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Insolvenzrecht A bis Z
Fortführungsprognose A-Z einschließlich Beweislast
Fortführungsprognose
Nach § 19 Abs. 2 InsO muss der Geschäftsführer eine Antwort geben auf die Frage, ob die Fortführung des Unternehmens nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist oder nicht.
Darin ist eine Prognose enthalten.
Unabhängig vom Anlass bestehen weitgehend dieselben

Voraussetzungen einer Fortbestehensprognose
Auch im Rahmen des § 19 Abs. 2 InsO ist eine Fortbestehensprognose zu erstellen.

Die Fortbestehensprognose ist eine Zahlungsfähigkeitsprognose, vgl. Bork, ZIP 2000, 1709, 1710.
Bei § 19 Abs. 2 InsO muss geprüft werden, ob die Gesellschaft in Zukunft zahlungsfähig ist oder nicht. Nur wenn die Gesellschaft auch in Zukunft zahlungsfähig ist, ist die Fortführung des Unternehmens zumindest eine Option, vgl. Drukarczyk/Schüler, in: Münchener Kommentar zur InsO, 2. Aufl. 2007, § 19 Rdnr. 51, 53.

Es ist – wie schon die Regierungsbegründung zu § 18 InsO zeigt – eine Prognose anzustellen, in die die gesamte Entwicklung der Finanzlage des Schuldners bis zur Fälligkeit aller bestehenden Verbindlichkeiten einbezogen wird, vgl. Begr. zu § 22 RegE-InsO v. 15.4.1992, BT-Drucks. 12/2443, S. 115.

Die Prognose hat neben allen zu erwartenden Einnahmen auch alle zukünftigen, noch nicht begründeten Verbindlichkeiten zu berücksichtigen. Die vorhandene Liquidität und die Einnahmen, die prognostiziert worden sind, müssen den Verbindlichkeiten, die bereits fällig sind oder im Prognosezeitraum noch fällig werden, gegenübergestellt werden.

Die Fortbestehensprognose ist Zahlungsfähigkeitsprognose und umgekehrt. Unter der eben aufgestellten Prämisse, dass die Fortbestehensprognose Zahlungsfähigkeitsprognose ist und umgekehrt, kann die Praxis auf die in Rechtsprechung und Schrifttum hierfür formulierten Anforderungen zurückgreifen, vgl. zur Erstellung Bork, ZIP 2000, 1709 ff.; Drukarcyk/Schüler, § 19 Rdnr. 58 ff.; Uhlenbruck, § 19 Rdnr. 27 ff.
Insbesondere können die Empfehlungen des Fachausschusses Recht des Instituts der Wirtschaftsprüfer zur Prüfung eingetretener oder drohender Zahlungsunfähigkeit sowie auch immer noch die Empfehlungen zur Überschuldungsprüfung bei Unternehmen – insoweit abweichend von der jetzigen Rechtslage nur mit anderer Wirkrichtung – herangezogen werden, vgl. IDW Prüfungsstandard: Empfehlungen zur Prüfung eingetretener oder drohender Zahlungsunfähigkeit bei Unternehmen (IDW PS 800), i.d.F. v. 22.1.1999, abgedruckt in: WPg 1999, 250 ff., der auf IDW FAR 1/1996 Bezug nimmt; ferner Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl. 2003, § 19 Rdnr.29 und vgl. zur Überschuldungsprüfung Stellungnahme des Fachausschusses Recht des IDW: Empfehlungen zur Überschuldungsprüfung bei Unternehmen (IDW FAR 1/1996), abgedruckt in: WPg 1997, 22, 23 f.
In Anlehnung an diese Empfehlungen läuft die Prognose der Zahlungsfähigkeit in drei Schritten:
Im ersten Schritt erfolgt die Entwicklung einer Unternehmenskonzepts, in dem Zielvorstellungen und Strategien, der Gestaltungsrahmen und die beabsichtigten Handlungsabläufe dargestellt werden.
Das Unternehmenskonzept erfasst zunächst den Ist-Zustand des Unternehmens und des Unternehmensumfelds und blickt von dieser Basis aus in die Zukunft. Neben der künftigen Geschäftstätigkeit sind auch Investitionsprogramme und Finanzierungsmaßnahmen zu berücksichtigen, und zwar alles auch vor dem Hintergrund der zu erwartenden Entwicklung des Unternehmensumfelds.
Das Ausmaß der Analyse hängt vom Umfang des Unternehmens und von der Art des Unternehmensgegenstands ab.

