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01.12.2015 Die Insolvenzanfechtung von Lohnzahlungen
Information Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 29. 1. 2014 - 6 AZR 345/12) hat zur Insolvenzanfechtung von Bargeschäften die subjektiven  Voraussetzungen konkretisiert und die Anfechbarkeit von Bargeschäften eingeschränkt.

1. Subjektive Voraussetzungen beachten
Zahlungsunfähigkeit und die Kenntnis des Anfechtungsgegners (hier Arbeitnehmer) allein reicht als subjektive Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nicht aus.
2. Einzelfallprüfung erforderlich
Das Indiz der Zahlungsunfähigkeit und ihre Kenntnis müssen einzelfallbezogen auf ihre  Beweiskraft hin überprüft werden.
2.1. bezogen auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz auf Seiten des Schuldners
2.2. und bezogen auf die Kenntnis des Anfechtungsgegners davon.
3. Normzweck der Vorsatzanfechtung
Die Vorsatzanfechtung darf nicht über ihren Normzweck hinaus ausgedehnt werden.
4. Stufenverhältnis beachten
Dem vom Gesetzgeber beabsichtigten Stufenverhältnis zwischen § 130 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 und
§ 133 InsO Rechnung  muss Rechnung getragen werden
5. Sachverhalt des BAG-Falles
Der Kläger fordert von einem ehemaligen Arbeitnehmer die Rückzahlung von Arbeitsentgelt zur Insolvenzmasse aufgrund einer Vorsatzanfechtung.
Die Beklagte war seit längerem angestellte Buchhalterin der Schuldnerin und eigenverantwortlich für alle anfallenden Buchhaltungsarbeiten im Debitoren-, Kreditoren- und Sachkontenbereich, für die Überprüfung der Zahlungseingänge, für die Überwachung der Zahlungstermine, Lohn- und Gehaltszahlungen sowie die vorbereitenden Arbeiten zum Jahresabschluss und zur Erstellung der Bilanz t#tig.
Das Arbeitsverhältnis wurde betriebsbedingt gekündigt.
Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Schuldnerin seit Anfang 2007 zahlungsunfähig war und dies auch erkannt hatte.
Die Löhne und Gehälter bezahlte die Schuldnerin termingerecht.
Der Insolvenzverwalter klagte vor dem Arbeitsgericht wegen einer Vorsatzanfechtung gemäß
§ 133 InsO auf Rückzahlung des von der Schuldnerin für Januar bis Juli 2007 gezahlten Nettoentgelts von 10. 000 Euro zur Masse.
Nach Ansicht des Insolvenzverwalters habe die Schuldnerin mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt, da die Schuldnerin zahlungsunfähig gewesen war.
Die Beklagte Buchhalterin sei Insider gewesen und habe gewußt, dass sich die Schuldnerin ihre Mitarbeiter nicht mehr habe leisten können und die Lohnzahlungen zulasten der übrigen Gläubiger erfolgt seien.
Auch bei Lohn- und Gehaltszahlungen an Arbeitnehmer, die ein Bargeschäft darstellen, sei im Regelfall aus der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners zu schließen.
Die Beklagte bekämpfte die Klage damit, dass sie keinen Gesamtüberblick über die Liquiditätslage der Schuldnerin gehabt habe.
Früher hätten die Gesellschafter Fehlbeträge aus ihrem Privatvermögen ausgeglichen.

6. Verlauf der Prozesses
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
Die Insolvenzverwalter legte Revision zum BAG ein.
Die Revision wurde zurückgewiesen.

