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28.01.2011 Pflichten des Rechtsanwalts: Keine Interessenkollision, Verschwiegenheit , Verbot der Lüge und Unabhängigkeit
Information I. Interessenkollision
Das Berufsrecht der Rechtsanwälte verbietet die Interessenkollision - das heißt der Rechtsanwalt darf nicht "Diener zweier Herren" sein“.

1. Ausgangsfrage
Wann besteht eine Interessenkollision?
Was bedeutet das Verbot widerstreitende Interessen zu vertreten?

2. Berufsrecht der Rechtsanwälte - wo ist die Interessenkollision geregelt?

Rechtsanwälte haben ein besonderes Berufsrecht. Dies sind geregelt in der BRAO und der weniger bedeutsamen gesetzesergänzende Berufsordnung (BORA).
Zu den wesentlichsten Berufspflichten zählt dabei vor allem das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen (Prävarikation).
Es ist strafrechtlich normiert in der Parteiverratsbestimmung des § 356 StGB;
das berufsrechtliche Pendant findet sich in § 43 a Abs. 4 BRAO. § 43 a BRAO (Grundpflichten des Rechtsanwalts) (1) bis (3) ...
(4) Der Rechtsanwalt darf keine widerstreitenden Interessen vertreten. (5) und (6) ... § 3 BORA (Widerstreitende Interessen,
Versagung der Berufstätigkeit)
(1) Der Rechtsanwalt darf nicht tätig werden, wenn er, gleich in welcher Funktion, eine andere Partei in derselben Rechtssache im widerstreitenden Interesse bereits beraten oder vertreten hat oder mit dieser Rechtssache in sonstiger Weise im Sinne der §§ 45, 46 Bundesrechtsanwaltsordnung beruflich befaßt war.
(2) Das Verbot gilt auch, wenn ein anderer Rechtsanwalt oder Angehöriger eines anderen Berufes im Sinne des § 59 a Bundesrechtsanwaltsordnung, mit dem der Rechtsanwalt in Sozietät, zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in sonstiger Weise (Anstellungsverhältnis, freie Mitarbeit) oder in Bürogemeinschaft verbunden ist oder war, in derselben Rechtssache, gleich in welcher Funktion, im widerstreitenden Interesse berät, vertritt, bereits beraten oder vertreten hat oder mit dieser Rechtssache in sonstiger Weise beruflich befaßt ist oder war.
(3) Wer erkennt, daß er entgegen den Absätzen 1 oder 2 tätig ist, hat unverzüglich davon seinen Mandanten zu unterrichten und alle Mandate in derselben Rechtssache zu beenden.

3. Zweck des Verbots widerstreitende Interessen zu vertreten
Das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen dient vor allem der Wahrung der Unabhängigkeit des Rechtsanwalts. Es soll den Rechtsanwalt vor einem möglichen Interessenkonflikt schützen, welcher aufgrund der gegensätzlichen Betätigung in der gleichen Sache entstehen kann. Ein Anwalt, der sich zum Diener gegenläufiger Interessen macht, verliert jegliche unabhängige Sachwalterstellung im Dienst des Rechtsuchenden. Das Verbot ist auch erforderlich im Interesse der Rechtspflege. Geschützt werden soll das Vertrauen der Allgemeinheit in die Zuverlässigkeit und Integrität der Anwaltsschaft. Der Prävarikation kommt zudem auch eine subjektive Mandantenfunktion zu. Sie wird vom BVerfG betont, wenn es formuliert: „Ersichtlich dient § 43 a Abs. 4 BRAO der Wahrung des Vertrauensverhältnisses zum eigenen Mandanten…. “ Dem Interessenwiderstreitverbot kommt eine erhebliche praktische Bedeutung zu. Schließlich verbietet es Rechtsanwälten, in derselben Rechtssache im widerstreitenden Interesse tätig zu werden. So darf ein Anwalt nicht zunächst in einem Scheidungsverfahren den Ehemann und anschließend im Zugewinnausgleichsverfahren die Ehefrau vertreten. Er muß das ihm später angebotene Mandat ablehnen, so schmerzlich der damit verbundene Verlust von Einnahmen auch sein mag. Schließlich wird der Begriff „derselben Rechtssache“ weit ausgelegt; sie liegt bereits vor bei partieller Sachverhaltsidentität, wie dies bei den Ehesachen Scheidung und Zugewinnausgleich der Fall ist. Wie begründet der Gesetzgeber das Verbot der Interessenkollision? Nach der Begründung zum Gesetzentwurf bedarf es der Regelung als Grundlage für das Vertrauensverhältnis zum Mandanten sowie zur Wahrung der Unabhängigkeit des Rechtsanwalts und der im Interesse der Rechtspflege gebotenen Geradlinigkeit der anwaltlichen Berufsausübung. Die anwaltliche Berufspflicht gehe deshalb über die Strafbestimmung des § 356 StGB hinaus (vgl. BTDrucks 12/4993, S. 27).
Die nähere Ausgestaltung wurde gemäß § 59 b Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe e BRAO der Berufsordnung überlassen, weil im Zusammenhang mit dem Entstehen immer größerer Kanzleien und überörtlicher Sozietäten sowie der zunehmenden anwaltlichen Spezialisierung praxisorientierte Leitlinien zu entwickeln seien (vgl. BTDrucks 12/4993, S. 34 f.).

