insoinfo insoinfo
insoinfo
  |  Impressum  |  Kontakt  |  Fehlerinfo  |  zurück  |  
Home
Aktuelles/Beiträge
Angebote
Insolvenz- & Sanierungsrecht
Insolvenzrecht A-Z
Insolvenzplan als Chance
Immobilien
Formulare & Ausfüllhilfe
Standorte
Links
Webakte

Aktuelles
13.01.2022 Schenkungsanfechtungen des Insolvenzverwalters gegenüber Anlegern der Infinus Gruppe
Information

Die  Insolvenzverwalter der Infinus Gruppe (PROSAVUS AG, Future Business KGaA, Infinus AG Ihr Kompetenzpartner ua) haben viele Anfechtungsklagen gegen ehemalige Anleger erhoben mit dem Ziel der Rückzahlung der ausbezahlten Zinsausschüttungen, Basisdividenden und Übergewinnbeteiligungen. Die Jahresabschlüsse der Gesellschaften wiesen Jahresüberschüsse aus. Die Insolvenzverwalter behaupten, dass die  Jahresabschlüsse und darauf sich stützenden Gewinnauschüttungsbeschlüsse falsch und nichtig waren.  Der Bundesgerichtshof entschied in 2020 und 2021 zu  erklärten Schenkungsanfechtungen. 

1. Insolvenzanfechtung gemäß §§ 134, 143 InsO
Die Insolvenzverwalter stützen Ihre Anfechtungen auf § 134, 143 InsO.
Die Ausschüttungen seien der Insolvenzmasse zurückzugewähren, da sie unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 InsO darstellen würden.

2. Voraussetzungen
§ 134 (1) InsO setzt voraus, dass die Zahlungen ohne Rechtsgrund  erfolgten und kein Bereicherungsanspruch der Schuldnerin besteht. 
Wann aber hatten die Gesellschaften Infinus, Future Business KGaA ua. Kenntnis eines fehlenden Rechtsgrundes, wenn sie im Vertrauen auf die festgestellten und geprüften Jahresabschlüsse die Auszahlungen an die Anleger vorgenommen haben?

3. Ausschüttungen = unentgeltliche Leistung?
Die Insolvenzverwalter behaupten, die geleisteten Ausschüttungen wären ohne Rechtsgrund erfolgt, da die Gesellschaft keine ausschüttungsfähigen Gewinne gemäß §§ 3 und 4 ihrer Genussrechtsbedingungen erzielt habe.

4. Grundlage der Anfechtung
Grundlage der Anfechtung waren neue berichtigte Jahresabschlüsse.
Es bestand Korrekturbedarf aufgrund der Umqualifizierung bestimmter Bilanzpositionen vom Anlage- ins Umlaufvermögen, was im Ergebnis dazu geführt hat, dass im anfechtungsrelevanten Zeitraum keine ausschüttungsfähige Gewinne entstanden sind. 

5. Nichtigkeit der Jahresabschlüsse
Die Insolvenzverwalter haben mehrere Jahresabschlüsse angefochten.
Die Nichtigkeit einiger Jahresabschlüsse wurde rechtskräftig festgestellt. Andere Nichtigkeitsfeststellungsklagen wurden zurückgewiesen.

6. Neue Bilanzen des Verwalters
Die Verwalter haben nach seinen Vorgaben und Anweisungen neue Bilanzen erstellen lassen.
Diese wurden allerdings nicht geprüft oder von einem Wirtschaftsprüfer testiert.
Der Insolvenzverwalter behauptet, dass die von der Insolvenzschuldnerin im Anlagevermögen aktivierten Lebensversicherungen in das Umlaufvermögen umgegliedert werden hätten müssen und gemäß dem nach § 253 Abs.4 HGB geltenden strengen Niederstwertprinzip auf den tatsächlichen Wert abgewertet werden mussten.
Im Anlagevermögen könnten gemäß § 247 Abs.2 HGB Vermögenswerte nur ausgewiesen werden, wenn sie dauernd dem Geschäftsbetrieb dienen sollen. Das sei aber bei den Lebensversicherungen tatsächlich nicht der Fall gewesen; vielmehr seien sie kurzfristig zur Liquiditätsgewinnung verwertet worden. Die Abwertungen führten in den einzelnen Geschäftsjahren zu hohen Verlusten.