7. Wesentliche Gründe der Entscheidung
7.1. Kein Benachteiligungsvorsatz
Die Schuldnerin hat bei der Zahlung des Nettoentgelts für Januar bis Juli 2007 keinen Benachteiligungsvorsatz gemäß § 133 InsO.
7.2. Keine Kenntnis vom Vorsatz
Die Beklagte hatte jedenfalls keine Kenntnis Benachteiligungsvorsatz nach §  133 Abs. 1 Satz 2 InsO
7.3. Ziel der Anfechtung
Das Insolvenzverfahren dient der gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger; durch die Insolvenzanfechtung sollen im Interesse der Wiederherstellung des Schuldnervermögens bestimmte, als ungerechtfertigt angesehene Vermögensverschiebungen rückgängig gemacht und der Insolvenzmasse zurückgewährt werden (BAG 21. November 2013 - 6 AZR 159/12) - Rn. 11.
7.4. Schutz des Existenzminimums
Aus Art.1 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 1 GG folgt das Grundrecht auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Art. 12 Abs. 1 GG gebietet bei kongruenten Deckungen, zumal bei Zahlungen im Rahmen eines Bargeschäfts oder in bargeschäftsähnlicher Lage, das Existenzminimum vom Zugriff des Insolvenzverwalters freizustellen, so dass dieser z.B. Entgeltbestandteil nicht im Wege der Insolvenzanfechtung im Interesse aller Gläubiger zur Masse ziehen kann.
Das Grundrecht auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ist dem Grunde nach unverfügbar, (BVerfG 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09- Rn. 133.
Dieses Grundrecht beinhaltet nicht nur einen Anspruch gegen den Staat auf materielle Leistungen an Hilfsbedürftige zur Sicherung des Existenzminimums, sondern schützt durch Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG das Recht auf persönliche Entfaltung im vermögensrechtlichen und beruflichen Bereich. Es verbietet dem Staat, auf den Kernbestand des selbst erzielten Einkommens des Grundrechtsträgers zuzugreifen.
Deshalb ist z.B. das Einkommen des Steuerpflichtigen insoweit steuerfrei zu belassen, als es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein benötigt wird.
Der Staat darf dem Bürger das selbst erzielte Einkommen bis zur Höhe des Existenzminimums nicht entziehen. Der existenznotwendige Bedarf bildet von Verfassungs wegen die Untergrenze für den Zugriff durch die Einkommensteuer.
Auch im Gläubiger-Schuldner-Verhältnis darf der Staat seinen Zwangsapparat grundsätzlich nicht zur Verfügung stellen, um einem Einzelnen den Teil des Einkommens zu entziehen, der zur Sicherung des Existenzminimums erforderlich ist (vgl. BT-Drucks. 14/6812 S. 8).
Im Bereich der zivilrechtlichen Zwangsvollstreckung regelt der Gesetzgeber durch die  Pfändungsfreigrenzen den Erhalt des Existenzminimums (vgl. BAG 21. Februar 2013  - 6 AZR 553/11 - Rn. 38).
In den von § 850c ZPO ZPO erfassten Fällen hat der Gesetzgeber einen angemessenen Selbstbehalt für den erwerbstätigen Schuldner berücksichtigt.

Auch im Insolvenzrecht hat der Gesetzgeber das Existenzminimum vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt, denn gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2, 292 Abs.1 S.3 InsO gehören unpfändbare Forderungen nicht zur Insolvenzmasse und sind  dem Insolvenzverwalter nicht nach §80 Abs. 1 InsO zur Verwaltung übertragen.
Auch fällt nur der pfändbare Teil des Arbeitsentgelts in die Insolvenzmasse und wird an die Gläubiger verteilt.
Dem Schuldner - angestellt oder selbständig- wird der unantastbare Bereich persönlicher und lebensnotwendiger Güter bewahrt. Der selbständig tätige Schuldner muss gemäß § 35 Abs.2 Satz 2 InsO nur das fiktive pfändbare Einkommen an die Masse abführen, das er entsprechend seiner beruflichen Qualifikation in einem angemessenen Dienst- oder Arbeitsverhältnis erzielen würde (BGH 13. Juni 2013  - IX ZB 38/10 rn. 11ff. ).
Nach Auffassung des BGH sind auch Regelungen des § 850 b ZPO über bedingt pfändbare Bezüge im Insolvenzverfahren insgesamt anwendbar.
Dies bewirkt, dass von den beschränkt pfändbaren Bezügen dem Schuldner so viel zu belassen ist, wie er zur Absicherung seines Existenzminimums benötigt (BGH 3. Dezember 2009 - IX ZR 189/08).
Damit kommen die verfassungsrechtlichen Erwägungen, durch die die Pfändungsschutzbestimmungen der Zivilprozessordnung motiviert sind, grundsätzlich auch im Insolvenzverfahren zur Geltung (vgl. BAG 20. Juni 2013  Rn. 18 f)

7.5. Reduzierung der Anfechtungswirkung
Unter Umständen ist der Anfechtungsgegner gezwungen, Privatinsolvenz zu beantragen.
Es erscheint zweifelhaft, ob diese Bestimmungen den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des Existenzminimums bei kongruenten Deckungen hinreichend gewährleisten.

Ein Arbeitnehmer der sein Entgelt im Wege der Insolvenzanfechtung zurückzahlen soll, wird dieses Entgelt typischer Weise für seinen Lebensunterhalt verbraucht haben.

