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01.04.2011 Clerical Medical - Zurechnung bei Falschberatung von (un-)abhängigen Anlagevermittlern
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Der BGH hat bereits in einer Entscheidung aus dem Jahr 1997 darüber entscheiden, dass eine Versicherungsgesellschaft sich das Handeln von Vermittlern zurechnen lassen muss, auch wenn diese nicht vertraglich in das Vertriebssystem eingegliedert sind. In der Entscheidung (BGH, Urteil vom 09.07.1998- III ZR 158/97) heißt es:

"Sie konnte jedoch die Verantwortung für die Vertragsverhandlungen nicht durch die Einschaltung eines selbstständigen Vermittlers entgehen. Auch musste sie damit rechnen, dass der Vermittler nicht nur eigene Mitarbeiter, sondern selbstständige Untervermittler -...- einsetzt. Deren Verhalten bei den Vertragsverhandlungen muss sie sich deshalb ebenfalls gemäß § 278 BGB zurechnen lassen (...).
Eine solche Zurechnung scheitert nicht daran, dass das in der Kapitalanlage angelegte Risiko nicht unmittelbar die von der Beklagten angebotene Lebensversicherung als solche betraf, sondern sich aus deren Finanzierung mittels eines Bankkredits ergab. Der Senat verweist insoweit auf die rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts zum engen sachlichen Zusammenhang zwischen den getroffenen Vereinbarungen, der diese insgesamt als einheitlichen Geschäftsvorgang erscheinen ließ. Der Beklagten war das Zusammenwirken der einzelnen Elemente der Kapitalanlage und damit das Verlustrisko auch bekannt. Wie den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts zu entnehmen ist, wusste sie jedenfalls aufgrund eines von der früheren Streithelferin herausgegebenen Prospekts und ihrer Verhandlungen mit der Schweizer Bank, dass die ihr von der früheren Streithelferin vermittelten Kunden, also auch der Ehemann der Klägerin, die Lebensversicherung nicht aus vorhandenen Vermögen bezahlen, sondern ein fremdfinanziertes Anlagemodell eingehen wollten, dessen Rentabilität auf dem prospektierten Zinsgefälle zwischen der von ihr gewährten Effektivverzinsung der Versicherungsbeiträge und dem Schweizer Kreditszins beruhte."


Dieser Auffassung haben sich mehrere Gerichte in Verfahren gegen die englische Versicherungsgesellschaft Clerical Medical angeschlossen. Diese hatte durch selbständige Untervermittler Lebensversicherungsverträge mit deutschen Kunden abgeschlossen. Dabei hatte sie teils konkrete, teils abstrakte Kenntnis darüber, dass die einzuzahlenden Einmalbeträge aus einer Kreditaufnahme herrühren. Die Kunden erhofften sich aufgrund der in den Prospekten dargelegten Renditeerwartungen, die Zinstilgung aus den Kursgewinnen der Lebensversicherung vornehmen zu können. Mangels positiver Marktentwicklung mussten jedoch viele Kunden die Bankzinsen z.B. durch Anteilsverkäufe ausgleichen und erlitten dadurch erhebliche Verluste. Über die enormen Risiken, die solchen Hebelgeschäften zugrunde liegen, wurden die Kunden durch ihre Anlagevermittler vielfach nicht aufgeklärt. Clerical Medical machte sich in Gerichtsverfahren die Tatsache zunutze, dass sie die Anlegeberater nicht selbst eingeschalten habe und ihr deshalb deren Verhalten nicht zurechenbar sei.
Mehrere Gerichte haben Clerical Medical dennoch verurteilt. Neben dem LG Bamberg, Urteile vom 28.01.2009, Az.: 2 O 82/08 und 2 O 88/08 hat sich nun auch das Oberlandesgericht Dresden in seiner Entscheidung vom 19.11.2010, Aktenzeichen 7 U 1358/09 der Auffassung des BGH aus dem Jahr 1997 angeschlossen. In dieser heißt es:
"Denn nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. nur VersR 1997, 877) steht die selbstständige Stellung des Maklers einer Einordnung als Erfüllungsgehilfe nicht grundsätzlich entgegen. Übernimmt er vielmehr mit Wissen und Wollen einer der späteren Vertragsparteien Aufgaben, die typischerweise ihr obliegen, so wird er auch in ihrem Pflichtenkreis tätig und ist daher zugleich als ihre Hilfsperson zu betrachten (vgl. nur BGH a.a.O.; ...). Wann eine solche Einschätzung gerechtfertigt ist, lässt sich nach der Rechtsprechung des BGH nur aufgrund einer die Interessen beider Parteien wertenden Betrachtung der Einzelfallumstände entscheiden; maßgeblich ist dabei nicht, ob dem Makler für den Vertrag Vertretungsmacht eingeräumt worden ist (BGH a.a.O.).
Übrigens hat der BGH erst kürzlich am 01.03.2011, Az.: XI ZR 96/09, entscheiden, dass Steuervorteile, welche mit der Kapitalanlage erzielt worden sind, nicht mehr auf Schadensersatzansprüche gegen die Versicherung anzurechnen sind. Zur Begründung wurde auf die Versteuerung des zu zahlenden Schadensersatzes verwiesen. Diese anlegerfreundliche Entscheidung des BGH betraf zwar einen Fall zu sog. Schrottimmobilien. Es ist jedoch anzunehmen, dass sich diese Entscheidung auch auf andere Fälle der Vermittlung steuerbegünstigender Anlagen erstrecken wird.
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Verfasser: Rechtsanwältin Susanne Hase
 
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