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17.08.2006 Schrottimmobilien: Aufklärungspflichten der kreditgebenden Bank
Information §§ 123, 276, 311, 355, 357, 358, 491, 495, 496, BGB §§ 767, 794, 797 ZPO ua.

I. Anlegerschutz bei Schrottimmobilien durch EuGH 

Bei kreditfinanzierten Kaufverträgen sogenannter Schrottimmobilien hatte der Europäische Gerichtshof ( EuGH ) bei mehreren Klagen betroffenen Anlegern Hoffnung gemacht. 

Fall 1:
 
Der Beklagte hatte über einen Direktvertrieb eine durch die Klägerin finanzierte Eigentumswohnung erworben.  Das Geschäft wurde durch einen Vertriebsmitarbeiter im Rahmen eines Hausbesuchs im September 1992 initiert.
Einen Tag nach dem Hausbesuch gab der Beklagte eine notariell beurkundete Treuhandvollmacht zum Erwerb der Wohnung ab.

Fall 2:

Die Kläger waren 1995 von einem Vermittler für Eigentumswohnung geworben worden, zum Zwecke der Steuerersparnis ohne nennenswertes Eigenkapital eine Eigentumswohnung zu kaufen. Sie schlossen deshalb zunächst einen entsprechenden notariellen Kaufvertrag ab und traten einer Mieteinnahmegesellschaft bei.

Zur Finanzierung des Kaufpreises schloss sodann die beklagte Bausparkasse als Vertreterin einer Bank mit den Käufern einen Darlehensvertrag, wobei das den Käufern gewährte Vorausdarlehen mit Hilfe von zwei bei der Beklagten abgeschlossenen anzusparenden Bausparverträgen getilgt werden sollte.

Eine Belehrung der Käufer und Darlehensnehmer nach dem Haustürwiderrufsgesetz erfolgte nicht.

Die Käufer bestellten für die Bausparkasse eine Grundschuld an der gekauften Eigentumswohnung über die Darlehenssumme, übernahmen dafür die persönliche Haftung und unterwarfen sich der Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen.

Nachdem die Kläger das aufgenommene Vorausdarlehen einige Jahre bedient hatten, widerriefen sie ihre Darlehensvertragserklärungen, da sie über ihr Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz nicht belehrt worden seien.

Mit ihrer Klage wenden sie sich gegen die Zwangsvollstreckung der beklagten Bausparkasse, an die die darlehensgebende Bank ihre Ansprüche abgetreten hat. Sie machen insbesondere geltend, mit Rücksicht auf die unterbliebene Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz könnten sie die Rückzahlung des Darlehens verweigern und die Bausparkasse auf die gekaufte Eigentumswohnung verweisen.

Außerdem behaupten sie, über die mit der Eigentumswohnung verbundenen Risiken, insbesondere die tatsächlich zu erzielende Miete und den Wert der Wohnung getäuscht bzw. nicht hinreichend aufgeklärt worden zu sein.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Das Berufungsgericht hat aber die Revision zugelassen.

Der XI. Zivilsenat hatte die Verhandlung zunächst zurückgestellt, um die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) auf die Vorlage des Landgerichts Bochum (WM 2003, 1609) in einer Sache abzuwarten, an der die beklagte Bausparkasse beteiligt ist. 

Der EuGH entschied am 25.Oktober 2005  (AZ. C-350/03 und C-229/04, ZIP 2005, 1965; WM 2005, 2079 ) dass die beteiligten Banken ( Crailsheimer Volksbank und die Bausparkasse Badenia die Verluste aus den Immobiliengeschäften tragen müssen, falls ein Kunde bei Vergabe des Darlehns nicht über sein Widerrufsrecht informiert worden ist.

Der EuGH entschied, dass Banken, die  bei der Kreditvergabe nicht über die für Haustürgeschäfte geltenden Widerrufsrechte informiert haben, die mit den Kapitalanlagen verbundenen Risiken tragen müssen.


Unter den von den Kreditinstituten zu tragenden Risiken des Darlehnsnehmers versteht der Gerichtshof das Risiko,

a ) dass die Wohnung zum Zeitpunkt ihres Kaufs zu hoch bewertet wird(...),
b)  dass sich die veranschlagten Mieteinnahmen nicht erzielen lassen und
c) dass sich die Erwartungen in Bezug auf die Entwicklung des Immobilienpreises als falsch erweisen.

Wären die Anleger über ihr Widerrufsrecht belehrt worden, dann hätten sie den Darlehnsvertrag rückgängig machen können und gegebenenfalls den Kaufvertrag für die Immobilie nicht geschlossen, urteilte der EuGH.

Anders verhält es sich nach Auffassung des EuGH, wenn die Banken korrekt über das Widerrufsrecht informiert haben. In diesen Fällen müssen die Anleger die Verluste aus dem Immobienkauf tragen.