4. Voraussetzung für Verstoß
Interessengegensatz oder Interessenwiderstreit
Die Interessen müssen sich ganz oder teilweise gegensätzlich sein. Der Anschein allein genügt nicht, vgl BGH NJW 2003, 819, 822. Erforderlich ist für einen Verstoß gegen das Verbot, dass tatsächlich ein Interessengegensatz besteht. Dessen bloß abstrakte Möglichkeit reicht nicht aus, um ein Verbot nach § 356 StGB oder § 43a Abs. 4 BRAO auszulösen. Ein pflichtwidriges interessengegensätzliches Handeln kommt nur in Betracht, wenn der Interessengegensatz konkret vorhanden ist bzw. „ausbricht“. Problematisch sind daher Mehrfachvertretungen von Mitgliedern von Erbengemeinschaften, Gesellschaften, Vereinen oder Gewerkschaften und Arbeitnehmern. Ein Rechtsanwalt kann in derselben Rechtssache mehreren Beteiligten dienen, deren Interessen sich tatsächlich widerstreiten, soweit sich die Interessen der Parteien in derselben Rechtssache vom Standpunkt der Parteien miteinander vereinbaren lassen und dem Rechtsanwalt die Wahrnehmung des gemeinsamen (vermeintlichen) Interesses anvertraut wurde. Es handelt sich dann für den Anwalt nicht um Gegenparteien und es kann von einem Mißbrauch des Vertrauens im Dienste des Gegners keine Rede sein. Die besondere Problematik derartiger Fälle besteht aber darin, dass erfahrungsgemäß – und dies ist den Auftraggebern durchaus bewusst – Konflikte zwischen den Beteiligten bei derartigen Mandaten im Laufe der – oft längerfristigen – Mandatswahrnehmung nicht ausbleiben. Brechen die Konflikte aus, dann wird der Anwalt gezwungen sein, das Mandat niederzulegen. Zum Interessenwiderstreit Beitrag des Professor Dr. Dr. Lutz Simon, Präsident der Rechtswaltskammer Frankfurt/Main unter:http://www.fbe.org/IMG/pdf/Report_Lutz_Simon-5.pdf

