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20.03.2007 Die limited und die Insolvenz in England auf dem Prüfstand
Information Für viele Firmengründer ist die Wahl einer englischen "private company limited by shares", kurz "limited" genannt, Mode.
Jetzt beginnen auch manche Firmen in Krisensituationen ihren Sitz nach England zu verlegen, z.B. der krisenbedrohte Autozulieferant Schefenacker aus Stuttgart.
  • Hat dies Vorteile? Wenn ja, welche?
  • Müssen Geschäftsführer auch in England strafrechtlich und persönlich haften bei Insolvenzverschleppung?
  • Welche Gläubigerschutzinstrumente bestehen in England und bei der "limited"?

    1. Vorteile eines Insolvenzverfahrens in England
    In Großbritannien können sich die Gläubiger den Insolvenzverwalter aussuchen. Das englische Insolvenzrecht soll (angeblich) transparenter und flexibler sein.
    Zum Beispiel ist die Fortführung an weniger starre Fristen gebunden.
    Die Gläubiger benötigen nicht die Zustimmung des Alteigentümers, um ihre Forderungen in Firmenanteile umzuwandeln.

    2. Persönliche Haftung bei Pflichtverletzung
    Insolvency Act 1986 Sec 213 (Vereinigtes Königreich)
    Jede Beteiligung an der Fortführung der Geschäfte einer zahlungsunfähigen englischen "private limited company" (GmbH), mit der Absicht Gläubiger zu benachteiligen, führt, nach Section 213 Insolvency Act, zur vollen persönlichen Haftung des Geschäftsführers. Ein hiervon abgrenzbarer einzelner Betrug kann die persönliche Geschäftsführerhaftung nicht stützen, vgl. Court of Appeal England, Urt. 5.3.2003 - 1465/01, EWiR 2/2004 S. 79.

    Voraussetzungen der persönlichen Haftung sind:
  • der "director" hat die Gesellschaft mit dem Ziel geführt, die Gläubiger zu betrügen ("fraudulent trading")
  • der "director" wusste oder hätte wissen müssen, dass die Gesellschaft keine Chance hatte, die Insolvenz abzuwenden
  • der "director" hat notwendige Maßnahmen zur Verringerung des Schadens der Gläubiger nicht vorgenommen ("wrongful trading").

    Dem "director" gleichgestellt ist der faktische Geschäftsführer ("shadow director"), sec. 741 (2) CA 1985, ZVR 102 (2003), 387, 407 ff.

    3. Strafbarkeit bei Insolvenzverschleppung
    Eine Insolvenzantragspflicht kennt das englische Recht nicht.
    Zur Strafbarkeit des "directors" einer "private company limited by shares" wegen verspäteter Insolvenzantragsstellung gibt es zahlreiche Beiträge in Literatur und Rechtsprechung, z.B. T. Schork in NZI 2006 Heft 1, S. 10 ff. (15).
    Wer die Rechtsprechung des BGH verfolgt, kann davon ausgehen, dass die Justiz den Gläubigerschutz auch auf die "limited" ausweiten wird. Schon jetzt werden in der Literatur bereits reflexhaft Rufe nach dem Gesetzgeber laut, sobald man festgestellt hat, dass § 84 I Nr. 2 GmbHG auf einen "director" nicht anwendbar sei.
    Der "director" unterliegt einer relativ strengen persönlichen Haftung durch die Rechtsinstitute "fraudulent" und "wrongful trading", sec 213 bzw. 214 Insolvency Act 1986, vgl. www.insolvency.gov.ul.

    4. Publizitätspflichten ("disclosures")
    Im englischen Recht werden die Gläubiger einer "limited" durch umfangreiche Publizitätsvorschriften geschützt ("forewarned is forarmed").
    Ohne ein besonderes Interesse nachweisen zu müssen, bestehen Einsichtsmöglichkeiten im Register unter www.companieshouse.gov.uk.
  • "memorandum of association" (Außenverhältnis)
  • "articles of association" (Innenverhältnis: Sitz, Summe des haftenden Kapitals)
  • Name des aktuellen Geschäftsführers ("director")
  • letzten Jahresabschlüsse
  • Sicherungsrechte an Gegenständen des Gesellschaftsvermögens


    5. Kapitalaufbringung und -erhaltung ("paying up of capital und maintenance of capital")
  • Die Fälligkeit der Einlagen der "limited" ist flexibel.
  • Der Gesellschafter kann gegenüber der "limited" mit Zahlungsansprüchen aufrechnen.
  • Bei Sacheinlagen wird keine Vollwertigkeitsprüfung vorgenommen.
  • Auch künftige Dienstleistungen sind einlagefähig.
  • Dividenden dürfen nur aus erwirtschafteten Gewinnen nach der Deckung der Verlustvorträge ausgeschüttet werden ("distributable profits").
  • Verletzt der "director" die Kapitalerhaltungsvorschriften wegen Verstoßes gegen die allgemeine Sorgfaltspflicht ("duty of care and skill"), haftet er der Gesellschaft auf Schadensersatz.
  • Jede verdeckte Rückzahlung von Gesellschaftskapital an die Gesellschafter ist verboten ("unlawful return of capital").
  • Zahlungen von überhöhten Geschäftsführergehältern und Verkäufe unter Wert sind verboten ("sales at an undervalue").
  • Die im GmbH-Gesetz geregelten Kapitalaufbringungs- und Erhaltungsregeln finden auf eine in Deutschland niedergelassene "limited" keine Anwendung, da sich die Kapitalfassung wegen der Niederlassungsfreiheit nach dem englischen Gesellschaftsstatus richtet.
  • Das englische Recht kennt keine Umqualifizierung von Gesellschafterleistungen in Eigenkapital. Einige Stimmen in der Literatur wollen das deutsche Eigenkapitalersatzrecht auf die hier domizilierende "limited" anwenden.
    Dies wird aber überwiegend abgelehnt, vgl. Schall, ZIP 2005, 965, 974.

    Aus unserer Sicht ist die Krise einer Gesellschaft in Deutschland und in England mit erheblichen Haftungsrisiken verbunden. Wer die Insolvenz nicht rechtzeitig anzeigt, muss bei beiden Varianten mit strafrechtlichen Sanktionen rechnen.

    Wir informieren und beraten Sie über die aktuelle Rechtsprechung und die sich daraus ergebenden Gefahren gerne im Rahmen einer persönlichen Besprechung.


    HB/PAP/228/26/11/06/12
    HK/PAP/30/03/07/AnwBl

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    Verfasser: Hermann Kulzer, Fachanwalt ,Tätigkeitsschwerpunkt Gesellschaftsrecht
     
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