Prognosezeitraum
Nach der Begründung des RegE-InsO ist für die Feststellung der drohenden Zahlungsunfähigkeit als Insolvenzgrund nach § 18 InsO in der Fortbestehensprognose „die gesamte Entwicklung der Finanzlage des Schuldners bis zur Fälligkeit aller bestehenden Verbindlichkeiten“ ins Kalkül einzubeziehen, vgl. Begr. zu § 22 RegE-InsO v. 15.4.1992, BT-Drucks. 12/2443, S. 115.
Damit kann sich der Prognosezeitraum über die gesamte Lebensdauer des Unternehmens erstrecken. Für die Fortführungsprognose im Rahmen des neuen § 19 Abs. 2 InsO empfiehlt sich daher eine Begrenzung des Prognosezeitraums, und zwar auf das laufende Geschäftsjahr und das Folgejahr, vgl. Empfehlung für den Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit nach IDW PS 800. In den Grenzen der Wesentlichkeit muss die Dokumentation vollständig und nachvollziehbar sein. ZInsO 2008 S. 1217 ff.
Voraussetzung für eine Fortführungsprognose ist die Aufstellung eines dokumentierten Finanz- und Ertragsplanes und die Festlegung eines kurz- oder mittelfristigen Prognosezeitraums (vgl. BGH v. 13.7.1992, BGHZ 119, 201, 214)

Beweislast:
1. Die Darlegungs- und Beweislast für eine positive Fortführungsprognose obliegt dem Geschäftsführer,
vgl.
BGH, Urteil vom 18.10.2010 - II ZR 151/09.

Der Bundesgerichtshof führt dazu aus:
Dem Vorbringen des Beklagten ist nicht zu entnehmen, dass er subjektiv den Willen zur Fortführung des Unternehmens der Schuldnerin hatte und objektiv einen Ertrags- und Finanzplan mit einem schlüssigen und realisierbaren Unternehmenskonzept für einen angemessenen Prognosezeitraum aufgestellt hatte (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2006 - II ZR 303/05, ZIP 2006, 2171 Rn. 3; Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 64 Rn. 44 ff. mwN). Es sind auch im Übrigen keine Umstände vorgetragen oder sonst ersichtlich, die in Bezug auf den Stichtag eine positive Fortführungsprognose rechtfertigen könnten. Vielmehr hat der Kläger vorgetragen, dass die Schuldnerin im gesamten Zeitraum seit jedenfalls dem 1. Juli 2007 "von der Hand in den Mund" gelebt, d.h. die nur geringen Umsatzerlöse sofort dazu verwendet habe, neue Waren zu kaufen und einen Teil ihrer drängendsten Verbindlichkeiten zu bezahlen. Es habe weder einen Liquiditätsplan noch eine Gewinn- und Verlustrechnung noch ein Sanierungskonzept gegeben, auch keine Sanierungsbemühungen oder Sanierungsaussichten.

2. Die Beweislast für das Fehlen einer positiven Fortbestehensprognose trägt der den Geschäftsführer auf Schadensersatz in Anspruch nehmende Gläubiger.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.2.1999 – 15 U 107/98
(rechtskräftig; EWiR § 64 GmbHG 2/99 [v. Gerkan])

Die Gemeinschuldnerin war auch entgegen der Ansicht des LG nicht spätestens ab Ende des Jahres 1994 überschuldet. Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen der Gesellschaft nicht mehr die Schulden deckt, oder konkret nach dem neuen zweistufigen Überschuldungsbegriff ausgedrückt: Die Gesellschaft ist überschuldet, wenn sich im Fall ihrer Abwicklung eine Quote von unter 100 % für die Gläubiger ergäbe (rechnerische Überschuldung) und keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für ein Fortbestehen der Gesellschaft spricht (Prognose) (vgl. Karsten Schmidt bei Scholz, GmbHG, 8. Aufl., § 63 Rn. 10).