5. Tätigkeitsverbot bei Interessengegensatz
Bei einem Interessengegensatz besteht ein Tätigkeitsverbot für den betroffenen Rechtsanwalt. Sein Dienstleistungsvertrag ist nach § 134 BGB wegen Verstoß gegen die Verbotsbestimmungen nichtig, so dass auch kein Honoraranspruch besteht. Um in jedem Fall einer strafrechtlichen Verfolgung zu entgehen, muß der Rechtsanwalt daher umgehend das Mandat abgeben. Soweit er sich in einer Sozietät befindet, kommt auch eine Abgabe an einen Sozius in Betracht. Dann entgeht er einer strafrechtlichen Sanktion, da § 356 StGB unstreitig nur für den einzelnen Anwalt gilt. Eine Vertretung durch Sozien kann aber nach § 3 Abs. 2 BORA unzulässig sein; etwas anderes gilt jedoch bei Einverständnis der Mandanten Quelle Auszug aus Beitrag des Rechtsanwalt Dr. Michael Kleine-Cosack, Freiburg in Anwaltsblatt 2/2010 II. Anwaltliche Verschwiegenheitsverpflichtung: Der Rechtsanwalt ist seinem Mandanten zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sie ist strafrechtlich in § 203 StGB abgesichert, prozessual durch Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrechte sowie Beschlagnahmeverbote (wie z.B. § 97 StPO). Die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht bildet die unverzichtbare Basis des Vertrauensverhältnisses zwischen Rechtsanwalt und Mandant, der sich nur unter diesem Schutz zur Wahrung seiner Rechte seinem Berater voll anvertrauen kann. Diese rechtsstaatlich elementare Funktion der Verschwiegenheit gilt – vom Syndikusanwalt abgesehen – für alle Varianten des Anwaltsberufs. Die Vertraulichkeit des Gesprächs zwischen Rechtsanwalt und Mandant ist eines der Kernstücke der wirksamen Vertretung von Mandanteninteressen. Das vertrauliche Gespräch wird als wesentliche Garantie des Rechts auf Verteidigung von Art. 6 Abs. 1 EMRK geschützt. Die der Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Geheimnisse können sich auf unterschiedlichste Gegenstände beziehen. Sie können nicht nur das Mandat – hier bereits dessen Bestehen – sondern auch den privaten, steuerlichen, betrieblichen, beruflichen oder politischen bzw. geschäftlichen Bereich betreffen. Kein „Geheimnis“ und ausdrücklich von der Verschwiegenheitspflicht ausgenommen sind Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Der Rechtsanwalt darf fremde Geheimnisse nicht – so § 203 StGB – „offenbaren“, also Dritten mitteilen. Das Offenbarungsverbot gilt gegenüber jedermann. Dabei ist völlig irrelevant, ob Dritte selbst zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Die Verschwiegenheitspflicht besteht daher auch gegenüber Rechtsanwälten, wird aber auf Grund berufsrechtswidriger „Geschwätzigkeit“ unter Kollegen oftmals nicht eingehalten. Die Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts kann aus verschiedenen Gründen eingeschränkt sein oder erlöschen. So gilt sie z.B. nicht im Fall der Durchsetzung von Honoraransprüchen oder der Abwehr von Ansprüchen aus dem Mandatsverhältnis. Gleiches gilt bei einer – möglichst zum Beweis schriftlich einzuholenden – Befreiung durch den Mandanten. Erheblich eingeschränkt ist die Verpflichtung zur Verschwiegenheit bei beruflicher Zusammenarbeit. Der Mandant ist in der Regel nur beschränkt geschützt dadurch, dass andere Rechtsanwälte selbst der Verschwiegenheit unterliegen oder der Rechtsanwalt verpflichtet ist, Mitarbeiter zur Verschwiegenheit zu verpflichten (vgl. § 2 Abs. 4 BORA). Im übrigen erweist sich die – nicht aufzuhaltende – berufliche Zusammenarbeit als offene Flanke der Verschwiegenheitspflicht, deren Bedeutung angesichts der erhöhten Mobilität auf dem Anwaltsmarkt, der großen Zahl von Fusionen, der Bildung von anwaltlichen Megafirms, überörtlichen Zusammenschlüssen wie auch verschiedensten Formen der Zusammenarbeit