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01.04.2013 Antrag auf Einzelermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten durch den schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter
Information I. Rechtliche Grundlagen
Die Insolvenzordnung schreibt die Befriedigungsreihenfolge der Gläubiger zwingend vor: Massegläubiger ( §§ 53 ff InsO) sind vor den normalen Insolvenzgläubigern (§ 38 InsO) vorab aus der Masse zu befriedigen.
Der sogenannte schwache vorläufig Insolvenzverwalter kann kein Masseverbindlichkeiten begründen, da auf ihn § 55 Abs.2 InsO nicht anwendbar sind. Er kann jedoch Bargeschäften zustimmen. Es gibt jedoch Fälle, in denen nicht genügend Liquidität zur unmittelbaren Befriedigung von Lieferanten im Wege eines Bargeschäfts gem. § 142 InsO vorhanden ist.
Um Masseverbindlichkeiten im eröffneten Verfahren begründen zu können, bedarf der schwache vorläufige Insolvenzverwalter einer insolvenzrechtlichen Einzelermächtigung (BGH ZIP 2002, 819 s. auch BGH vom 7.5.2009, NZI 2009, 475=ZIP 2009, 1102).

Mit welchen Rechten und Pflichten der vorläufige Insolvenzverwalter im jeweiligen Einzelfall ausgestattet werden kann, ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz.
§ 22 Abs.2 S.2 InsO bestimmt lediglich, dass die Rechte Pflichten nicht weiter gehen dürfen, als die eines "starken" vorläufigen Insolvenzverwalters gemäß § 22 Abs.1 InsO
Beim starken vorläufigen Insolvenzverwalter geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldner vollständig auf ihn über, § 22 Abs. 1 InsO.
Der vorläufige starke Insolvenzverwalter tritt damit umfassend in Rechte und Pflichten des Schuldners ein, verbunden mit der Pflicht, das Unternehmen fortzuführen.
Die in dieser Zeit entstehenden Verbindlichkeiten gelten gemäß § 55 Abs.2  InsO als Masseverbindlichkeiten.
Lieferanten, die bereit sind, selbst nach Insolvenzantragstellung noch mit dem schuldnerischen Unternehmen zusammenzuarbeiten und einen Warenkredit zu gewähren, haben ein besonderes, legitimes Sicherungsinteresse, das es zu befriedigen gilt.
Hier kann die Begründung von Masseverbindlichkeiten durch den „schwachen” vorläufigen Insolvenzverwalter als Sicherungsmittel eigener Art Abhilfe schaffen, vgl. Kirchhof, ZInsO 2004, 57 (58).
Durch die Begründung einer Masseverbindlichkeit ist der Gläubiger sehr weitgehend abgesichert, da seine Forderung im eröffneten Verfahren nach § 53 InsO vorrangig zu berichtigen ist.

Einzelermächtigungen eigenen sich insbesondere bei solchen Vertragsgestaltungen, die eine Abrechnung erst geraume Zeit nach Eröffnung des Verfahrens vorsehen und deshalb sich nicht für ein Bargeschäft eignen, Kirchhof, ZInsO 2004, 57 (60) – Babcock-Borsig.

2. Tatbestandliche Voraussetzungen nach der Rechtsprechung des BGH
a) Im Voraus genau festgelegte Verpflichtung
Nicht jede einzelne Maßnahme muss bis ins kleinste Detail geregelt werden, sondern es ist  ausreichend, wenn bestimmte Maßnahmen nach Art und Umfang genau bezeichnet sind.
Auch ist der Erlass einer „Bündelermächtigung”, das heißt das Zusammenfassen einer ganzen Reihe von Einzelermächtigungen in einem Beschluss, möglich, vgl. Schröder, in: Hamburger Komm. z. InsolvenzR (o. Fußn. 1), § 22 Rdnr. 92.
Hier kann bei im Wesentlichen gleicher Begründung ein Verweis auf eine beigefügte Liste erfolgen, die Teil des Beschlusses ist. Ein praktischer Anwendungsfall ist etwa die Ermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten für eine ganze Reihe von Lieferanten gleicher oder ähnlicher Produkte, . Hier ist es ausreichend, den jeweiligen Lieferanten genau zu bezeichnen, die Art der von ihm zu liefernden Produkte schlagwortartig abzugrenzen und die jeweilige Obergrenze der für jeden Lieferanten begründbaren Masseverbindlichkeiten festzulegen.

b) Notwendigkeit als Ausdruck der Gläubigergleichbehandlung
Das Gesetz bringt an verschiedenen Stellen eindeutig und unmissverständlich zum Ausdruck, dass der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung auch im Eröffnungsverfahren gilt.