Auf Entreicherung kann er sich jedoch nur bei unentgeltlichen Leistungen iSv § 134 InsO berufen, § 143 Abs.2 InsO, vgl. BGH 17. Oktober 2013 -IX ZR 10/13.
Einem Arbeitnehmer kann der bezahlte Lohn, mit dem er seinen Lebensunterhalt zunächst bestritten hat, nicht rückwirkend entzogen werden.
Der zur Masse zu ziehende Geldbetrag kann nur aus Rücklagen des Arbeitnehmers, an denen es bei typisierender Betrachtung jedenfalls dann regelmäßig fehlen wird, wenn beispielsweise die Insolvenz der Gemeinschuldnerin bei der Beklagten zum Arbeitsplatzverlust geführt hat,
Bei Pfändungen ist durch das Zwangsvollstreckungsrecht in  §§  850 ff. ZPO ff gewährleistet, dass der Anfechtungsgegner das aktuelle Existenzminimum behält.
Der Insolvenzverwalter kann nur auf den pfändbaren Betrag zugreifen.
Reicht das Einkommen nicht aus, um den der Masse geschuldeten Betrag abzudecken, bleibt dem Anfechtungsgegner nur der Eigenantrag nach §§ 305 ff.  InsO, um einer lebenslangen Schuldverpflichtung zu entgehen.[
Es erscheint fraglich, ob für die verfassungsrechtliche Beurteilung danach zu differenzieren ist, ob der Zugriff des Staates bzw. der vom Staat durch seine Rechtsvorschriften vermittelte und von den staatlichen Gerichten sowie dem staatlichen Zwangsapparat durchzusetzende Zugriff der Gläubiger auf das Existenzminimum sofort oder nachgelagert erfolgt.
Ein Arbeitnehmer hat , wenn der spätere Schuldner das Entgelt zahlt, keine adäquaten arbeits- oder sozialrechtlichen Handlungsmöglichkeiten, dem Risiko einer Insolvenzanfechtung vorzubeugen.
Er kann nur weiterarbeiten und hoffen, dass es nicht zur Insolvenz kommt (Pieper ZInsO 2009, 1425, 1437).[
Im Unterschied zu einer Vielzahl von Lieferanten und Geschäftspartnern kann der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht im Vorhinein absichern.
Dem Arbeitnehmer steht bei pünktlichen Entgeltzahlungen kein Zurückbehaltungsrecht und kein Recht der außerordentlichen Kündigung zu.
Kündigt er fristlos, wäre dies rechtswidrig . Er müsste mit einer Sperrfrist rechnen, vgl. Pieper ZInsO 2009, 1425, 1428, 1437.
Der Arbeitnehmer müsste in Kauf nehmen, vom Arbeitgeber wegen Vertragsbruchs auf  Schadenersatz verklagt zu werden.
Der Arbeitnehmer ist daher nicht nur vertraglich verpflichtet, sondern auch praktisch gezwungen, seine Arbeitsleistung weiterhin zu erbringen und kann damit dem Anfechtungsrisiko gar nicht ausweichen, vgl. Lütcke ZInsO 2013, 1984.
Der Arbeitnehmer kann bei pünktlicher Gehaltszahlungen auch keinen Insolvenzantrag stellen. Der Arbeitnehmer ist eine schwaches Glied in der Gläubigerkette, Brinkmann 2012, 197, 212.

Diese Rechtslage erfordert daher in ihrer Gesamtschau eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 129 ff InsO erfordern, um dem Anspruch an den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des Existenzminimums effektiv zu genügen.

7.6 Bargeschäft
Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht jedoch rechtsfehlerfrei die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung verneint.

Bei zeitnahem Austausch gleichwertiger Leistungen fehlt es an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung.

§ 142 InsO soll es dem Schuldner ermöglichen, auch in der Zeit seiner wirtschaftlichen Krise noch wertäquivalente Bargeschäfte, dh. Rechtsgeschäfte, die die Insolvenzgläubiger nicht unmittelbar benachteiligen, anfechtungsfrei abzuwickeln (BGH 7. März 2002  IX ZR 223/01- zu III 3 c und BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10- Rn. 18.).
§ 142 InsO greift dabei auch dann ein, wenn das verpflichtende Rechtsgeschäft, das vom Schuldner zeitnah erfüllt worden ist, nicht in dem Zeitraum des § 132 InsO InsO geschlossen worden ist (vgl. BGH 27. September 1984 - IX ZR 3/84; MünchKomm-InsO/Kirchhof 3. Aufl. § 142 Rn. 1).
Nach dem Zweck der Vorschrift muss es dem Schuldner, der sich vor Beginn der Krise eine Leistung hat versprechen lassen, auch möglich sein, die ihm obliegende Gegenleistung anfechtungsfrei zu erbringen. Unanfechtbar abgeschlossene Rechtsgeschäfte müssen erfüllbar bleiben.
Auf den Zeitpunkt, in dem der dieser Gegenleistung zugrunde liegende schuldrechtliche Vertrag geschlossen worden ist, kommt es nicht an. Nur so lassen sich die Folgen der Erfüllung von Dauerschuldverhältnissen, die vor der Krise begründet worden sind, insolvenzrechtlich angemessen lösen (vgl. Henckel aaO Rn. 4).

Ein Bargeschäft iSd. § 142 InsO liegt vor, wenn der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Anfechtungsgegner im engen zeitlichen Zusammenhang mit seiner Leistung eine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat (BAG 24. Oktober 2013  Rn. 38).

