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23.10.2013 Restrukturierung der Solarworld durch Debt Equity Swap oder: vom Gläubiger zum Aktionär
Information

Umwandlung von Forderungen in Beteiligungen erleichtert Restrukturierung

Die Krise des einstigen Börsenstars Solarworld war bedingt durch 

  • Liquiditätskrise und branchenspezifische Probleme.

Die Solarworld hatte über zwei Anleihemissionen fast 1 Milliarde Euro auf dem Ka­pitalmarkt akquiriert. Zur Überwindung der Krise waren mehrere "Sanierungsbaustei­ne" geplant. 
Der Wichtigste war: Umwandlung von Forderungen in eine Beteiligung 

Der sogenannte Debt-Equity-Swap - das bedeutet die Umwandlung (swap) von Forderungen (debt) in Geschäftsanteile (equity) = debt to equity swap, abge­kürzt DES.

Die Gläubiger sollten bei Solarworld ca. 50 Prozent ihrer Forderungen in neue Aktien umwandeln. Für die Gläubiger bedeutet der Debt-Equity-Swap, dass sie nach dieser Maß­nahme an einem Unternehmen beteiligt sind, das im Idealfall Erträge erwirtschaftet
Das operative Geschäft des Schuldnerunternehmens muss sanierungsfähig sein. 

Die Centrotherm, ebenfalls ein bekanntes Unternehmen aus der Solarbranche, geht den Weg über das Insolvenzgericht durch Schutzschirmverfahren, Insolvenzplan und Debt-Equity-Swap bis zur erfolgreichen Sanierung.

Im Rahmen des neuen Insolvenzrechts (ESUG), das zum 1. März 2012 in Kraft trat, wurde die Eigenverwaltung und der debt-to equity-swap jetzt in den Mittelpunkt der Sanierungsmaßnahmen gestellt.

Das ESUG wollte mehr Sanierungen und mehr Einfluss der Gläubiger durch den Debt-Equity-Swap. Dies kann sogar gegen den Willen der Altgesellschafter erfolgen. 
Zum Schutz der neuen Gesellschafter ist die so genannte "Differenzhaftung" aus­drücklich ausgeschlossen. Damit haben die Gläubiger in einem später eintretenden Insolvenzverfahren faktisch kein unkalkulierbares Risiko mehr. Der schlimmste Fall ist, dass es keine Chance mehr gibt, den Ausfall zu kompensieren durch die Beteili­gungserlöse.
Für Gläubiger, die aus geschäfts- oder bilanzpolitischen Gründen keine direkte Betei­ligung am Schuldnerunternehmen eingehen können, kann über einen Dritten - z.B. eine Beteiligungsgesellschaft – der Debt-Equity-Swap erfolgen. 
Die Anteile können langfristig mehr einbringen als die eigentliche Insolvenzquote. 
Für die Gläubiger kann es daher ein gutes Geschäft sein. 
Das ESUG hat durch den debt to equity swap daher neue Chancen für Beteiligungs­gesellschaften oder Private Equity-Investoren eröffnet. 
Der Gesetzgeber wollte eine neue Insolvenz- und Sanierungskultur. 

Falls die Sanierungsmaßnahme nicht innerhalb der Drei-Wochenfrist möglich ist, ist die Einleitung eines Insolvenzverfahrens mit "Eigenverwaltung" möglich.
Durch die Eigenverwaltung ist das Verfahren für die Schuldner kalkulierbarer und weniger einschneidend durchführbar. Der schuldnerische Geschäftsführer muss nicht die Angst haben, dass er nach der Einleitung des Verfahrens sofort "kalt gestellt " wird.
In Eigenverwaltung behält man die Kontrolle über das Verfahren. 
Die Überwachung erfolgt durch einen Sachwalter. 
Was ist immer noch ein großer Fehler vieler Geschäftsführer?
Sie warten viel zu lange und sie haben die Liquiditäts- und Ertragsplanung nicht so eingeführt, dass sie tatsächlich immer ein genaues Bild von der wirtschaftlichen Lage haben.
Geschäftsführer dürfen daher nicht zu lange warten.
Die Rechtsprechung fordert eine funktionierende Organisation der Kontrolle der Zahlungsfähigkeit und der Fortführungsprognose, vgl. aktuelle Rechtsprechung auf insoinfo.
Wer dies nicht alleine beherrscht, muss nach den Vorstellungen der Richter des Bundesgerichtshofs (BGH) qualifizierten Rechtsrat einholen.

Nachfolgend weitere Infos zum Debt to equity swap innerhalb eines Insolvenzverfahrens:
Früher konnten sich Anteilseigner weigern, ihre Anteile abzugeben oder zu reduzieren. Der Erhalt des Rechtsträgers war dann ausgeschlossen oder kompliziert. Meist erfolgte ein Verkauf der Aktivwerte und die Abwicklung der Gesellschaft. Nach dem Gesetz zur Erleichterung der Sanierung (ESUG) kann in die Rechte der Anteils-Inhaber eingegriffen werden.
Durch das ESUG (§ 217 Satz 2 InsO) ist die gesellschaftsrechtliche Umstrukturierung der Gemeinschuldnerin über ein Insolvenzplanverfahren möglich - auch gegen den Willen der bisherigen Gesellschafter. Die Rechte der Altgesellschafter können im gestaltenden Teil des Insolvenzplans zum Wohle der Gesellschaft umgestaltet und der Altgesellschafter sogar enteignet werden.
§ 225a Abs. 5 InsO und § 251 InsO regeln den Abfindungsanspruch bzw. den Ausgleichsanspruch des Altgesellschafters.
Die Beeinträchtigung der Rechte der Altgesellschafter ist auch dadurch möglich, dass bisherige Gläubiger ihre Forderungen in Mitgliedschaftsrechte umwandeln lassen und dadurch der quotale Anteil der Altgesellschafter an der Gemeinschuldnerin sinkt.

