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02.11.2008 Freigabe der selbständigen Tätigkeit durch den Insolvenzverwalter
Information "Gute Zeiten - schlechte Zeiten" Freigabe der selbständigen Tätigkeit  durch den Insolvenzverwalter und Gefahren

Das Bundesarbeitsgericht hatte im ersten Halbjahr von 2008 in einem Fall zu den Rechtsfolgen einer Freigabe der selbstständigen Tätigkeit des Schuldners durch den Insolvenzverwalter nach § 35 Abs. 2 InsO zu entscheiden.

Der Fall:
In dem einzelkaufmännisch geführten Betrieb des Schuldners war eine Arbeitnehmerin beschäftigt, die für den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung Lohnansprüche als Masseschuld geltend machte, obwohl das Arbeitsverhältnis - ohne Kenntnis des vorläufigen Verwalters - vom Schuldner neu begründet worden war.

Die Entscheidung:
Verlangt der Insolvenzverwalter nach Kenntniserlangung von einem solchen Vertragsschluss dennoch, dass die die Pfändungsgrenze des § 850 c ZPO übersteigenden betrieblichen Gewinne aus dieser Tätigkeit an die Insolvenzmasse abgeführt werden, nimmt er damit auch die vom Schuldner eingegangenen Arbeitsverhältnisse für die Mehrung der Insolvenzmasse in Anspruch mit der Folge, dass die Lohnansprüche aus den vom Schuldner neu abgeschlossenen Arbeitsverträgen (das Gleiche gilt bei Verlängerung befristeter Arbeitsverträge) zu Lasten der Masse als Masseverbindlicheiten zu befriedigen sind.
Diese Ansprüche sind, wenn nicht durch eigene Handlung des Insolvenzverwalters jedenfalls in anderer Weise durch die Verwaltung der Insolvenzmasse entstanden (BAG, a.a.O. Rn. 18).

Zur Vermeidung einer persönlichen Haftung hat der Verwalter daher stets zu prüfen, ob die zur Masse verlangten Gewinne aus "guten Zeiten" nicht durch noch offene Masseverbindlichkeiten aus "schlechten Zeiten" überkompensiert werden und so die Masse geschmälert wird.

Zur "Freigabeerklärung"des Insolvenzverwalter nach § 35 Abs. 2 InsO hat das BAG ausgeführt (Leitsatz):

"Werden vom Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines einzelkaufmännisch tätigen Schuldners die unmittelbar für die selbstständige Erwerbstätigkeit des Schuldners benötigten Betriebsmittel "freigegeben" und wird im Zusammenhang mit einer solchen Freigabe zwischen dem Schuldner und dem Insolvenzverwalter eine den Erfordernissen des § 295 Abs. 2 InsO entsprechende Vereinbarung über abzuführende Beträge geschlossen, haftet die Insolvenzmasse nicht mehr für Ansprüche der Arbeitnehmer auf Arbeitsvergütung aus danach vom Schuldner begründeten Arbeitsverhältnissen. Diese hat allein der Schuldner zu erfüllen". So gut sich dieser Leitsatz liest, so zeigen die Entscheidungsgründe erst die Tücken auf, da der Leitsatz sich nur auf "danach", also nach der Freigabe begründete Arbeitsverhältnisse bezieht.

Für bereits zu diesem Zeitpunkt bestehende Arbeitsverhältnisse gilt folgendes:
Sofern ein Arbeitsvertrag zu Lasten der Masse besteht, kann der Insolvenzverwalter die Masse nicht mehr von den daraus resultierenden Verbindlichkeiten durch eine spätere Abrede i.S.v. § 295 Abs. 2 InsO mit dem Schuldner, die diesem wieder eine Betriebsführung auf eigene Rechnung ermöglicht, entlasten. Denn eine solche einseitige echte Freigabe kann sich nur auf Massegegenstände, nicht auf zweiseitig bindende Verträge beziehen. Die Enthaftung der Masse bedarf deshalb der Zustimmung des Arbeitnehmers, es sei denn, dass eine "Einheit" i.S. der zu § 613a BGB ergangenen Rechtsprechung vorliegt und sich das Arbeitsverhältnis dieser "Einheit" zuordnen läßt. In diesem Fall findet nach Ansicht des BAG aber § 613a BGB entsprechende Anwendung, d.h. das Arbeitsverhältnis geht auf den Schuldner im Zuge der Freigabe nicht aber, wenn der Arbeitnehmer rechtzeitig gem. § 613a Abs. 6 BGB widerspricht (BAG, a.a.O. Rn. 23). Insolvenzverwalter werden daher in diesen Fällen künftig darauf zu achten haben, dass sie die Arbeitnehmer entsprechend belehren, da die Widerspruchsfrist erst mit einer ordnungsgemäßen Unterrichtung zu laufen beginnt (§ 613A Abs. 5 BGB).
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Verfasser: Hermann Kulzer, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
 
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