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kommt es zu keiner Vermögensverschiebung zulasten des Schuldners (und damit bei späterer Insolvenz letztlich zulasten der Gläubiger), sondern zu einer bloßen Vermögensumschichtung.

Die Beklagte hat für das gezahlte Entgelt eine gleichwertige Gegenleistung erbracht.
Ob Leistung und Gegenleistung gleichwertig sind, ist nach objektiven Maßstäben zu beurteilen (BGH 7. März 2002 - zu III 3 c der Gründe).
Das Arbeitsverhältnis ist wie jedes gegenseitige Vertragsverhältnis dadurch gekennzeichnet, dass ein Vertragspartner dem anderen die Leistung um der anderen willen verspricht. Erfolgt die Entgeltzahlung in der vertraglich geschuldeten Höhe, handelt es sich im Allgemeinen um einen gleichwertigen Leistungsaustausch, wie er für das Bargeschäft typisch ist (Pieper ZInsO 2009, 1425, 1430)

Die Entgeltzahlungen sind nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts "termingerecht", dh. zum jeweiligen vertraglichen Fälligkeitszeitpunkt, zu Beginn des Folgemonats erfolgt.

Damit war der erforderliche unmittelbare zeitliche Zusammenhang noch gegeben.

Ist der Anfechtungsgegner - wie die Beklagte als Arbeitnehmerin - vorleistungspflichtig und werden die wechselseitigen Leistungen abschnittsweise ausgetauscht, liegt noch keine Kreditgewährung, sondern ein Bargeschäft vor, wenn die Zahlung zum festgelegten Zeitpunkt erfolgt (vgl. BGH 13. April 2006 Rn. 33 f)  MünchKomm-InsO/Kirchhof 3. Aufl. § 142 Rn. 19)

7.7. Anfechtbarkeit von Bargeschäften
Bargeschäfte sind gemäß § 142 InsO InsO nur unter den Voraussetzungen des § 133 Abs. InsO anfechtbar.  Die objektiven Tatbestandsmerkmale dieses Anfechtungstatbestands liegen vor.
a) Die Erfüllung der Entgeltforderungen ist eine anfechtbare Rechtshandlung
b) Die Gläubiger der Schuldnerin sind mittelbar benachteiligt. Für die Vorsatzanfechtung genügt eine mittelbare Benachteiligung (vgl. BAG 21. Februar 2008 - Rn. 51, MünchKommInsO/Kirchhof 3. Aufl. § 142 Rn. 24).
Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die angefochtene Rechtshandlung allein noch keinen (unmittelbaren) Nachteil für die Gläubiger bewirkt hat, aber die Grundlage für einen weiteren Ablauf geschaffen hat, der zu einer Gläubigerschädigung geführt hat (MünchKommInsO/Kayser § 129 Rn. 121).
 Die Entgeltzahlung im Wege des Bargeschäfts genügt allein noch nicht, um eine mittelbare Benachteiligung der Gläubiger auszuschließen. Die erbrachte Arbeitsleistung gewährt den Insolvenzgläubigern aber nicht dieselbe Zugriffsmöglichkeit, wie sie die abgeflossenen Zahlungsmittel geboten hätten. Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung kann allenfalls dann ausscheiden, wenn sich wegen eines ernsthaften und aussichtsreichen Sanierungsversuchs das Interesse der Gläubiger darauf richtet, dass die Tätigkeit unverändert fortgesetzt wird (vgl. BGH 12. Januar 2012 - Rn. 6 f.) 
Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, dass ein schlüssiges Sanierungskonzept (zu den diesbezüglichen Anforderungen BAG 12. September 2013 -  Rn. 58, 76 bis 78) vorlag.

c) Subjektive Umstände
Die Anfechtbarkeit wird darum vorliegend allein durch die subjektiven Umstände der Rechtshandlung begrenzt (vgl. BGH 4. Dezember 1997 - zu III 3 d bb der Gründe; Bork ZIP 2007, 2337).
 Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung verneint.
§ 133 Abs. 1 InsO verlangt, dass der Schuldner die Rechtshandlung mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, und der Anfechtungsgegner dies wusste. Das Vorliegen dieser subjektiven Tatbestandsmerkmale als innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen kann regelmäßig nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Der Bundesgerichtshof hat für den Nachweis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes verschiedene Indizien entwickelt und auch bei kongruenten Deckungen insbesondere auf die Kenntnis des Schuldners und des Anfechtungsgegners von der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners abgestellt.
Auch für ein Eingreifen der Vermutung des § 133 Abs.1 Satz 2 InsO genügt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs scheinbar allein, dass der Anfechtungsgegner die drohende Zahlungsunfähigkeit bzw. die Umstände, aus denen diese zwingend folgt, kennt (vgl. die Nachweise in BAG 12. September 2013  Rn. 51 ff.).
Bei oberflächlicher Betrachtung kommt es nach dieser Rechtsprechung für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung praktisch nur auf den ersten Teil der Vermutungsvoraussetzung des § 133 Abs.1 Satz 2 InsO, die Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit, an.
Der zweite Teil der Vermutungsgrundlage, die Kenntnis von der Gläubigerbenachteiligung, soll dann aus dem ersten Teil des Vermutungstatbestands folgen.
Dreh- und Angelpunkt der Vorsatzanfechtung ist nach diesem Verständnis der Nachweis, dass Schuldner und Anfechtungsgegner von der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit oder den auf eine solche hindeutenden Tatsachen Kenntnis hatten (vgl. BGH 20. November 2008  Rn. 10).

