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10.04.2019 |
Reduzierung der Vergütung des Vorstands bei Verschlechterung der Lage der AG gemäß § 87 AktG |
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1. Die Aktiengesellschaft hat das Recht, Bezüge des Vorstands gemäß § 87 Abs. 2 AktG durch einseitige Gestaltungserklärung zu kürzen.
2. Zuständig ist der Aufsichtsrat in Vertretung der Gesellschaft gegenüber dem Vorstandsmitglied.
3. Eine Kürzung ist begründet bei Verschlechterung der Lage der Gesellschaft im Sinne von § 87 Abs. 2 AktG.
4. Dies tritt jedenfalls dann ein, wenn die Gesellschaft insolvenzreif wird.
5. Die Weiterzahlung der Bezüge ist unbillig im Sinne des § 87 Abs. 2 Satz 1 AktG, wenn der Vorstand pflichtwidrig gehandelt hat oder ihm zwar kein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen ist, die Verschlechterung der Lage der Gesellschaft jedoch in die Zeit seiner Vorstandsverantwortung fällt und ihm zurechenbar ist.
6. Die Herabsetzung der Bezüge muss mindestens auf einen Betrag erfolgen, dessen Gewährung angesichts der Verschlechterung der Lage der Gesellschaft nicht mehr als unbillig angesehen werden kann.
7. Die Vorschrift erlaubt andererseits keine Herabsetzung der Bezüge des Vorstandsmitglieds, die weiter geht, als es die Billigkeit angesichts der Verschlechterung der Lage der Gesellschaft erfordert.
Begründung:
Bei der rechtlichen Prüfung der Billigkeit im Sinne des § 87 Abs. 2 Satz 1 AktG hat das Gericht sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (Seibt in K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 87 Rn. 18). Insbesondere hat es einerseits den Umfang der Verschlechterung der Lage der Gesellschaft gegenüber dem Zeitpunkt der Vereinbarung der Vergütung sowie weiter zu berücksichtigen, in welchem Grad die Verschlechterung dem Vorstandsmitglied zurechenbar ist und ob er sie gegebenenfalls sogar pflichtwidrig herbeigeführt hat (vgl. BT-Drucks. 16/12278; vgl. auch Kort in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 87 Rn. 409; Mertens/Cahn in KK-AktG, 3. Aufl., § 87 Rn. 95). Andererseits dürfen, auch wenn das Gesetz nunmehr ausdrücklich auf die Unbilligkeit für die Gesellschaft abstellt, die persönlichen Verhältnisse des Vorstandsmitglieds bei der Billigkeitsprüfung nicht völlig außer Acht bleiben (vgl. Hüffer/Koch, AktG, 11. Aufl., § 87 Rn. 27; Seibt in K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 87 Rn. 18; Fleischer in Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 87 Rn. 65 mwN).
Denn die Beurteilung, ob die Zahlung eines bestimmten Betrags trotz der Verschlechterung der Lage der Gesellschaft für diese billig oder unbillig ist, kann im Einzelfall davon abhängen, in welchem Umfang die Herabsetzung der Vergütung dem Vorstandsmitglied wegen seiner persönlichen Verhältnisse noch zumutbar ist. |
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Verfasser: Hermann Kulzer, MBA, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Insolvenzrecht |
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