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Insolvenzrecht A bis Z
Kapitalaufbringung
Die Aufbringung und der Erhalt des Kapitals ist seit jeher Streit- und Prüfungspunkt bei Kapitalgesellschaften.
 

16.11.2012 Qimonda - Pleite: Milliardenklage gegen Infineon / Haftungsrisiken bei der Kapitalaufbringung
Information

Insolvenz der Qimonda
Qimonda, die Infineon Tochter, hat im Januar 2009 beim Amtsgericht München Insolvenz angemeldet. 3200 Mitarbeiter waren allein in Dresden betroffen, weltweit 12.000.
Acht Jahre vorher hatte Siemens auf Grund des risikobehaften, kapitalintensiven Geschäfts mit Chips die Chipsparte unter der Firma Infineon Technologies AG ausgegliedert und an die Börse gebracht und dadurch die Ausfallrisiken auf die Aktionäre und staatlichen Förderer verteilt. Infineon hat sich auf Halbleiter konzentriert, für Speicherchips die Tochterfirma Qimonda gegründet und die Aktien an der Börse gehandelt.
Die Infineon Technologies AG hielt 77,5 % der Anteile. Dreistellige Millionenbeträge an staatlichen Subventionen wurden bereitgestellt zur Errichtung der modernsten Chipfabrik der Welt. Aus Dresden wurde das „Silicon Saxony“ mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 12 Milliarden.
Im Oktober 2008 wurde Umstrukturierungen angekündigt und der Abbau von 4000 der 12000 Arbeitsplätze, davon 1500 in Deutschland. Speicherchips erlitten auf dem Weltmarkt einen hohen Preisverfall. In der Phase der Weltwirtschaftskrise bracht das Chip- und DRAM-Geschäft um die Hälfte ein.
Qimonda war nicht mehr zu retten. Die Sanierung der Firma scheiterte. Die Gründe sind nicht ganz klar. Kurze Zeit später bommte der Markt wieder und konnte die Nachfrage kaum decken.

Folgen der Insolvenz: Klagen in Milliardenhöhe und Verlust der Arbeitsplätze
Fast alle Arbeitnehmer verloren ihren Job.
Der Insolvenzverwalter der Qimonda hat Infineon verklagt auf Schadensersatz in Höhe von 3,3 Milliarden (!) Euro, weil die Sacheinlagen bei Gründung der Gesellschaft  nicht ordnungsgemäß erbracht worden sein sollen, vgl. SZ vom 16.11. 2012. S. 21.
Infineon hat auf Grund des Prozesses eine Rückstellungen für Prozeßrisiken gebildet in Höhe von 326 Millionen (SZ vom 16.11.2012 S. 21).
Die Anwälte der Infineon bestreiten Fehler bei der Bewertung der Sacheinlagen.

Risiken bei der Kapitalaufbringung und von Konzernstrukturen
Die Aufbringung des Kapitals bei Gründung ist oft Gegenstand von Klagen. Im Falle der Insolvenz wird meist mit der Lupe geprüft, ob der Gründungsvorgang ordnungsgemäß erfolgte.
Das Vorsichtsprinzip wird oft außer Acht gelassen. Experten sollten vorher den Gründungsvorgang exakt prüfen und überwachen. Bewertungsprobleme können vermieden werden. Risikogeschäfte sollten unterbleiben.

Bei Konzernen ist das Problem des existenzvernichtenden Eingriffs zu beachten, vgl mein Beitrag unter www.insoinfo.de.


Für Fragen rund um das Gesellschafts- Insolvenz- und Sanierungsrecht stehen ich  mit einem Team von (hausinternen oder externen) Experten gerne zur Verfügung.

Ferne stehe ich bei Streitfällen für eine Wirtschaftsmediation, Klärungshilfe, Moderation oder einem Coaching (einer Partei) zur Verfügung. Manchmal können jahrelange Prozesse mit hohen Kosten und völlig unklarem Ausgang durch sachbezogenes Verhandeln vermieden werden.