in erheblichem Umfang reduziert wird. Eine Verpflichtung bei einem Kanzleiverkauf, ohne Einwilligung der Mandanten deren Unterlagen an den Praxisübernehmer weiterzugeben, verletzt das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Mandanten sowie die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht. Das Verpflichtungsgeschäft ist wegen Verstoß des Erfüllungsgeschäfts gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB nichtig. Kein Geheimnisverrat liegt jedoch vor, wenn eine Kanzleiveräußerung in Form des so genannten „sanften Übergangs“ erfolgt durch Gründung einer gemeinsamen Außensozietät oder die vorherige Einstellung des Käufers in der Übergabepraxis. III. Verbot der Anwaltslüge Berufsrechtlich wird es aus dem Sachlichkeitsgebot des § 43 a Abs. 3 S. 2 BRAO hergeleitet. Danach ist unter anderem die bewusste Verbreitung von Unwahrheiten untersagt. Prozessual ergibt sich die Wahrheitspflicht für Rechtsanwälte zum Beispiel aus § 138 ZPO. Natürlich gelten – wie für jedermann – auch die strafrechtlichen Bestimmungen der Verleumdung (§ 186 StGB) oder der falschen eidesstattlichen Versicherung sowie des Meineids (§§ 165, 166 StGB). Unabhängig davon geht die Rechtsprechung unausgesprochen von einer Art „gewohnheitsrechtlichem“ Verbot der Lüge aus. Bei der Bewertung der Anwaltslüge ist aus rechtlicher Sicht dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Advokaten nicht uneingeschränkt die Wahrheit sagen können. Sie haben – verfassungsrechtlich abgesichert durch Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 5 Abs. 1 GG sowie strafrechtlich durch § 193 StGB – gemäß § 3 BRAO vorrangig die Interessen ihrer Partei zu vertreten. Zudem unterliegen sie einer Schweigepflicht nach § 203 StGB oder § 43 a Abs. 2 BRAO. Sie hindert zum Beispiel einen Strafverteidiger daran, seinen Mandanten als Täter vor Gericht darzustellen. In zulässiger Weise beschränken Anwälte zudem oftmals ihren Vortrag auf Halbwahrheiten, indem sie ihre Partei belastende Umstände bewusst ausblenden. Sie kämpfen massenhaft gegenüber Gerichten, Behörden und gegnerischen Dritten für eine Rechtsauffassung, welche sie innerlich für falsch halten. In Teilbereichen der Anwaltstätigkeit wird die Lüge sogar explizit für zulässig erachtet. Letztlich sollte selbstkritisch eingeräumt werden, dass das uneingeschränkte Lügenverbot weder allgemein und erst recht nicht bei Anwälten Geltung beanspruchen kann. Soweit sie mit „Falschaussagen“ einen legitimen – rechtsstaatlich vertretbaren – Zweck verfolgen, ist Kritik unangebracht.. IV. Anwaltliche Unabhängigkeit Der Anwalt ist Organ der Rechtspflege, vgl § 1 BRAO, wonach der Rechtsanwalt ein unabhängiges Organ der Rechtspflege ist. Nach § 3 Abs. 1 BRAO ist er der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten. Schließlich wird in der Satzungsbestimmung des § 1 Abs. 1 BORA bestimmt: „Der Rechtsanwalt übt seinen Beruf frei, selbstbestimmt und unreglementiert aus….“. Unbestritten ist, dass der Anwalt als „Diener des Mandanten“ dessen Rechte und Interessen zu wahren hat mit der Folge, dass er seinen Weisungen unterliegt. Eine seit rund zwei Jahrzehnten völlig veränderte Situation ergibt sich aber daraus, dass Rechtsanwälte heutzutage vielfach nicht mehr ihren Beruf in einer Einzelkanzlei oder Kleinsozietät ausüben. Auf Grund der veränderten Tätigkeitsformen mit der Bildung von – auch überörtlichen wie internationalen – Sozietäten sehen sie sich verstärkt in der Abhängigkeit von Berufskollegen als Partner, Angestellter oder freier Mitarbeiter mit Beschränkungen ihrer anwaltlichen Berufsfreiheit.

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Verfasser: Hermann Kulzer MBA Rechtsanwalt
 
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