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01.12.2017 |
Gesellschafterstreit mit Spätfolgen. Ein Beispiel: Streit um Handykosten führte zur Insolvenz |
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1. Start: Ausgründung Drei ehemalige leitende Angestellte eines großen Metallverarbeitungswerkes machten eine Ausgründung:
- neue GmbH
- drei Gesellschafter
- 50 Mitarbeitern
- Kauf der Maschinen und Geräte
- Übernahme Know How
- Anmietung von Produktionsflächen über 10.000 qm.
2. Aufteilung der Aufgaben Ein Geschäftsführer übernahm den technischen Teil, also die Produktionsleitung und den Kontakt zu den Kunden. Der andere geschäftsführende Gesellschafter übernahm den kaufmännischen Part.
3. Erfolgreiche Anfangsphase Die ersten Jahre verliefen erfolgreich.
- Es gab ausreichend Aufträge.
- Die Zahl der Mitarbeiter stieg auf über 130.
- Der Umsatz betrug über 12 Millionen Euro.
4. Sanierungsphase Das Unternehmen musste, da es für die Industrie vorproduzieren, dh. man musste selbst Material einkaufen, die Mitarbeiter bezahlen und den Großkunden ans Band liefern. Wenn diese weniger abriefen als ursprünglich (unverbindlich)mitgeteilt, hatte man fehlende Liquidität. Die Banken waren jedoch nicht bereit, immer neuer Darlehn auszureichen bzw. den Rahmen zu erhöhen. Die Gesellschaft kam in die Sanierungsabteilung der Bank. Es wurde ein Sanierungsgutachten erstellt und ein Maßnahmenkatalog erarbeitet. Die Sanierungsphase zog sich 2 Jahre hin. Die Gesellschaft wurde danach aus der Sanierungsabteilung entlassen.
5. Streitphase Der Streit unter den Gesellschaftern begann in der Sanierungsphase. Der technische Geschäftsführer würde den Kunden Angebote und Versprechungen machen, die kaufmännisch unrentabel wären. Der kaufmännische Geschäftsführer habe keinen Überblick welche Produkte rentabel sind und welche nicht. Der technische Geschäftsführer rügte, dass der kaufmännische Geschäftsführer seine Arbeitsleistung auch für andere fremde Gesellschaften nutze aber sein volles Gehalt bekäme. Besonders störten ihn hohe Handykosten.
6. Trennung und Kauf der Geschäftsanteile Der Streit spitzte sich zu. Einer musste gehen. Es war aber der jüngere, kaufmännische Geschäftsführer der dann seine Forderungen aufmachte, was er für seinen Geschäftsanteil haben wollte. Es war ein sehr hoher Betrag. Lange Verhandlungen folgten. Dann gab es (scheinbar) eine Eingung auf einen Betrag von vielen Hunderttausend Euro.
7. Plan für Neubau einer Produktionshalle Der Geschäftsführer kaufte ein Grundstück und ließ eine neue Produktionshalle planen. Erhebliche Vorleistungen wurden erbracht.
8. Scheitern des Neubaus einer Produktionshalle Die Bank hat jedoch die bereits vorbersprochenen Mittel nicht zur Verfügung gestellt. Die Zahlungen waren einfach zu schlecht.
9. Krise Die Gesellschaft geriet erneut in eine Krise. Wieder wurde ein Gutachen erstellt. Die Bank stellte Bedingungen. Es sollte die Unternehmensnachfolge geregelt werden und ein neuer Produktionssleiter gesucht werden.
10. Unternehmensnachfolge Der Sohn trat die Unternehmensnachfolge an. Der Vater half.
11. Phase des Aufbruchs? Unter der neuen Geschäftsführung konnten viele Projekte angegangen werden. Es gab jedoch weiterhin keine Zeiterfassung, Vor- und Nachkalkulation, die Produktionssteuerungssoftware war völlig veraltet, ein Betriebsrat existierte nicht, die Verhandlungen mit dem Vermieter wegen einer Senkung der MIete bzw. Herrichten der Betriebsräume scheiterten.
12. Insolvenz Die Geshäftsleitung musste wegen drohender Zahlungsunfähigkeit die Insolvnez einleiten. Es gab erst ein vorläuiges Insolvenzverfahren. Danach wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
13. Sanierung in der Insolvenz Innerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgte die Fortführung und zahlreiche Sanierungsmaßnahmen.
14. Ansprüche des Insolvenzverwalters gegen die Altgesellschafter Der Insolvenzverwalter ermittelte Ansprüche gegen die ehemaligen Gesellschafter. Ein ehemaliger Gesellschafter geriet danach in die persönliche Insolvenz. Seine Haftungsansprüche für Bürgschaften gegenüber der Bank konnten von ihm nicht erfüllt werden. 15. Fazit Aus einem scheinbar kleinen Streit wegen Telefonkosten kann langfristig die Existenz eine großen Firma beeinflusst oder behindert werden.
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Verfasser: Hermann Kulzer MBA Fachanwalt für Insolvenzrecht, Wirtschaftsmediator (DIU) |
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