Bitte beachten Sie auch meine Beiträge zur Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung auf www.insoinfo.de oder www.Fachanwaltsinfo.de oder rufen Sie mich an.


Hermann Kulzer
Master of Business Adminstration ( EHS Dresden)
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Wirtschaftsmediator

0351 8110233
Kulzer@pkl.com
insoinfo
Verfasser: Hermann Kulzer MBA Rechtsanwalt Fachanwalt Wirtschaftsmediator
28.05.2007 Gefahren beim Beteiligungskauf der GmbH wegen Kapitalaufbringung
Information

Die Kapitalaufbringung bei der GmbH hat Tücken.
Risiken vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung der GmbH und Mißbrauchsbekämpfung (MoMiG)

Der Verkauf oder der Kauf von Geschäftsanteilen ist mit erheblichen Risiken und Streitpotential verbunden.
Es ist für Nichtjuristen oft unverständlich, dass gerade die Gründungsphase, die oft viele Jahre zurückliegt, von entscheidender Bedeutung ist.
Hier müssen Recherchen vorgenommen werden, um keine bösen Überraschungen zu erleben.
Durch das MoMiG wurden die Risiken der verdeckten Sacheinlagen und des Hin-und Herzahlens gemildert. Nachfolgend werden die Risiken nach alter Gesetzeslage und Rechtsprechung dargestellt.

1. Gefahr: Darlehen nach Bargründung

a) Fallbeispiel

Die A-GmbH wird gegründet.
Es liegt der Normalfall einer Bargründung vor, das heißt es muss Stammkapital in Höhe von 25.000 Euro erbracht werden, was auch erfolgt.
Die A-GmbH gewährt dann allerdings dem Gesellschafter A nach einigen Wochen ein Darlehen.

b) Fragestellung

Wurde das Stammkapital ordnungsgemäß erbracht?
Muss im Falle der Insolvenz das Stammkapital und zusätzlich das Darlehen zurückbezahlt werden?
Liegt ein strafbares Verhalten vor?
Welche Ansprüche hat der Gesellschafter?

c) Lösung

  • Es ist keine ordnungsgemäße Zahlung der Stammeinlagen erfolgt, weil diese
    in engem zeitlichen Zusammenhang (Zeitraum bis ca. 6 Monate) an den Gesellschafter zurückgeführt wurden. Der Einlagenanspruch ist nicht durch Erfüllung erloschen und besteht fort, muss daher nochmals erbracht werden, § 19 Abs. 5 GmbHG.
  • Die Versicherung bei Gründung der Gesellschaft, dass das Stammkapital ordnungsgemäß erbracht wurde und zur endgültgen freien Verfügung des Geschäftsführers steht (§ 8 Abs. 2 GmbHG), war falsch.
    Es liegt ein Gründungsschwindel vor, der strafbar ist.
  • Der Darlehensvertrag ist nichtig, weil es ein Scheingeschäft darstellt, vgl. BGH DB 2005, S. 2743. Die Gesellschaft hat daher einen schuldrechtlichen Rückgewähranspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB.
  • Der Gesellschafter hat zwar einen bereicherungsrechtlichen Rückgewähranspruch wegen Verfehlung des Einlagetilgungszwecks. Eine Aufrechnung des Gesellschafters mit dem Bereicherungsanspruch gegen den Anspruch der Gesellschaft auf Erbringung der Stammeinlage ist allerdings gemäß § 19 Abs. 2 GmbHG ausgeschlossen.

    d) Beratungshinweise

    Der Sachverhalt ist anders zu beurteilen, wenn das Darlehen nicht in einem engen zeitlichen Zusammenhang gewährt wird. Auch hier bestehen natürlich erhebliche Risiken.
    Bei einer späteren Zahlung des Gesellschafters auf den vermeintlichen Darlehensrückzahlungsanspruch der Gesellschaft wird der Anspruch auf Leistung der Einlage getilgt, der Inferent erfüllt also wirksam die offene Einlageschuld, BGH GmbHR 2006, S. 43 (anders noch: BGH GmbHR 2003, 231=BGHZ 153, 107).