Die Steuerberatungsgesellschaft hat Wahlrechte nach den neuen Vorgaben des Insolvenzverwalters ausgeübt. Was der damalige Vorstand im Rahmen seiner Wahlrechte festgelegt hat, hat der Insolvenzverwalter Jahre später rückwirkend ändern lassen.

Geht das? Und geprüfte Bilanzen können eigentlich nur durch  geprüfte Bilanzen ersetzt und geändert werden. Das lag hier nicht vor.

7. Beweislast für die Unrichtigkeit der alten Bilanzen
Eine unentgeltliche Leistung muss der Insolvenzverwalter beweisen.
Allein durch die neu erstellte Bilanz ist kein Beweis geführt.

8. Vertraglicher Anspruch auf Ausschüttungen?
Für den Zins gab es eine feste Zusage- unabhängig vom tatsächlichen wirtschaftlichen Ergebnis der PROSAVUS. Die damals im Bundesanzeiger veröffentlichten, geprüften Bilanzen der Gesellschaft wiesen Gewinne aus.

9. Positives Jahresergebnis
Das Geschäftsjahr 2011/2012 schloss - ausweislich der geprüften Bilanz - mit einem positiven  Jahresergebnis ab.

Der Bilanzgewinn belief sich auf 342,44 TEUR.
Für das Jahresergebnis maßgebliche Geschäfte konnte die Gesellschaft mit Großkunden unter Einsatz von ehemals verbundenen Unternehmen generieren.

Ausgebaut wurden der Bestand an Lebens- und Rentenversicherungspolicen von 46,93 Mio. EUR auf 64,62 Mio. EUR. 
Der Bestand an Immobilien war mit 16,25 Mio. EUR bilanziert.

In dem im Bundesanzeiger veröffentlichen Jahresabschluss (Jahresabschluss zum Geschäftsjahr vom 01.04.2011 bis zum 31.03.2012) wird über die Vermögenslage folgendes ausgeführt:

"Vermögenslage

Das Gesamtvermögen  der Gesellschaft zum 31.03.2012 betrug 142,07 Mio EUR. Die Finanzanlagen haben sich von 50,50 Mio. EUR auf 68,10 Mio. EUR erhöht.

Größte Positionen waren hier die Versicherungspolicen mit 64,62 Mio EUR Buchwert.

Das Umlaufvermögen erhöhte sich von 50,65 Mio. EUR auf 52,50 Mio EUR.

Die aktuelle wirtschaftliche Situation und die Zukunftsprognose wurden im  Jahresabschluss wie folgt dargestellt:

"Allgemeine Einschätzung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage.

Zum Zeitpunkt der Berichtserstattung ist die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage als stabil zu bezeichnen. Die Ertragslage ist durch einen Anstieg des operativen Ergebnisses gegenüber dem Vorjahr gekennzeichnet. Über die allgemeinen unternehmerischen Risiken hinaus waren keine Einflüsse erkennbar, welche die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage stark negativ beeinflussen sollten."

Prognose in der geprüften Bilanz:

"Der Geschäftsbereich Policenhandel zeichnet sich einerseits durch die Besonderheit aus, dass Erträge erst mittel- bis langfristig realisiert werden können. Die parallel zu den Anschaffungskosten anwachsenden stillen Reserven (Überschussbeteiligungen und versicherungsmathematische Gewinne) werden dagegen erst bei Ablauf oder Rückkauf der Policen erfolgswirksam. Andererseits sind die Versicherungspolicen bei Liquiditätsengpässen zumindest teilweise durch Beleihung, Weiterverkauf oder Rückkauf kurzfristig in flüssige Mittel umwandelbar. In den Geschäftsjahren 2012/2013 und 2013/2014 wird es zu keinen größeren Rückzahlungen durch Regelablauf kommen. Hingegen sind Teile des Policenbestandes (insbesondere in den Anfangsjahren der PROSAVUS AG erworbene Verträge) bereits gewinnbringend an andere Policenhändler oder Zweitmarkfonds veräußerbar oder kündbar.
Die Gesellschaft sieht hier innerhalb der folgenden beiden Geschäftsjahre gute Chancen, um mittelfristiges Gewinnerzielungspotenzial im Sektor Policenhandel zu schaffen. Der Großteil der Mitbewerber in diesem Sektor hat mangels eines eigenen Vertriebes teilweise Engpässe in der Beschaffung geeigneter Sekundärmarktpolicen".

