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05.06.2014 Über 140 sinnlose Zivilklagen geschädigter Infinus Anleger?
Information Die Insolvenzverfahren über die einzelnen Firmen der Infinus Gruppe wurden durch die Geschäftsführer eingeleitet. Das Insolvenzgericht Dresden hat zuerst vorläufige Sicherungsmaßnamen angeordnet, gemäß § 21 InsO. Dann wurden  die Verfahren eröffnet.

1. Vorschnelle Klagen?
Die vorläufigen Insolvenzverwalter mussten ein Insolvenzgutachten erstellen und prüfen, ob ein Iinsolvenzgrund vorliegt, die Kosten des Verfahrens aus der festgestellten Masse getragen werden können und ob Sanierungsmöglichkeiten bestehen.
In vielen Fällen bedarf die Erstellung derart komplexer Gutachten 8 bis 12 Wochen. So auch hier.
Unverständlich ist, dass trotz der Kenntnis der Insolvenzeinleitung viele Zivilrechtsklagen erhoben wurden gegen die Vorstände der Gesellschaft persönlich. Klar war und ist doch, dass auch die Insolvenzverwalter Ansprüche prüfen und wenn sie etwas ermitteln auch geltend machen werden. Klar war aus der Presse auch, dass die Staatsanwaltsschaft das Privatvermögen einiger Vorstände arrestiert hat.
Warum dennoch Klagen eingereicht wurden, ist unverständlich - erst recht in der Gutachtensphase- ohne Kenntnis über die Ermittlungsergebnisse der Insolvenzgutachter.
Sehr kritisch ist, wenn Anwälte- was manche ja vorgeben- zahlreiche Anleger vertreten und sich dann für diese jeweils auf denselben Vermögenswert stürzen.
Ein Auto mit einem Wert von 20.000 Euro arrestiert für 140 Anleger?
Dies kann schlecht für die Absicherung von 140 Mandanten dienen.
Insolvenzrechtlich sind sämtliche Vollstreckungen (wie Arreste), ab dem letzten Monat vor Insolvenzantrag unwirksam gemäß § 88 InsO (sogenannte Rückschlagssperre).
Solche Arrest sind daher besonders "sinnvoll".

Wenn jeder Mandant dann noch die hohen Kosten der Arrestierung (Gegenstandswert  jeweils: 20.000 Euro) bezahlen muss, ist fraglich, ob dies mit den Regeln der Anwaltskunst und einer ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Rechte der Mandanten vereinbart ist.

Jedenfalls hatte -laut Pressebericht der Sächsischen Zeitung vom 5. Juni 2014 S. 23 (Titel: Wenig Hoffnung für Infinius-Kläger) - das Landgericht Dresden über die Klage einer Anlegerin gegen zwei Infinus- Manager auf Schadensersatz in Höhe von 54.000 Euro zu entscheiden.
Die Klägerin warf den Managern Beratungsverschulden vor.
Jedoch wies der Richter darauf hin, dass nicht substantiiert dargestellt sei, worauf sich der Vorwurf stützt. Die Anwaltskosten beliefen sich bereits auf ca. 7.000 Euro.
Die Klägerin hat daraufhin die Klage zurückgenommen.
Rücknahme bedeutet, dass der eigene und der gegnerische Anwalt bezahlt werden müssen.
Die prognostizierte Quote im Insolvenzverfahren von 20 Prozent wird daher von den jetzt entstanden Kosten nahezu vollständig aufgezehrt.
Ein Drama nach dem Drama!

220 Anträge auf dinglichen Arrest liegen laut Presseartikel (oben) noch beim Landgericht Dresden und 140 arrestgestützte Klagen.

140 Dramen nach dem Drama?

2. Forderungsanmeldungen ein Kinderspiel?
Wenn die Insolvenzverfahren eröffnet sind, fordert der Insolvenzverwalter die Gläubiger auf, die Forderungen innerhalb einer bestimmten Frist bei ihm anzumelden.
Im Eröffnungsbeschluss sind die Aufforderungen an die Gläubiger exakt benannt, § 28 InsO.
Die Forderungsanmeldung ist nicht kompliziert - "Spezialisten" bieten dies als Sonderleistung für hohe Vergütungen an.