Beurteilungsspielraum hinsichtlich Fortbestehungsprognose

Der Bekl. durfte und konnte jedoch zur Jahreswende 1994/1995 und bis gegen Ende des Jahres 1996 unwiderlegt von einer günstigen Fortbestehungsprognose ausgehen. Dabei ist ihm, auch wenn – wie hier – feststeht, daß die Gesellschaft rechnerisch überschuldet ist, ein gewisser Beurteilungsspielraum zuzubilligen (vgl. BGH v. 6.6.1994 – II ZR 292/91, NJW 1994, 2220 [2224] = GmbHR 1994, 539). Somit ist in diesem Fall ... eine günstige Fortbestehungsprognose nicht schon allein deshalb zu verneinen, weil der Bekl. eine solche Prognose nur mit Hilfe eines Ergebnis- und Finanzplans als Bestandteil eines Sanierungskonzepts hätte treffen können und dürfen. Denn auch wenn anerkannt wird, daß sich der GF fachkundig beraten lassen muß, erfordert die Gewährung des ihm zuzubilligenden Beurteilungsspielraums, daß er nicht zwingend an einen Ergebnis- und Finanzplan als Bestandteil eines Sanierungskonzepts gebunden ist. Entscheidend ist vielmehr, ob aus der damaligen Sicht eines ordentlichen GF die Annahme einer günstigen Fortbestehungsprognose gerechtfertigt war, wobei es auf nachträgliche Erkenntnisse nicht ankommt (vgl. BGH v. 6.6.1994 – II ZR 292/91, NJW 1994, 2220 = GmbHR 1994, 539). Dabei tragen nach der Auffassung des Senats die Kl. als Gläubiger die Beweislast für eine ungünstige Fortbestehungsprognose. Der BGH hat – soweit ersichtlich – diese Frage noch nicht entschieden, jedoch die Gegenansicht als "zweifelhaft" bezeichnet (vgl. BGH v. 6.6.1994 – II ZR 292/91, NJW 1994, 2220 = GmbHR 1994, 539). Steht – wie in diesem Fall – fest, daß die GmbH zu einem bestimmten Zeitpunkt rechnerisch überschuldet war, so ist es zwar Sache des GF, die Umstände darzulegen, die es aus damaliger Sicht rechtfertigen, das Unternehmen trotzdem fortzuführen. Diese "sekundäre Darlegungslast" des Bekl. als GF ändert jedoch – ebenso wie bei den übrigen Fallgruppen der "sekundären Darlegungslast" – an der Beweislast nichts.

Denn zum einen brauchte der Bekl., wie begründet, einen solchen Ergebnis- und Finanzplan nicht in Auftrag zu geben. Zum anderen sind die Kl. den von dem Konkursverwalter ... in seinem Bericht v. 2.5.1997 getroffenen Feststellungen und den daraus abgeleiteten Ausführungen nicht mit konkreten, nachprüfbaren (substantiierten) Einzelheiten entgegengetreten. Dieser Bericht enthält, wie zuvor im einzelnen dargelegt wurde, so wenig ausreichende Anhaltspunkte für eine ungünstige Fortbestehensprognose, da§ allein der Vortrag des Gegenteils ohne eine weitere in sich schlüssige Begründung keine Veranlassung zur Einholung eines Sachverständigengutachtens bietet, unabhängig davon, daß wahrscheinlich die Kosten eines solchen Gutachtens in keinem angemessenen Verhältnis zu dem streitigen Betrag von 24.195,06 DM standen, § 287 Abs. 2 ZPO.
Zur Entscheidung des OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.2.1999 – 15 U 107/98: Link


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