalls Rechte gegenüber dem Vorerben, z.B. das Recht auf Auskunft gemäß § 2121 BGB oder die Eintragung von Sperrvermerken bei Wertpapieren, § 2116 ff.  Die Vorerbschaft ist als Sondervermögen des Vorerben zu behandeln.

Auf Verlangen hat der Vorerbe dem Nacherben ein Bestandsverzeichnis über die zum Nachlass gehörenden Vermögensgegenstände zu überlassen, § 2121 BGB.

Zum Auskunftsanspruch des Vorerben folgende Einzelheiten aus der Entscheidung des OLG Karlsruhe Urteil vom 7.2.2017, 9 U 85/15: 

1. Der Beklagte ist verpflichtet, eine schriftliche Auskunft über den Bestand des Nachlasses der verstorbenen Frau K. zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung zu erstatten. 

2. Der Anspruch der Klägerin ergibt sich aus § 2121 Abs. 1 BGB ("Verzeichnis der Erbschafts-gegenstände".

3. Jeder Nacherbe hat nach dem Tod des Erblassers einen Auskunftsanspruch gegen den Vorerben gemäß § 2121 Abs. 1 BGB, ohne dass weitere Voraussetzungen für die Geltendmachung hinzutreten müssten. Aus dem Testament ergibt sich, dass der Beklagte Vorerbe und die Klägerinnen Nacherben nach dem Tod der Frau K. geworden sind.

4. Die Formulierung des Gesetzes in § 2121 Abs. 1 Satz 1 BGB ist dahingehend zu verstehen, dass sich das vom Vorerben zu erstellende Verzeichnis generell auf den "Tag der Aufnahme" beziehen muss (BGH, Urteil vom 09.11.1994 - IV ZR 319/93, RdNr. 18). Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, er habe den Anspruch der Klägerinnen bereits durch das gegenüber dem Nachlassgericht abgegebene "Nachlassverzeichnis" erfüllt.

5. Die Auskunftspflicht des Beklagten erfordert eine schriftliche Einzelaufstellung sämtlicher zum Nachlass gehörenden Gegenstände, die in geeigneter Art und Weise zu konkretisieren sind. Bei Bankguthaben oder Geldanlagen ist beispielsweise jeweils die betreffende Bank, die Kontonummer und der auf dem Konto vorhandene Guthabensbetrag zu konkretisieren. 

6. Wenn die gemäß § 2121 Abs. 1 BGB zu erteilende Auskunft zeitlich nach dem Erbfall erfolgt, hat sie auch die sogenannten Surrogate (vgl. § 2111 Abs. 1 BGB) im Einzelnen zu bezeichnen, vgl. Palandt/Weidlich, BGB, § 2121 BGB Rn. 2).

7. Solange ein (erstmaliges) Verzeichnis gemäß § 2121 Abs. 1 BGB nicht erstellt ist, haben die Nacherben einen Auskunftsanspruch, ohne dass es auf die Frage ankäme, ob und inwieweit der Beklagte Pflichten bei der Verwaltung der Erbschaft verletzt hat oder verletzt.

Zum Schutz des Nacherben vor Verfügungen des Vorerben, vgl. nachfolgende Entscheidung des Oberlandesgericht München: Urteil vom 16.05.2018 – 20 U 2903/17

Die Klägerin begehrte nach dem Tod ihres Vaters als Nacherbin die Berichtigung des Grundbuchs und Herausgabe eines Grundstücks.
Sie machte gegenüber dem Beklagten zu 1) einen Grundbuchberichtigungsanspruch gemäß § 894 BGB geltend, hilfsweise einen Herausgabeanspruch, § 985 BGB. 
Die Veräußerung des Grundstücks an die Eheleute T. sei teilweise unentgeltlich erfolgt und die Verfügung des Vorerben sei mit Eintritt des Nacherbfalls gemäß § 2113 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BGB unwirksam. 

ZUSAMMENFASSUNG: 


Sie haben Anspruch gemäß Auskunft und Erteilung eines Verzeichnisses der Erbschaftsgegenstände;
dieses Verzeichnis kann auf Ihr Verlangen behördlich oder durch einen Notar aufgenommen werden. Bei Verdacht von Falschangaben kann eine eidesstaatliche Versicherung des Vorerben erzwungen werden.

Streit wegen Erbschaften dauert oft Jahre und verursacht hohe Verfahrenskosten.
Diese sind vermeidbar.
Nutzen Sie die Möglichkeit einer Erbschaftsmediation.


Anhang:

Maßgebliche Paragraphen:

 

§ 2112 BGB (Verfügungsrecht des Vorerben)

Der Vorerbe kann über die zur Erbschaft gehörenden Gegenstände verfügen, soweit sich nicht aus den Vorschriften der §§ 2113 bis 2115 ein anderes ergibt.

 

§ 2113 BGB (Verfügungen über Grundstücke, Schiffe und Schiffsbauwerke; Schenkungen)

(1) Die Verfügung des Vorerben über ein zur Erbschaft gehörendes Grundstück oder Recht an einem Grundstück oder über ein zur Erbschaft gehörendes eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk ist im Falle des Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde.

(2) Das Gleiche gilt von der Verfügung über einen Erbschaftsgegenstand, die unentgeltlich oder zum Zwecke der Erfüllung eines von dem Vorerben erteilten Schenkungsversprechens erfolgt. Ausgenommen sind Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.

(3) Die Vorschriften zugunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung.


§ 2121 BGB (Verzeichnis der Erbschaftsgegenstände)

(1) Der Vorerbe hat dem Nacherben auf Verlangen ein Verzeichnis der zur Erbschaft gehörenden Gegenstände mitzuteilen. Das Verzeichnis ist mit der Angabe des Tages der Aufnahme zu versehen und von dem Vorerben zu unterzeichnen; der Vorerbe hat auf Verlangen die Unterzeichnung öffentlich beglaubigen zu lassen.

(2) Der Nacherbe kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des Verzeichnisses zugezogen wird.

(3) Der Vorerbe ist berechtigt und auf Verlangen des Nacherben verpflichtet, das Verzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufnehmen zu lassen.

(4) Die Kosten der Aufnahme und der Beglaubigung fallen der Erbschaft zur Last.

 

§ 2127 BGB (Auskunftsrecht des Nacherben)

Der Nacherbe ist berechtigt, von dem Vorerben Auskunft über den Bestand der Erbschaft zu verlangen, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass der Vorerbe durch seine Verwaltung die Rechte des Nacherben erheblich verletzt.

 

 

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Verfasser: Hermann Kulzer, MBA, Rechtsanwalt, Erbschaftsmediator
 
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