Der Insolvenzverwalter versendet ein Forderungsanmeldungsformular.
Dieses Formular muss nicht verwendet werden, weil es kein amtliches Anmeldeformular gibt.
Es wird jedoch empfohlen das vom Verwalter zur Verfügung gestellte Formular zu verwenden, um diesem die Arbeit so leicht wie möglich zu gestalten.
Die Anmeldefrist ist keine Notfrist- d.h. man kann auch nach Fristablauf seine Forderungen anmelden. Das Ausfüllen des Formulars ist exakt erklärt. Juristische Fachkenntnisse sind bis auf Ausnahmefälle nicht erforderlich.

3. Interessengemeinschaften bilden oder beitreten?
Eine Interessengemeinschaft zu bilden, ist gut, wenn diese mit keinen oder nur geringen  Kosten verbunden ist. Ansonsten liest man jetzt von vielen"Spezialisten", die mit standardisierten Verfahren viel Geld verdienen wollen. Vorsicht ist sinnvoll.

4. Sonderfall Nachrangdarlehn
Wer ein Nachrangdarlehn abgeschlossen hat, hat im Vergleich zum normalen Gläubiger ein zusätzliches Problem: Seine Forderungen können grundsätzlich auf Grund des Nachrangs erst nach allen anderen Gläubigern befriedigt werden.

5. Weitere Infos: 
5.1. Firma:
Future Business KG auf Aktien und Infinus AG Finanzdienstleistungsinstitut ua. Firmen der Infinus Gruppe

5.2. Produkte (Auszug):
Nachrangdarlehn und Orderschuldverschreibungen (OSV), je nach Laufzeit mit 5 bis 8 Prozent Verzinsung (OSV sind festverzinsliche Wertpapiere, die nicht von staatlichen Einlagesicherungssystemen gegen einen Ausfall abgesichert sind)

5.3. Hinweise in Prospekten
1. "Die Werthaltigkeit der Orderschuldverschreibungen wird im Wesentlichen vom wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg der Future Business KG aA bestimmt"
2. .".. auf vollständiges oder teilweises Ausfallrisiko wird hingewiesen"

5.4. Investvolumen:
ca. 400 Millionen Euro

5.5. Anleger (geschätzt):
25.000

5.6. Ingangsetzung der Ermittlungen und Beschlagnahmen: 
anonyme Anzeige (laut SZ vom 7.11.2013 S.1)

5.7. Ermittlungen:
Staatsanwaltsschaft Dresden 

5.8. Untersuchtungshaft:
6 Beschuldigte

5.9. Maßnahmen des Gerichts:
1. Razzien vom 5.11.2013 in Dresden, Stuttgart, Frankfurt, Köln, Traunstein, Salzburg
2. Haftbefehle für sechs Führungskräfte
(Jörg Biehl (Gründer), Andreas Kison, RA Siegfried  Bullin (Aufsichtsratsvorsitzender) Jens Pardeike, Fudof Ott, Keywan Kadkhodai
3. Sperrung der Konten

5.10. Beteiligte Beamte im Einsatz:
400

5.11. Reaktion der Geschäftsleitung:
"Aus unserer Sicht sind die Vorwürfe haltlos und durch nichts zu begründen", erklärte Kadkhodai in einem Interview mit MDR.  In Zusammenarbeit mit den Behörden wolle man alles tun, "um schnell und unmissverständlich auf eine schnelle Aufklärung der Vorwürfe zu dringen."

5.12. Insolvenzanträge
Anfänglich wurden für zwei Firmen der Firmengruppe sofort nach der Beschlagnahme ein Insolvenzantrag gestellt und durch das Insolvenzgericht Dresden vorläufige Iinsolvenzverwalter eingesetzt: Dr. Bruno Kübler von Kübler Insolvenzverwalter und Herr Scheffler von der Kanzlei Tiefenbacher.
Die anderen Firmen der Firmengruppe, zogen einige Tage später nach und stellten ebenfalls einen Insolvenzantrag, da durch die Beschlagnahme keinerlei Liquidität mehr verfügbar war.

Eine Fortführung der Firmen war ohne die beschlagnahmten Unterlagen und Mittel unmöglich.



Hermann Kulzer MBA 
Fachanwalt für Handelsrecht,  
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Wirtschaftsmediator (DIU Dresden International University)

Der Verfasser ist Fachanwalt für Handelsrecht. 
Zum Handelsecht gehört das Maklerrecht, Wertpapierhandel und Kapitalmarktrecht.


kulzer@pkl.com
0351/8110233
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Quelle oben: Sächsische Zeitungen vom 7., 8.,9.,10.11.2013 und SZ vom 5. Juni 2014
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Verfasser: Hermann Kulzer MBA Fachanwalt für Insolvenzrecht und Fachanwalt für Handelsrecht
 
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