    Vor dem Kauf von Geschäftsanteilen einer GmbH sollte das ein Spezialist an Hand der Belege und Kontoauszüge prüfen, ob eine Rückgewähr der Stammeinlage vorliegen kann.


    2. Gefahr: Kauf vom Gesellschafter nach Bargründung der GmbH

    a) Fallbeispiel

    Die B-GmbH wird gegründet mit einem Stammkapital von 25.000 Euro.
    3 Monate nach der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister kauft der Geschäftsführer die Büroausstattung und die Fahrzeuge.
    Er kauft sie allerdings von der Einzelfirma, die vorher von B betrieben wurde.
    Die Gesellschaft gerät 2 Jahre später in die Insolvenz.

    b) Fragestellung

    Ist der Kauf der Gegenstände vom Gesellschafter zu beanstanden?
    Ist die Stammeinlage ordnungsgemäß erbracht worden?
    Welche wechselseitigen Ansprüche bestehen?

    c) Lösung
  • Der Kauf des Anlagevermögens vom Gesellschafter erfolgte in engem zeitlichen Zusammenhang zur Bareinlage (Zeitraum bis 6 Monate).
  • Es liegt keine ordnungsgemäße Erbringung des Stammkapitals und eine Umgehung des § 19 Abs. 5 GmbHG vor (sog. verbotenes Hin- und Herzahlen oder verschleierte [ verdeckte] Sacheinlage).
    Definition der verdeckten Sacheinlage: der Tatbestand einer verdeckten Sacheinlage ist dadurch gekennzeichnet, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Sacheinlage dadurch umgangen werden, dass die Gesellschaft zwar eine Bareinlage vereinbart, der Gesellschaft im Ergebnis tatsächlich aber ein anderer Gegenstand als eine Bareinlage zugeführt werden soll. Vgl. Rohwedder GmbHG-Kommentar 4. Auflage, § 19 Rdnr. 121.
  • Der Gesellschafter muss die Stammeinlage nochmals erbringen; die Verjährung richtet sich nach § 19 VI GmbHG und beträgt 10 Jahre.
  • Eine Aufrechnungsmöglichkeit scheitert wegen § 19 GmbHG.
  • Der Kaufvertrag und die zu ihrer Ausführung geschlossenen dinglichen Verfügungsgeschäfte sind entsprechend § 27 Abs. 3 Satz 1 AktG nichtig (BGH GmbHR 2003, S. 1051). Der Insolvenzverwalter muss daher, wenn der Gegenstand noch vorhanden ist, diesen an den Gesellschafter herausgeben und Nutzungsersatz leisten. Insoweit besteht also ein Aussonderungsanspruch des Inferenten (Einleger). Anders verhält es sich, wenn der Gegenstand nicht mehr vorhanden ist. Dann hat der Inferent zwar auch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung, diese Ansprüche müssen aber beim Insolvenzverwalter angemeldet werden und er erhält im besten Fall eine Quote.

    d) Beratungshinweis

    1. Eine Ausnahme von den Grundsätzen zur Vermutung einer verdeckten Sacheinlage gilt bei Vorliegen eines normalen (alltäglichen) Umsatzgeschäftes. Vgl. BGHZ 153, 107 = NJW 2003, 825 Rohwedder / Schmidt Leithoff GmbHG-Kommentar, 4. Auflage, § 19, Rdnr. 126.
    Die für "normale" Umsatzgeschäfte des täglichen Geschäftsverkehrs geltenden Besonderheiten beruhen darauf, dass die Geschäfte unter dem Aspekt der Lehre der verdeckten Sacheinlage unverdächtig erscheinen, weil sie auch mit jedem beliebigen Dritten hätten abgeschlossen werden können und deshalb die Vermutung für das Bestehen einer Abrede über die Erbringung eines anderen Gegenstandes statt der geschuldeten Geldeinlage nicht tragen können. Vgl. Rohwedder s.o. § 119, Rdnr. 126.

