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12.07.2011 Fehlende Aufklärung über Risiken oder Schadensersatzansprüche gegenüber Clerical Medical
Information Derzeit sind etliche Gerichtsverfahren an deutschen Gerichten anhängig, in denen die englische  Versicherungsgesellschaft Clerical Medical wegen fehlender Aufklärung über die Risiken einer Finanzanlage auf Schadensersatz verklagt wird. Hintergrund ist, dass viele Anleger die vereinbarte Versicherungssumme mittels Bankkredits finanzierten und sich erhofft hatten, die Renditen würden die laufenden Kosten bei der Bank decken. In Fällen, in denen die Renditen jedoch entgegen der ursprünglichen Erwartung geringer als die laufenden Kreditzinsen ausfielen, wird die Kapitalanlage nach und nach aufgezehrt und die Anleger müssen auf ihr sonstiges Vermögen zugreifen, um ihre Schulden bei der finanzierenden Bank zu begleichen.

Wie die Vergangenheit gezeigt hat, sind die Erfolgsaussichten sehr einzelfallabhängig. Einige wichtige Tendenzen in den Entscheidungen sollen hier angesprochen werden:

Keine Aufklärung über Risiko des Zinsdifferenzgeschäfts (Hebelgeschäfts) und Zurechnung der Verhaltens des Anlagenvermittlers
Viele Anleger bemängeln, nicht über die Risiken der Anlage unterrichtet worden zu sein.
Clerical Medical entgegnet diesem Einwand mit der Behauptung, lediglich ihre Versicherung angeboten zu haben, welche unabhängige Vermittler dazu nutzten, sie als Baustein für riskante Zinsdifferenzgeschäfte zu verwenden. In einigen Fällen räumt Clerical Medical ein, jedenfalls generell von der Verwendung ihrer Versicherung für derartige Finanzanlagen Kenntnis gehabt zu haben.
In einer früheren Entscheidung hat der BGH (Entscheidung vom 09.07.1998, Az. III ZR 158/97) bereits klargestellt, dass die Aufklärungspflicht über die von dem Versicherer angebotene Versicherung hinaus reicht, wenn die Finanzierung mittels eines Bankkredites erfolgt und der Versicherer davon Kenntnis hatte.

Einige Gerichte lehnen es ab, diese Entscheidung auf die aktuelle Problematik der Anleger von Clerical Medical-Produkten anzuwenden, da im BGH-Fall von Anfang an abzusehen war, dass die Anlage aufgrund feststehender Zinsen und Renditen unsinnig und damit zum Scheitern verurteilt war (LG Köln, Urteil vom 22.05.2009, Az. 37 O 1400/08). 

Vermutlich die Mehrheit der Gericht halten die BGH-Entscheidung dennoch im Grundsatz für anwendbar. Das LG München I (Entscheidung vom 27.11.2008, Az. 12 O 9945/08) entschied, "wenn die Beklagte, [...], die Verwendung ihres Produktes im Rahmen des Gesamtkonzepts in der Verbindung mit anderen Produkten zulässt und die maßgeblichen Einzelheiten dieses Gesamtkonzepts - hier insbesondere die Finanzierung der Einmalanlage - kennt, hat sie nicht nur die ihr auch sonst obliegenden Pflichten, ihre eigenen Zahlungen und Angaben richtig und vollständig darzustellen. Sie muss vielmehr - wenn sie eine solche Verbindung mit anderen Produkten zulässt und die konkrete Verbindung kennt - auch sicherstellen, dass dort, wo auf ihrem Produkt andere aufbauen, es also notwendige Schnittstellen gibt, ihre Angaben so verwendet werden, dass ein zutreffender Eindruck des Zusammenspiels der einzelnen Komponenten besteht."

Weiterhin sehen z.B. das LG Saarbrücken (Urteil vom 14.12.2010, Az. 14 O 314/09) und das LG Stuttgart (Urteil vom 20.07.2007, Az. 8 O 515/06) eine Aufklärungspflicht des Versicherers für notwendig an, wenn er im konkreten Einzelfall das Finanzierungsmodell erkannt hat oder erkennen konnte.

