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15.01.2018 Existenzvernichtender Eingriff des Gesellschafters oder Aktionärs / Schadensersatzpflicht und Strafbarkeit
Information Die Ausschüttungssperre des § 30 GmbhG wird durch das vom BGH aus § 826 BGB abgeleitete Verbot des existenzvernichtenden Eingriffs flankiert. Adressat des Verbots ist der Gesellschafter,
Auch bei der Aktiengesellschaft gilt das Verbot des existenzvernichtenden Eingriffs. 

Die Aktiengesellschaft wird ferner durch § 57 § AktG geschützt.
Die Aktiengesellschaft darf keine Leistungen an ihre Aktionäre erbringen, wenn sie nicht aus dem Bilanzgewinnn erfolgen oder gesetzlich erlaubt sind.
Ein Verstoß kann gemäß § 57 AktG zur persönlichen Schadensersatzpflicht und Strafbarkeit des Vorstands der Zielgesellschaft führen, vgl. Holzapfel/Pöllath Unternehmenskauf in Recht und Praxis 15. Auflage S. 380.

Die Aktiengesellschaft darf gemäß § 71 a Abs.1 S.1 AktG auch keine Sicherheiten geben beim Erwerb von Aktien dieser Gesellschaft (Verbot der Finanzierung des Erwerbs eigener Anteile: Financial Assistance).
Ein Verstoß gegen § 71 a AktG führt zur Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts und Zahlungen können gemäß § 812 ff BGB zurückverlangt werden, Hüffer AktG 10. Auflage § 71 a Rn.4; Holzapfel/Pöllath Unternehmenskauf in Recht und Praxis 15. Auflage S. 382 Rnr. 1488.


Die alte Entscheidung des BGH, mit der er seine Rechtsprechung zum existenzvernichtenden Eingriff geändert hat, wird jetzt dargestellt:


Der Beklagte ist Eigentümer eines mit einem Hotel bebauten Grundstücks in Rostock, welches er nicht selbst bewirtschaftet, sondern - zeitlich nacheinander - an verschiedene Gesellschaften, an denen er selbst maßgeblich beteiligt ist, verpachtet bzw. an die er (unter Einschaltung der neuen Pächterin) die Geschäftsbesorgung und das Management übertragen hat.

Eine der so tätigen Gesellschaften ist die Schuldnerin, deren Sonderinsolvenzverwalter der Kläger ist.

Nach den Eintragungen in die Insolvenztabelle bestehen berechtigte Forderungen gegen die Schuldnerin in Höhe von mehr als 1,4 Mio. DM.

Wegen dieses von der Schuldnerin nicht aufzubringenden Betrages nimmt der Kläger den Beklagten auf Zahlung unter dem Blickwinkel zunächst der Konzernhaftung, dann der Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs - außerdem aus Geschäftsführerhaftung und Delikt - in Anspruch.

Er wirft dem Beklagten nämlich vor, durch bestimmte, als existenzvernichtend bezeichnete Eingriffe die Gemeinschuldnerin in den Ruin getrieben zu haben.

Es sind dies insbesondere: die Sicherungsübereignung des Hotel-Inventars an die Mutter des Beklagten im Zusammenhang mit einer Darlehensgewährung von 150.000 DM, die Aufhebung des zwischen ihm und der Schuldnerin geschlossenen Pachtvertrages im März 1998, nachdem die Schuldnerin die vereinbarten Pachten über längere Zeit nicht gezahlt hatte;

der anschließend (31.März 1998) geschlossene Geschäftsbesorgungs- und Managementvertrag mit der neuen Pächterin, der W. GmbH, die der Schuldnerin im Ausgangspunkt eine Umsatzbeteiligung von 40% sicherte, wobei dieser Satz abgesenkt werden durfte (und Anfang 1999 auf 28% abgesenkt wurde), soweit dieser Satz überhöht und die verbleibenden Umsätze für die Pächterin nicht auskömmlich sein sollten.

Landgericht und Oberlandesgericht haben den Beklagten verurteilt, wobei das Oberlandesgericht allein auf die Existenzvernichtungshaftung, so wie es diese versteht, abgehoben hat: Der Beklagte habe als Mehrheitsgesellschafter pflichtwidrig in das Gesellschaftsvermögen der Schuldnerin eingegriffen und damit deren Möglichkeit zerstört, Liquidität zu entwickeln und ihre Schulden zu begleichen, deswegen werde ihm der Haftungsschirm des § 13 Abs. 2 GmbHG mit der Folge entzogen, dass er für die Verbindlichkeiten der Schuldnerin in voller Höhe einzustehen habe. Das Berufungsgericht, dessen Urteil aus der Anfangsphase der sich erst entwickelnden Rechtsprechung des Senats zum sog. existenzvernichtenden Eingriff stammt, und das deswegen dessen letzte Urteile vom Dezember 2004 nicht hat berücksichtigen können, hat die Revision zugelassen.

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat diesen Fall zum Anlass genommen, das von ihm selbst im Jahre 2001 mit der Entscheidung "Bremer Vulkan" (BGHZ 149, 10) im Wege der Rechtsfortbildung eingeführte und danach in mehreren Urteilen weiterentwickelte Rechtsinstitut der sog. Existenzvernichtungshaftung des Gesellschafters einer kritischen Würdigung zu unterziehen. Er hat als Ergebnis der Analyse das Haftungskonzept in wesentlichen Punkten geändert und auf eine neue Grundlage gestellt.

Die Kernsätze der Entscheidung lauten:

1. An dem Erfordernis einer als "Existenzvernichtungshaftung" bezeichneten Haftung des Gesellschafters für missbräuchliche, zur Insolvenz der GmbH führende oder diese vertiefende kompensationslose Eingriffe in das der Zweckbindung zur vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger dienende Gesellschaftsvermögen wird festgehalten.

2. Der Senat gibt das bisherige Konzept einer eigenständigen Haftungsfigur, die an den Missbrauch der Rechtsform anknüpft und als Durchgriffs(außen)haftung des Gesellschafters gegenüber den Gesellschaftsgläubigern ausgestaltet, aber mit einer Subsidiaritätsklausel im Verhältnis zu den §§ 30, 31 BGB versehen ist, auf.

Stattdessen knüpft er die Existenzvernichtungshaftung des Gesellschafters an die missbräuchliche Schädigung des im Gläubigerinteresse zweckgebundenen Gesellschaftsvermögens an und ordnet sie - in Gestalt einer schadensersatzrechtlichen Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft - allein in § 826 BGB als eine besondere Fallgruppe der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung ein.

3. Schadensersatzansprüche aus Existenzvernichtungshaftung gemäß § 826 BGB sind gegenüber Erstattungsansprüchen aus §§ 31, 30 GmbHG nicht subsidiär; vielmehr besteht zwischen ihnen - soweit sie sich überschneiden - Anspruchsgrundlagenkonkurrenz.

In dem zu entscheidenden Fall hat der Senat das Berufungsurteil wegen verfahrensfehlerhafter Übergehung von Parteivortrag des Beklagten aufgehoben und die Sache an einen anderen Senat des Oberlandesgerichts zur neuen Verhandlung und Beweisaufnahme zurückverwiesen.

BGH II ZR 3/04

 

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Verfasser: Hermann Kulzer MBA Fachanwalt für Insolenzrecht
 
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