Von diesem Verständnis geht auch die Revision aus.
Die Schuldnerin war seit Anfang 2007 zahlungsunfähig. Davon hatte die Beklagte Kenntnis, ohne dass allerdings vom Landesarbeitsgericht festgestellt worden ist, ab wann diese Kenntnis bestand.
Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Schuldnerin seit Anfang 2007 zahlungsunfähig war und dies erkannt hatte.
Diese Tatsachenfeststellungen hat die Beklagte nicht mit durchgreifenden Gegenrügen angegriffen, so dass sie den Senat binden.

Die Beklagte behauptet in der Revisionserwiderung, die Schuldnerin sei nicht überschuldet gewesen. Sie hat sich dabei auf zwei bereits in den Tatsacheninstanzen vorgelegte Unterlagen sowie auf neues Tatsachenvorbringen gestützt.

Neues Tatsachenvorbringen ist in der Revisionsinstanz grundsätzlich auch dann ausgeschlossen, wenn die Partei von den neu eingeführten Tatsachen erst nach Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung Kenntnis erlangt hat. Neues tatsächliches Vorbringen kann in der Revision nur dann berücksichtigt werden, wenn es unstreitig oder seine Richtigkeit offenkundig ist, wenn es einen Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens abgeben würde oder wenn die Parteien nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts keinen Anlass hatten, bestimmte Tatsachen vorzutragen, auf die es nach Auffassung des Revisionsgerichts ankommt.

Die Beklagte hat insbesondere die Voraussetzungen eines Wiederaufnahmegrundes iSv. 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO nicht dargelegt.
Die Beklagte hatte Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin. Das ergibt sich aus ihrem eigenen Vortrag. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt, ab wann diese Kenntnis bestand.[
 Die Beklagte hat vorgetragen, die Inhaber der Schuldnerin hätten in der Vergangenheit aus ihrem Privatvermögen wiederholt finanzielle Engpässe ausgeglichen. Ihr sei erklärt worden, zum Jahreswechsel 2006/2007 werde ein neuer Gesellschafter aufgenommen.
Wenn dieser seine Einlage geleistet habe, gebe es ausgeglichene Zahlen. Es sei eine Zahlung von 100. 000, 00 Euro erfolgt. Die zweite Zahlung, deren Höhe der Beklagten nicht bekannt sei, habe noch erfolgen sollen. Es sei ihr dargestellt worden, dass ein Herr H eintreten werde. Ob und zu welchen Konditionen und zu welchem Zeitpunkt dies habe erfolgen sollen, sei ihr nicht bekannt gewesen. Mit dem Eingang von 100. 000, 00 Euro sei für sie das, was ihr von der Geschäftsleitung geschildert worden sei, bestätigt gewesen.
Aus der von der Beklagten erstellten "Arbeits-Bilanz" ergibt sich ein Darlehen des Herrn H von 100. 000, 00 Euro.
Aus dem von der Beklagten selbst zusammengestellten Zahlenwerk der "Arbeits-Bilanz" folgt, dass trotz des Zuflusses des Darlehens von Herrn H die Schuldnerin dauerhaft nicht in der Lage war, die anfallenden Verbindlichkeiten zu mehr als 90 % zu erfüllen.

Das konnte der Beklagten nicht entgehen und ist ihr nach ihrem Vortrag auch nicht entgangen.

Zudem stand nach ihrem Vortrag noch eine "zweite Zahlung" aus. Sie hat auf weitere Zuflüsse, sei es aus dem Vermögen des Herrn H, sei es aus dem der Gesellschafter, vertraut.

Dies ändert an ihrer Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nichts.
Aus dem Vortrag der Beklagten ergibt sich allerdings nicht, ob sie bereits vor Erstellen der "Arbeits-Bilanz" Kenntnis vom fehlenden Zufluss ausreichender Mittel hatte.

Das Landesarbeitsgericht hat auch nicht festgestellt, ob die Beklagte aufgrund der von ihr laufend durchgeführten Buchhaltung spätestens ab Ende Januar 2007 fortlaufend Kenntnis von der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hatte.
d. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, trotz Kenntnis ihrer Zahlungsunfähigkeit habe die Schuldnerin das streitbefangene Entgelt ohne den erforderlichen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gezahlt.