Klargestellt wurde durch den EuGH, dass sich das Widerrufsrecht nur auf das Darlehn und nicht auf den Immobilien-Kaufvertrag bezieht.
Die Immobilie kann daher nicht an die kreditgebende Bank übertragen werden. 

Die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ( BGH ) war weniger verbraucherfreundlich und sah keine Schadensersatzforderungen gegenüber Banken vor. 

Nach Ansicht der BGH spielte es keine Rolle, ob die Anleger über ihr Widerrufsrecht informiert wurden oder nicht. In jedem Fall mußten die Anleger das Darlehn  zurückzahlen und durften keine Verluste aus der Schrottimmobilie abziehen.

Der EuGH ließ offen, wie die finanziellen Risiken der den Kredit gebenden Bank getragen werden. 

Der XI. Zivilsenat hatte dann zu entscheiden, welche Konsequenzen aus dem Urteil des EuGH zu ziehen sind. 

II. Konsequenzen aus EuGH-Urteil und Umsetzung durch Bundesgerichtshof

1. BGH ändert seine Rechtsprechung

Im Anschluss an die Entscheidung des EuGH änderte der II. Zivilsenat in Absprache mit dem XI. Zivilsenat seine ständige Rechtsprechung zur entsprechenden Anwendbarkeit von § 132 II BGB im Rahmen von § 1HWiG,
vgl. BGH, Urt. v. 12.12.2005 - II ZR 327/04 ( OLG Schleswig ZIP 2005, 136, ZIP 2006, 221 = NJW 2006, 497 ).

Bei richtlinienkonformer Auslegung des HWiG kommt es für dessen Anwendbarkeit allein auf das objektive Vorliegen der Haustürsituation an. Unbeachtlich ist, ob der nicht selbst die Verhandlungen führende Vertragspartner von der Situation Kenntnis hatte bzw ihm schuldhafte Unkenntnis vorzuwerfen ist.

Das Widerrufsrecht ist auch nicht durch Fristablauf erloschen, weil die von der Klägerin erteilte Belehrung, die Voraussetzung für den Fristablauf ist, Einschränkungen enthalten hat., vgl. Dr. Häublein EWiR 8/2006, S. 243.

2. Die Entscheidung des EuGH versuchte das OLG Bremen ( Urt. v. 2.3.2006 - U 20/02 -per 28.04.2006, nicht rechtkräftig, vgl.  in ZIP 2006, 654 )  umzusetzen.

Nach Auffassung des OLG Bremen unterbricht die bei Immobilienerwerb erforderliche notarielle Beurkundung das Überraschungsmoment der Haustürsituation nicht generell, sondern nur für die beurkundete Willenserklärung, den Treuhandvertrag.

Der Darlehnsvertrag ist aber zwingende Folge der Kaufentscheidung, so dass die Überrumpelungssituation auf den Abschluss des Darlehnsvertrags fortwirkt.

§ 9 VerbrKrG ist auf diesen Sachverhalt weder direkt noch analog anwendbar. jedoch begründet die fehlende Belehrung eine Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss.
Die Belehrung des Verbrauchers ist eine echte Vertragspflicht.

3. BGH sieht kein generelles Rückgaberecht

a) Allgemeines

Am 16.05.2006 entschied der 11. Zivilsenat des BGH unter Vorsitz von Gerd Nobbe ( AZ XI ZR 6/04), dass trotz des EuGH-Urteils kein generelles Rückgaberecht der Anleger besteht.

Wer von einem Darlehnsvertrag zurücktritt, muss demnach weiterhin sofort den gesamten Betrag nebst Zinsen zurückzahlen.

Der BGH gestand aber getäuschten Anlegern Erleichterungen beim Nachweis falscher Versprechungen durch Vertriebsmitarbeiter und Vermittler der Anlageobjekte zu.

Demnach können sich Verbraucher bei einem institutionalisierten Zusammenwirken der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer, Vermittler oder Vertreiber der Anlageobjekte sowie mit Fondsinitiatioren einfach auf einen Wissensvorsprung des Geldinstituts berufen.

Eine Kenntnis der Bank von einer arglistigen Täuschung wird danach vermutet, wenn etwa auch die Finanzierung vom Verkäufer angeboten wurde.

b) Begründung des Elften Zivilsenats im Einzelnen

Es besteht auch im Hinblick auf die Europäische Haustürgeschäfterichtlinie kein Anlass, die ständige Rechtsprechung des Senats zu ändern, nach welcher der Verbraucher nach dem Widerruf des Darlehensvertrages gemäß § 3 Haustürwiderrufsgesetz (HWiG) zur sofortigen Rückzahlung der Darlehensvaluta zuzüglich marktüblicher Zinsen verpflichtet ist.