Aus der Begründung der Anregung bzw. des Erlasses der Einzelermächtigung muss hervorgehen,  weshalb einem Gläubiger das besondere Sicherungsrecht der Masseverbindlichkeit zugesprochen werden muss.
Die Anordnung ist aus Gleichbehandlungsgründen jedenfalls dann unproblematisch, wenn die Anordnung eine Massemehrung zu Gunsten aller Gläubiger zur Folge hat.
Denn hiervon profitieren auch die einfachen Insolvenzgläubiger: Ausreichend ist deshalb, wenn der vorläufige Verwalter prognostisch darlegen kann, dass durch die Einzelanordnung eine Massemehrung zu Gunsten der Gesamtheit der Gläubiger erfolgt. Regelmäßig kann bei einer vorläufigen Fortführung des Unternehmens davon ausgegangen werden.

Zur Rechtfertigung kann deshalb die Darlegung genügen, dass ohne die Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehung zu dem Gläubiger eine Fortführung im Eröffnungsverfahren nicht oder nur deutlich erschwert möglich, der Gläubiger quasi „systemrelevant” ist.
Der Prüfungsmaßstab des Gerichts ist auf eine Plausibilitätsprüfung beschränkt. Frind in Hamburger Komm- z- Insolvenzrechtz § 58 Rdnr. 4
Es ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass der „schwache” vorläufige Insolvenzverwalter schlüssig, nachvollziehbar und vertretbar begründet, weshalb es zur erfolgreichen vorläufigen Verwaltung der Bevorzugung eines bestimmten Gläubigers durch Schaffung einer bevorrechtigten Stellung bei Verteilung der Masse bedarf.

c) Einzelne Maßnahmen von begrenztem Umfang
Der Bundesgerichtshof hat statuiert, dass Einzelermächtigungen zur Begründung von Masseverbindlichkeiten zulässig sind, wenn nur einzelne Maßnahmen von begrenztem Umfang erforderlich sind.
Die bloße Anzahl von Einzelermächtigungen ist kein geeignetes Abgrenzungskriterium.
Die Grenze findet die Einzelermächtigung in der praktischen Umsetzbarkeit.
Da das Gericht keine Pauschalermächtigungen erlassen darf, ist zu fordern, dass der vorläufige Insolvenzverwalter für jeden Einzelfall seine Anregung begründen und das Gericht jede einzelne Anregung prüfen muss.

d) Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes
Jede Sicherungsmaßnahme muss verhältnismäßig sein, BGH NJW 2002, 3326. 

e) Liquiditätsplan
Überwiegend wird in der Literatur verlangt, der vorläufige Insolvenzverwalter müsse bei Anregung einer Einzelermächtigung eine Liquiditätsplanung beifügen, vgl Haarmeyer, in: MünchKomm-InsO § 22 Rdnr.70..
Dieser soll sicherstellen, dass der vorläufige Insolvenzverwalter die von ihm begründeten Masseverbindlichkeiten im eröffneten Verfahren auch befriedigen können wird. Welche Anforderungen und welchen Umfang dieser Liquiditätsplan haben soll, bleibt unklar.
Der BGH hat die Vorlage einer Liquiditätsplanung nicht ausdrücklich gefordert.

Es ist aber zu fordern, dass der vorläufige Insolvenzverwalter plausibel und nachprüfbar darlegt, wie und aus welchen Mitteln er die Masseverbindlichkeiten begleichen will. Hierzu hat er darzulegen, dass und wie ausreichend Masse generiert werden kann. Die Vorlage der vom vorläufigen Insolvenzverwalter zu erstellenden (und fortzuschreibenden) Liquiditätsplanung im Sinne von betriebswirtschaftlichen Berechnungen ist nicht zu verlangen.
Es ist aber auch nicht die Aufgabe der Gerichte, diese Planungen en Detail zu überprüfen.
Hierzu bedient es sich ja gerade des eingesetzten sachverständigen vorläufigen Insolvenzverwalters. Dieser ist lediglich gehalten, dem Gericht unter Rückgriff auf die Ergebnisse seiner Planung schlüssig und nachvollziehbar darzulegen, dass und wie die Forderungen befriedigt werden sollen. Das Gericht ist dann darauf beschränkt, die Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit dieser Darlegungen zu überprüfen.

f) Zustimmung des vorläufigen Gläubigerausschusses

3. Antrag

„Der vorläufige Insolvenzverwalter wird ermächtigt, mit folgenden Unternehmen Verträge abzuschließen und hierbei Verbindlichkeiten zu Lasten der späteren Insolvenzmasse, § 55II InsO, zu begründen:

Lieferant
Lieferung/Leistung
Umfang

A-Stadtwerke
Lieferung von Strom und Gas für die (genau bezeichneten) Verbrauchsstellen/Geschäftsräume
1000 Euro

B-Bank
Vorfinanzierung von Insolvenzgeld
9500 Euro

D-Lieferant
Stahl

X Euro”

oder:
Der vorläufige Insolvenzverwalter wird ermächtigt, (bei der A-Bank) einen Kredit in Höhe von 500 000 Euro zu Lasten der späteren Insolvenzmasse, § 55II InsO, aufzunehmen.”

Beispiel aus: Laroche: Einzelermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten durch den „schwachen” vorläufigen Insolvenzverwalter(NZI 2010, 965)
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Verfasser: Hermann Kulzer MBA Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
 
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