Jedenfalls habe die Beklagte einen solchen zugunsten des Klägers zu unterstellenden Vorsatz unabhängig davon, ob ihr die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bekannt gewesen sei, nicht gekannt.

Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung sind entgegen der Auffassung der Revision nicht stets schon dann zu bejahen, wenn der Arbeitgeber zahlungsunfähig war und der Arbeitnehmer dies wusste.

Vielmehr muss auch das Indiz der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit einzelfallbezogen auf seine Beweiskraft hin geprüft werden. Das gilt sowohl für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz auf Seiten des Schuldners als auch für die Kenntnis des Anfechtungsgegners davon.Die vermeintlich einseitige und schematische Orientierung der Rechtsprechung an der Indizwirkung der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit wird gerade in jüngster Zeit im insolvenzrechtlichen Schrifttum - zum Teil heftig - kritisiert.
  • Vorsatz und Motiv würden verwechselt (Jensen NZI 2013, 471, 474).
  • Das Stufenverhältnis zu § 130 InsO werde verwischt (Jensen NZI 2013, 471 mwN zu Fn. 1).
  • Der Tatbestand des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO sowie die Zulassung von Bargeschäften würden ausgehöhlt (Foerste ZInsO 2013, 897, 900).
  • Letztlich führe die Rechtsprechung zu einer Umkehrung von Regel- und Ausnahmeverhältnis der Anfechtungstatbestände.
  • §§  130 und 131 InsO seien nur noch untergeordnete Sonderfälle des § 133 Abs. 1 InsO (Priebe ZInsO 2013, 2479, 2481).
  • Die Vorsatzanfechtung entwickele sich zu einem "Superanfechtungstatbestand" (Lütcke ZInsO 2013, 1984, 1990).
  • Faktisch werde durch die Rechtsprechung eine zehn Jahre zurückgreifende Deckungsanfechtung ermöglicht.
  • Das weise auf eine verdeckte Rechtsfortbildung hin, die der Rechtsprechung untersagt sei (Foerste ZInsO 2013, 897, 902).
  • Die Rechtsprechung hat Anlass zu einem Positionspapier des BDI und des ZDH vom 14. Oktober 2013 gegeben, in dem befürchtet wird, dass die "ausufernde Anwendungspraxis" des § 133 Abs. 1 InsO die Unternehmenspraxis lähme (ZInsO 2013, 2312).
  • Vereinzelt wird im Schrifttum sogar offen dazu aufgerufen, gegen Urteile, die bei Schuldtilgungen vor der Drei-Monats-Frist Anfechtungen zulassen, Verfassungsbeschwerde einzulegen (Foerste aaO).
Der Senat hatte in seiner bisherigen Rechtsprechung keinen Anlass, sich mit der massiven Kritik im Schrifttum an der vom Bundesgerichtshof angenommenen Indizwirkung der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit bei kongruenten Deckungen auseinanderzusetzen.

Ein pauschales und stereotypes Anknüpfen der subjektiven Anforderungen der Vorsatzanfechtung an das Beweisanzeichen der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit wird bei richtigem Verständnis der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat insoweit angeschlossen hat (BAG 12. September 2013 -  Rn. 66 f.), weder dem Wesen des Rückschlusses auf die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung aus Indizien noch dem Normzweck des § 133 InsO gerecht, wenn der spätere Schuldner unanfechtbar begründete Entgeltansprüche von Arbeitnehmern im Wege des Bargeschäfts erfüllt.

Das übersieht die Revision, wenn sie annimmt, auch bei Gehaltszahlungen an Arbeitnehmer im Rahmen eines Bargeschäfts sei aus der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit nur dann nicht auf den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners zu schließen, wenn dieser subjektiv überzeugt gewesen sei, er werde kurzfristig ausreichende Mittel erlangen, um alle Verbindlichkeiten erfüllen zu können, und dabei auf die Rechtsprechung zu Sanierungsversuchen zurückgreifen will. Eine solche schematische Anwendung des Indizes der Zahlungsunfähigkeit verbietet sich.

Vielmehr hat das Tatsachengericht eine einzelfallbezogene Gewichtung der Beweisanzeichen im Wege der Gesamtbetrachtung vorzunehmen

Die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit begründet keine gesetzliche Vermutung iSd. § 292 ZPO für das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO, sondern ist nur ein Beweisanzeichen für das Vorliegen des Benachteiligungsvorsatzes (BAG 12. September 2013 - Rn. 66 f.), das allerdings besondere Bedeutung hat (BGH 24. Oktober 2013 - Rn. 10).