Auch das OLG Dresden (Urteil vom 19.11.2010, Aktenzeichen 7 U 1358/09) schloss sich dem an und betont dabei die Zurechnung des Handels des Vermittlers, auch wenn dieser nur als selbständiger Makler eingeschaltet war: "Denn nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. nur VersR 1997, 877) steht die selbstständige Stellung des Maklers einer Einordnung als Erfüllungsgehilfe nicht grundsätzlich entgegen. Übernimmt er vielmehr mit Wissen und Wollen einer der späteren Vertragsparteien Aufgaben, die typischerweise ihr obliegen, so wird er auch in ihrem Pflichtenkreis tätig und ist daher zugleich als ihre Hilfsperson zu betrachten (vgl. nur BGH a.a.O.; ...). Wann eine solche Einschätzung gerechtfertigt ist, lässt sich nach der Rechtsprechung des BGH nur aufgrund einer die Interessen beider Parteien wertenden Betrachtung der Einzelfallumstände entscheiden; maßgeblich ist dabei nicht, ob dem Makler für den Vertrag Vertretungsmacht eingeräumt worden ist (BGH a.a.O.)."

Ob indes die generelle Kenntnis bei Clerical Medical von der Verwendung ihrer Produkte für Zinsdifferenzgeschäfte ausreicht, um eine Aufklärungspflicht zu begründen, ist indes fraglich. Etliche Gerichte haben es jedenfalls abgelehnt.

Anspruchsverjährung
Ein weiteres wichtiges Thema in den gerichtlichen Entscheidungen ist das der Verjährung. Nicht wenige Klagen wurden deswegen abgewiesen.

Nach § 199 Abs. 1 S. 2 BGB beginnt die Verjährung mit Schluss des Jahres in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Grob fahrlässige Unkenntnis liegt vor, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufdrängen und er leicht zugängliche Infoquellen nicht nutzt (Ellenberger in Palandt, BGB, 69. Aufl., 2010, § 199 Rn 36).

Im Fall von Clerical Medical halten es viele Gerichts für die Kenntniserlangung für ausreichend, dass dem Versicherungsnehmer zwei aufeinanderfolgende Kontoauszüge zugegangen sind, aus denen er erkennen konnte, dass die Rendite nicht seinen Erwartungen bei Vertragsschluss entspricht (LG Mainz, 28.09.2009, Az. 4 O 329/08; LG Frankfurt a.M. 12.04.2010, Az. 2-25 O 484/09; LG Saarbrücken, 02.11.2010 Az. 14 O 314/09).
 
Gerade die Vielzahl der scheinbar verspäteten Klageerhebungen zeigt jedoch, dass die Anleger die Verlustgefahr nach z.B. zwei Kontoauszügen mit niedriger Rendite noch gar nicht erkannten oder sie sich im Sinne von grober Fahrlässigkeit ihnen aufdrängte. Dementsprechend entschied das OLG Dresden in seinem Urteil vom 22.09.2010, Az. 7 U 1358/09, dass "die Mitteilungen über den jährlich deklarierten Wertzuwachs für die Jahre 2003 und 2004 keinen grobe Fahrlässigkeit der Klägerin i.S.v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB begründeten Anlass [gaben]. Denn dadurch musste die Klägerin die im Gespräch vor Antragstellung erfolgten Angaben des Vermittlers G..., insbesondere zu den in den Versicherungsantrag aufgenommenen Auszahlungen bzw. seiner diesbezüglichen Risikoeinschätzung, nicht in Zweifel ziehen, mit der Folge, dass ihr bereits danach eine Zahlungs- oder Feststellungsklage hätte zugemutet werden können oder sie verpflichtet gewesen wäre, weitere Erkundungen einzuholen." Kenntnis wurde erst bejaht, als "erstmals im Jahr 2005 [...] aufgrund eines Schreibens der darlehensfinanzierenden Bank darauf aufmerksam [gemacht wurde], dass Zahlungen aus der Lebensversicherung nicht in 'zugesicherter Höhe' erfolgen könnten bzw. die Wertentwicklung nicht den prognostizierenden Werten entspräche und ihr daher Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Beratung zustehen könnten."

Insgesamt ist zu erkennen, dass die Rechtsprechung noch sehr uneinheitlich ist.
Aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung, speziell zur Problematik mit Clerical Medical ist bisher nicht zu finden. Fakt ist, jeder Fall hat seine Besonderheiten, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint. Wir empfehlen daher bei ähnlichen Problemen mit Finanzanlagen, anwaltlichen Rat einzuholen.



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Verfasser: Susanne Hase
 
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