1. Mögliche gesellschaftsrechtliche Regelungen für den DES
a) Kapitalherabsetzung
b) Erbringung von Sacheinlagen
c) Abfindung an ausscheidende Altgesellschafter
d) Übertragung von Anteilsrechten
2. Kein Risiko der Differenzhaftung bei Überbewertung
Normalerweise besteht bei einer Sacheinlage (hier: Forderung) das Risiko der Falsch­bewertung mit dem Haftungsrisiko des (neuen) Gesellschafters der Differenzhaftung (Differenz zwischen dem übernommenen Einlagewert und dem tatsachlichen Wert der eingebrachten Sache/Forderung).
Hat die Einlage normalerweise nicht den Wert, haftet der Einlegende für die Differenz gemäß § 9 GmbHG. Das ESUG hat in § 254 Abs. 4 InsO eine Ausnahme von der Differenzhaftung bei der Kapitalaufbringung geregelt.
Der einlegende Gläubiger hat beim DES also kein Haftungsrisiko.
3. Gesellschaftsrechtlich erforderliche Formalia
In dem Insolvenzplan können für die gesellschaftsrechtliche Umstrukturierung alle erforderlichen Beschlüsse und sonstige Willenserklärungen der Beteiligten aufgenommen werden, § 254a Abs. 2 InsO. Es bedarf keiner Ladung oder Bekanntmachung mehr. Nur die Anmeldung zum Handelsregister ist erforderlich.
4. Steuerliche Folgen
a) Verlustuntergang
Bei einer Überschreitung der Grenze von 25% führt eine Anteilsübertragung zu einem anteiligen Untergang des Verlusts, § 8c Abs. 1 Satz 1, 1. HS KStG.
b) Sanierungsgewinn
Durch das ESUG wurde keine Regelung getroffen bezüglich der Gewinne, die durch einen Forderungsverzicht entstehen. Maßgeblich ist weiterhin der Erlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 27.03.2007, wonach bei Sanierungsbedürftigkeit und -fähigkeit Sanierungsgewinne aus sachlichen Billigkeitsgründen erlassen werden.
c) Sonstige steuerliche Folgen und Bewertung
Eine Kapitalherabsetzung hat weder für die Gesellschaft, noch für den Gesellschafter steuerliche Folgen.Zur Bewertung von Sicherheiten beim Dept Equity Swap vgl. Dr. Raiiner Eckert in ZInsO 50/2012 S. 2318 ff.
Beispiel
Gesellschafter A und B sind mit jeweils 50.000,00 EUR an der X-GmbH beteiligt, die sich in Insolvenz befindet und saniert werden soll.
Gläubiger G hat Forderungen gegen die X-GmbH in Höhe von 100.000,00 EUR mit einer Quotenerwartung von 10% = 10.000,00 EUR.
Die Forderungen wird - mit Zustimmung des Gläubigers - in Geschäftsanteile umgewandelt.
Das Kapital wird auf 25.000,00 EUR herabgesetzt.
Gesellschafter sind dann
A mit 7.500,00 EUR, B mit 7.500,00 EUR und G mit 10.000,00 EUR
A, B und G beschließen dann im Verhältnis ihrer Anteile neues Kapital einzubringen, mit dem die anderen Gläubiger quotal ausbezahlt werden sollen (10%). Die Gesellschaft kann dadurch fortgeführt und die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung beseitigt werden. Das Insolvenzverfahren wird nach Bestandskraft des Insolvenzplanes und Befriedigung der Masseansprüche aufgehoben. Die Gläubiger erhalten die vereinbarte Quote.

Fazit
Gesellschafter müssen in Zeiten der Krise der Gesellschaft manchmal zum Erhalt der Gesellschaft Einschnitte hinnehmen. Der debt to equity swap ist eine gute Chance: aus Gläubigern werden Gesellschafter. Dies kann außergerichtlich erfolgen oder innerhalb eines gerichtlichen Sanierungsverfahrens. Wenn man außergerichtliche Sanierungsmaßnahmen ergreift, muss dies schnell gehen, wenn bereits ein Insolvenzgrund vorliegt (Drei-Wochenfrist), da man sich als Geschäftsführer ansonsten strafbar macht. 
Innerhalb eines gerichtlichen Insolvenz-und Sanierungsverfahrens wurden die Sanierungsmöglichkeiten erweitert. Dazu gehört nach dem Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Gesellschaften (ESUG) auch der debt to equity swap. 
Langfristig kann ein Gläubiger so an dem Sanierungserfolg partizipieren. 


Für Fragen und Hilfe stehen wir gerne zur Verfügung.

Hermann Kulzer MBA
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Wirtschaftsmediator ( DIU Dresden International University) 

Kulzer@pkl.com
0351 8110233

 

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Verfasser: Hermann Kulzer MBA, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschafftsrecht
 
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