Es kann - wie jedes andere Beweisanzeichen auch - entkräftet werden (zur Entkräftung des Beweisanzeichens der Inkongruenz BGH 5. März 2009 -
Im Einzelfall kann es eine so geringe Beweiskraft entfalten, dass es den Schluss auf den Benachteiligungsvorsatz als Haupttatsache nicht mehr zulässt (vgl. Huber EWiR 2013, 781, 782; ders. FS Ganter S. 203, 217).
Aus den von der Revision herangezogenen Entscheidungen (vgl. nur BGH 10. Januar 2013 IX ZR 13/12- Rn. 14; 5. März 2009) ergibt sich nichts anderes.

Der Bundesgerichtshof hat insoweit stets nur angenommen, dass aus der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit auf den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners geschlossen werden "kann".
Erst dann, wenn dies nach den Feststellungen der Tatsachengerichte der Fall ist, kommt es auf das Vorliegen eines Sanierungsversuchs als gegenläufiges Indiz an, durch das im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung das Indiz der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit wieder seine Bedeutung verlieren kann (BGH 10. Januar 2013 - Rn. 17)
Anfechtungsrechtlich soll nicht die Rechtswidrigkeit eines Tuns oder Unterlassens sanktioniert werden, sondern der durch eine Rechtshandlung herbeigeführte gläubigerbenachteiligende Erfolg (BGH 16. Januar 2014 - IX ZR 31/12- Rn. 16)ö.

Bei der Prüfung, welchen Beweiswert das Beweisanzeichen der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit bei Zahlungen im Rahmen eines Bargeschäfts oder in bargeschäftsähnlicher Lage für die Vorsatzanfechtung hat, ist darauf zu achten, dass die Vorsatzanfechtung nicht über ihren Normzweck hinaus ausgedehnt wird (vgl. Kayser WM 2013, 293, 298; ders. FS Fischer S. 267, 279).

So wird auch dem vom Gesetzgeber beabsichtigten Stufenverhältnis von § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 133 InsO Rechnung getragen.
Der Schutzzweck des § 133 Abs. 1 InsO unterscheidet sich grundlegend von dem der §§ 130 bis 132 InsO.§§ 130 bis 132 InsO erlegen den Gläubigern zum Schutz der Gläubigergesamtheit die Pflicht zur wechselseitigen Rücksichtnahme auf und geben deshalb dem Gleichbehandlungsgrundsatz Vorrang vor dem Prioritätsprinzip.
Außerhalb des von diesen Normen besonders geschützten Zeitraums (höchstens drei Monate vor dem Eröffnungsantrag) muss der Gläubiger bei der Verfolgung seiner Rechte gegenüber dem Schuldner grundsätzlich die Belange der Gläubigergesamtheit nicht beachten.

Das Prioritätsprinzip gilt insoweit uneingeschränkt.
Demgegenüber steht § 133 InsO nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der materiellen Insolvenz, sondern missbilligt bestimmte Verhaltensweisen des Schuldners. Rechtshandlungen, die unter den von § 133 InsO missbilligten Umständen erfolgt sind, sollen rückabgewickelt werden.

Die Vorschrift ist Ausdruck des Gedankens, dass ein Schuldner nicht berechtigt ist, vorsätzlich einzelne Gläubiger gegenüber anderen zu bevorzugen, soweit die ihnen gegenüber bestehenden Verpflichtungen gleichrangig sind.

Sie schützt das Interesse der Gläubiger daran, dass der Schuldner ihre prinzipiell gleichen Befriedigungschancen nicht beeinträchtigt.

Zentraler Anknüpfungspunkt der gesetzlichen Regelung ist der in einer Rechtshandlung zum Ausdruck gekommene Wille des Schuldners, den Anfechtungsgegner zum Nachteil anderer Gläubiger zu bevorzugen.

Nur der Leistungsempfänger, der diesen Vorsatz des Schuldners kennt, ist rückgewährpflichtig
(BGH 10. Februar 2005 - zu II 2 b bb der Gründe).

§ 133 InsO soll deshalb nicht dem Gedanken der Gläubigergleichbehandlung auch für die Zeit vor Beginn des Drei-Monats-Zeitraums Geltung verschaffen, sondern ein die gleichen Zugriffschancen der Gläubiger beeinträchtigendes Verhalten des Schuldners sanktionieren (Bork in Bork Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts Kap. 5 Rn. 2; MünchKommInsO/Kayser 3. Aufl. § 133 Rn. 1a; Lütcke ZInsO 2013, 1984, 1986).

Der Rückgriff auf die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Beweisanzeichen im Rahmen der Prüfung des § 133 InsO darf nicht dazu führen, dass die Vorsatzanfechtung an den Tatbeständen der Deckungsanfechtung "vorbeizieht", das gesetzlich bestimmte Stufenverhältnis zwischen der Anfechtung kongruenter Deckungen nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO und § 133 InsO verloren geht und § 142 InsO leer läuft (Kayser FS Fischer S. 267, 280).