    2. Im Gründungsstadium der GmbH kann der Kauf eines Unternehmens oder von Gegenständen, mit denen der vorherige Unternehmenszweck (z.B. der Einzelfirma) maßgeblich herbeigeführt wurde, zu einer Haftung nach § 25 HGB führen, vgl. BGH DB 2004, 1204.
    Ob eine solche Gefahr vorhanden ist, bedarf einer vertieften Prüfung. Ein Ausschluss der Haftung ist durch geeignete Maßnahmen möglich.


    3. Gefahr: Geschäftsvorfälle vor Eintragung der GmbH im Handelsregister

    a) Fallbeispiel

    Die AB-GmbH wird am 1.1.00 errichtet im Wege der Bargründung.
    Die Einlagen werden erbracht.
    Die Gesellschaft wird am 2.1.00 beim Amtsgericht/Handelsregister angemeldet.
    Die Eintragung der Gesellschaft erfolgt nach 14 Tagen, am 16.1.00.
    Zwischen Anmeldung und Eintragung bezahlt der Geschäftsführer die Leasingrate für den PKW und die Miete für das Büro.

    b) Fragestellung

    Waren die Verfügungen korrekt?
    Durfte der Geschäftsführer bereits Zahlungen leisten?

    c) Lösung
  • Die Versicherung der Gesellschafter, dass die Einlagen ordnungsgemäß erbracht wurden und dem Geschäftsführer frei zur Verfügung stehen, ist falsch.
  • Es besteht ein Eintragungshindernis der Gesellschaft im Handelsregister.
  • Die Zahlung der Miete und der Leasingrate ist unzulässig.
  • Durch diese Zahlungen entsteht eine Unterbilanz, die ausgeglichen werden muss.
  • Der Anspruch aus Unterbilanzhaftung unterliegt denselben strengen Regeln der Kapitalaufbringung wie die ursprüngliche Einlageschuld. Vgl. BGH GmbHR 2006, 482.
  • Auch bei der Unterbilanzhaftung ist ein automatisches Erlöschen des Anspruchs durch faktische Zweckerreichung infolge anderweitiger Auffüllung des Haftungsfonds ausgeschlossen.

    4. Gefahr: Verwendung einer Vorratsgesellschaft

    a) Fallbeispiel

    Eine Gesellschaft bietet Vorratsgesellschaften für eine schnelle Verfügbarkeit einer Gesellschaft mit Haftungsbeschränkung an.
    Die Vorratsgesellschaft 1 wurde im Wege der Bargründung gegründet.
    Die Stammeinlage wurde voll erbracht.
    Nach der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister wurde allerdings die Einlage als Darlehn an den Gesellschafter ausbezahlt, der damit die Vorratsgesellschaft 2 gründet.
    3 Monate später werden die Geschäftsanteile an der Vorratsgesellschaft 1 verkauft.
    Vor dem Abschluss des Kaufvertrages wird das Darlehn an die Gesellschaft zurückbezahlt.
    Nach dem Verkauf wird ein neuer Geschäftsführer bestellt, eine Änderung der Firma vorgenommen und dies nach Anmeldung einen Monat später im Handelsregister eingetragen. Ein Jahr später gerät die GmbH in die Insolvenz.

    b) Fragestellung

    Welche Ansprüche hat der Insolvenzverwalter?
    War die Verwendung der Vorratsgesellschaft kontraproduktiv, weil jetzt wesentlich höhere Risiken bestehen als bei der Normalgründung?