Die Gesellschaft wies in den geprüften Bilanzen der maßgeblichen Jahre keinen Jahresfehlbetrag aus.

10. Leistung auf eine vertragliche Verpflichtung oder hatte die Schuldnerin Kenntnis des fehlenden Rechtsgrundes 

11. Subjektiv eine Schenkung gewollt? 
Der Bundesgerichtshof hat mit Entscheidung vom 20.04.2017 zu § 134 InsO (Az. IX ZR 252/16) entschieden: die subjektive Vorstellung des Schuldners ist entscheidend.
Wenn der Leistende gar nichts schenken will, kann der Insolvenzverwalter dies im Nachhinein nicht als Schenkung darstellen. 
Meint der spätere Schuldner irrtümlich, zu einer entgeltlichen Leistung verpflichtet zu sein, ist eine spätere Insolvenzanfechtung ausgeschlossen. Das Gericht begründet dies mit dem Sinn und Zweck des § 134 InsO, der verhindern soll, dass sich ein in Vermögensverfall geratener Schuldner auf Kosten seiner Gläubiger freigiebig zeigt. Meint der Schuldner aber, auf eine Schuld zu zahlen, ist er nicht freigiebig, sondern erfüllt er eine – auch nur vermeintliche – Verpflichtung.

12. Kenntnis des fehlenden Rechtsgrunds, § 814 BGB?
Die Schuldnerin hat Kenntnis vom fehlenden Rechtsgrund, wenn der Vorstand/Gfü weiß, dass die Gesellschaft keine Gewinne, sondern im Gegenteil Verluste erwirtschafteten und ein betrügerisches Schneeballsystem betrieben wird, er also weiß, dass er an die Genussrechtsinhaber lediglich Scheingewinne aus Scheindividenden aus den Einzahlungen von ihm getäuschten Geldgebern auszahlt, BGH vom 1.1.2020 IV ZR 247/19 und BGH vom 22.7.2021 IX ZR 26/20 ZIP 2021, 1768. 

13. Entreicherungseinrede (hilfsweiser Einwand)
Die Entreicherungseinrede gemäß § 818 Abs.3 BGB kann geltend gemacht werden, wenn die vorbenannten Probleme im Sinne des Insolvenzverwalters geklärt oder entschieden werden können. Dann gibt es für den in Anspruch genommenen Anleger als Verteidigung unter Umständen noch den Einwand der Entreicherung.

Der Empfänger darf nicht mehr bereichert sein. 
Das Erlangte dürfte nicht mehr vorhanden sein und für besondere Dinge ausgegeben worden sein, die man sich ansonsten nicht oder nur selten leistet. Alternativ müssten die Einnahmen der Verbesserung des Lebensstandards gedient haben, nicht dem normalen Begleichen laufender Kosten.

Die Beweislast dafür läge beim Anfechtungsgegner- also dem Anleger. Die Beweisführung erfolgt normalerweise durch die Vorlage von Kontoauszügen und Belegen.

 

Für Rückfragen und Hilfe stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung


Hermann Kulzer MBA
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaft
Wirtschaftsmediator(uni DIU)
kulzer@pkl.com
www.pkl.com
www.insoinfo.de

Dresden, Berlin, Augsburg

Tel 0351 8110233
Fax 0351 8110244

insoinfo
Verfasser: Hermann Kulzer MBA Fachanwalt
 
zurück
 

 © Copyright Rechtsanwalt Hermann Kulzer Glashütter Straße 101a, 01277 Dresden, Telefon: 0351 - 8 11 02 11