Eine Auslegung, die dazu führte, dass die Vorsatzanfechtung schon unter den Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 InsO durchgreifen würde und damit der letztgenannte Tatbestand im praktischen Ergebnis nicht auf den Drei-Monats-Zeitraum beschränkt, sondern auf zehn Jahre ausgedehnt würde, stünde im unvereinbaren Widerspruch zu dem eindeutig zeitlich begrenzten Anwendungsbereich des § 130 InsO (BGH 10. Februar 2005  IX ZR 211/02- zu II 2 d der Gründe, BGHZ 162/143.
Bei Zahlungen im Rahmen eines Bargeschäfts oder in bargeschäftsähnlichen Lagen ist deshalb stets zu prüfen, ob die Zahlung im Einzelfall tatsächlich den Rückschluss auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und die Kenntnis des Anfechtungsgegners zulässt. Dabei kann nach den Umständen des Einzelfalls die Beweisstärke des Indizes der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit so schwach sein, dass es den Rückschluss auf den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und die Kenntnis des Anfechtungsgegners davon nicht zulässt (vgl. zur Beweisstärke BGH 18. November 2004 IX ZR 299/00 - zu III 1 a der Gründe [kein "starkes" Beweisanzeichen]; Huber EWiR 2013, 781, 782; Kayser FS Fischer S. 267 ).

Die Revision berücksichtigt diese Besonderheit des Indizienbeweises nicht hinreichend, wenn sie pauschal annimmt, bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit liege zwangsläufig ein (bedingter) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vor.

Dieses Erfordernis einer einzelfallbezogenen Prüfung des Beweiswerts der Beweisanzeichen, insbesondere auch des Beweisanzeichens der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit, für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung bei Bargeschäften oder in bargeschäftsähnlichen Lagen, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH 16. Juli 2009  IX ZR 28/02; vgl. auch 24. September 2009 - IX ZR 178/07).

Erfolgt die Entgeltzahlung im Wege des Bargeschäfts, kann sich auch bei Kenntnis der eigenen Zahlungsunfähigkeit der Wille des Arbeitgebers darin erschöpfen, eine gleichwertige Gegenleistung für die Arbeitsleistung zu erbringen, die zur Fortführung des Unternehmens nötig ist und damit den Gläubigern auch nützen kann, so dass ihm eine mit der Zahlung verbundene mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst geworden ist (vgl. BAG 12. September 2013 - - Rn. 69; BGH 16. Juli 2009 - IX ZR 28/07; MünchKommInsO/Kayser 3. Aufl. § 133 Rn. 33a; Kayser WM 2013, 293, 298; ders. FS Fischer S. 267, 283; Gottwald/Huber Insolvenzrechts-Handbuch 4. Aufl. § 48 Rn. 16; Uhlenbruck/Hirte 13. Aufl. § 133 InsO Rn. 6; kritisch Foerste ZInsO 2013, 897, 900, der diese Wertung für systemwidrig hält).

Jedenfalls fehlte es an der Kenntnis der Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin. Diese Kenntnis war auch nicht nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO zu vermuten.

Die abschließende Kontrollüberlegung anhand des Zwecks des § 133 InsO zeigt, dass das vom Landesarbeitsgericht gewonnene Ergebnis richtig ist. Weder die Schuldnerin noch die Beklagte haben ein von § 133 InsO missbilligtes Verhalten gezeigt.

Die Beklagte sollte nicht zum Nachteil anderer Gläubiger bevorzugt werden. Es liegt ein Fall vor, der die Anwendung des § 133 InsO grundsätzlich nicht rechtfertigt (vgl. Bork ZIP 2008, 1041, 1046).

Bejahte man gleichwohl bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit stets die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung, würde nicht ein durch missbilligtes Verhalten erlangter Sondervorteil der Beklagten rückgängig gemacht, sondern im Regelfall vom Arbeitnehmer, der ohne adäquate Handlungsalternative verpflichtet war, seine Arbeitsleistung weiter zu erbringen, ein Sonderopfer verlangt (vgl. Lütcke ZInsO 2013, 1984, 1989).

Das würde dem Normzweck des § 133 InsO nicht gerecht.

Zugleich wäre das erforderliche Stufenverhältnis zwischen der Anfechtung kongruenter Deckungen nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO und der Vorsatzanfechtung nicht gewahrt.

Eine Anfechtung nach §  133 Abs. 2 InsO scheidet bereits nach dem Wortlaut dieser Bestimmung, jedenfalls aber wegen Fehlens einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung aus (MünchKommInsO/Kayser 3. Aufl. § 133 Rn. 39; Henckel in Jaeger InsO § 142 Rn. 7).


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Verfasser: Hermann Kulzer, MBA Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
 
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