Der EuGH hat ausdrücklich betont, dass dies auch in Fällen, in denen die Darlehensvaluta nach dem für die Kapitalanlage entwickelten Konzept unmittelbar an den Verkäufer zum Erwerb der Immobilie ausgezahlt wird, der Haustürgeschäfterichtlinie entspricht.

Auch soweit der EuGH gemeint hat, Art. 4 der Haustürgeschäfterichtlinie verpflichte die Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, den Verbraucher vor den Risiken einer kreditfinanzierten Kapitalanlage zu schützen, die er im Falle einer Widerrufsbelehrung der kreditgebenden Bank hätte vermeiden können, bestehen weder Grund noch Möglichkeit zu einer anderslautenden richtlinienkonformen Auslegung des § 3 HWiG.

Die Frage, ob im Hinblick auf die genannte Vorgabe des EuGH aus der unterbliebenen Widerrufsbelehrung – wie in Literatur und Rechtsprechung zum Teil vertreten - ein Schadensersatzanspruch der Kläger folgen könnte, hat der Senat offen gelassen.

Ein derartiger Schadensersatzanspruch wegen unterbliebener Widerrufsbelehrung scheidet hier nämlich schon wegen Fehlens der erforderlichen Kausalität aus, weil die Kläger den Kaufvertrag bereits geschlossen hatten, bevor es zum Abschluss des Darlehensvertrages kam.

Die Erteilung einer Widerrufsbelehrung konnte sie daher vor den Risiken ihres Immobilienkaufs nicht mehr schützen.

Der XI. Zivilsenat hat aber im Interesse der Effektivierung des Verbraucherschutzes bei realkreditfinanzierten Wohnungskäufen und Immobilienfondsbeteiligungen, die nicht als verbundene Geschäfte behandelt werden können, und um dem in den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005 zum Ausdruck kommenden Gedanken des Verbraucherschutzes vor Risiken von Kapitalanlagemodellen im nationalen Recht Rechnung zu tragen, seine Rechtsprechung zum Bestehen von eigenen Aufklärungspflichten der kreditgebenden Bank in diesen Fällen ergänzt.

Danach können sich die Anleger in Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objekts unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des Fondsprospekts über das Anlageobjekt berufen.

Die eine eigene Aufklärungspflicht auslösende Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn Verkäufer oder Fondsinitiatoren, die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufs- oder Fondsprospekts nach den Umständen des Falles evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen.
 
Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit dieses Feststellungen zu der von den Klägern behaupteten arglistigen Täuschung und der Frage eines institutionalisierten Zusammenwirkens der beklagten Bausparkasse mit den Vermittlern treffen kann
( BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 – XI ZR 6/04; OLG Hamm, Urteil vom 1. Dezember 2003 – 5 U 125/03 ; LG Dortmund, Urteil vom 4. April 2003 – 6 O 504/02 ).

III. Beratungs- , Literatur- und Rechtsprechungshinweise
:

In der Praxis gibt es zahlreiche Fälle, in denen Anleger bisher keine Klärung herbeigeführt haben. Die Rechtlage war unklar oder unsicher.
Zwischenzeitlich können viele Fälle klar beurteilt werden. 

Ob Aufklärungs- und  Hinweispflichten der Bank bezüglich des finanzierten Geschäfts verletzt wurden und welche Konsequenzen dies hat, bedarf einer Einzelfallprüfung.

Hier empfiehlt es sich, Rat bei Rechtsanwälten einzuholen, die sich auf Kapitalmarkt-, Insolvenz- und Gesellschaftsrecht spezialisiert haben. 

Wir beraten Sie gerne ! 

Literaturhinweise:


Dr. Hoppe in EWiR 8/2006 S. 241 ff.
Staudinger, NJW 2005, 3521, 3524;
Wielsch, ZBB 2006, 16
Hoppe/Linz, ZBB 2006, 24
Ehricke, ZBB 2005, 443, 449
FAZ 17.Mai, Nr. 114 S. 13
RÜ 8/2006 S. 393 ff.
ZGS 2006, 266

Zur Vollstreckung:

BVerfG ZIP 2006, 60, 64
Schwab, JZ 2006, 170
Ehricke, ZBB 2005, 443, 450
EuGH EuZW 2004, 215
EuGH, Urt. v. 16.03.2006 - Ras C- 234/04- Kapferer

Weitere Informationen erhalten Sie auf unseren homepages:

www.GmbHG.info und www.schrottimmobilie.com 
oder persönlich bei uns.








HB 26/10/05Papp/HK/EWIR8/2006
 


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Verfasser: Hermann Kulzer, Rechtsanwalt, Fachanwalt
 
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