    c) Lösung
  • Die Eintragung der Änderung der Firma wird behandelt wie eine wirtschaftliche Neugründung einer Gesellschaft. Es ist eine Offenlegung beim Handelsregister erforderlich, da es sich um eine wirtschaftliche Neugründung handelt bzw. da die Vorratsgesellschaft jetzt erst wirtschaftlich tätig wird.
  • Es ist eine erneute Ausstattung des zwischenzeitlich inaktiven und damit unternehmenslos gewordenen GmbH-Mantels erforderlich.
  • Es muss durch sämtliche Geschäftsführer versichert werden, dass das satzungsmäßige Stammkapital (weiterhin) unversehrt zur freien Verfügung des Geschäftsführers vorhanden ist, § 8 Abs. 2 GmbHG.
  • Ohne diese Versicherung wird die Gesellschaft behandelt wie eine Vorgesellschaft - also wie vor Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister.
  • Die Gesellschafter haften für den nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag. Es besteht eine Differenzhaftung (Vorbelastungshaftung), die vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden kann.
  • Die Differenzhaftung knüpft an den Zeitpunkt der notwendigen Offenlegung der Ausstattung des Unternehmensträgers mit einem Unternehmen gegenüber dem Registergericht an.


    d) Berater- und Literaturhinweise

    Bei Verwendung einer Vorratsgesellschaft und deren Wiederingangsetzung findet praktisch eine doppelte Kapitalaufbringung statt:

    1. bei der Ersteintragung der Vorrats-GmbH
    2. bei erstmaligem Ausstatten der GmbH mit einem Unternehmen

    Zur Haftungsvermeidung sollte bis zur Offenlegung durch Anmeldung der einzutragenden Veränderungen gewartet werden.
    OLG Celle GmbHR 2005, 1496 ff.
    BGH, GmbHR 2003, 1125 ff.
    GmbHR 2004, 50 ff.
  • insoinfo
    Verfasser: Hermann Kulzer, Fachanwalt für Insolvenzrecht; TS Gesellschaftsrecht
    01.05.2006 Abberufung eines Vorstands auf Druck einer Bank wegen Existenzgefährdung
    Information § 84 II AktG, 240 StGB, 17, 19 InsO

    Fall:
    Die beklagte Aktiengesellschaft befand sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten.
    Der Vorstandsvorsitzende ( späterer Kläger ) hatte bereits Insolvenzantrag gestellt.
    Die kreditgebende Bank machte die Prolongation der Kreditlinien davon abhängig, dass der Vorstand vorher abberufen wird.
    Auf Druck der Bank wurde der Vorstand der Aktiengesellschaft vom Aufsichtsrat mit sofortiger Wirkung  abberufen.
    Noch am selben Tag wurden die Kreditlinie verlängert.
    Der Insolvenzantrag wurde zurückgenommen.
    Der frühere Vorstand wehrte sich gegen seine sofortige Abberufung und klagte gegen die Aktiengesellschaft.
    Das Oberlandesgericht München wies die Klage ab.

    Begründung und Kommentar:
    Aus Sicht des Oberlandesgerichts lag ein wichtiger Grund im Sinne des § 84 III AktG vor. Ausnahmsweise kann auch der von einem Dritten ausgeübte Druck einen wichtigen Grund für die Abberufung darstellen, wenn auf andere Weise keine Abhilfe geschaffen werden kann und aus Sicht des Unternehmens ein Festhalten an dem Vorstand zu einer unmittelbaren Existenzgefährdung der Aktiengesellschaft führt, vgl. OLG München, Urteil v.13.10.2005 - 23 U 1949/05 = NZG 2006, Heft 8; NJW-Spezial Heft 4 S.174.

    Das Gericht folgte damit der in der Literatur vertretenen Auffassung, so Hafermehr/Spindler in Münch-Komm-AktG, 2. Auflage § 84 Rdnr. 102.

    Banken können auf Grund dieses Urteils nunmehr versuchen, mehr Einfluss auszuüben auf die Organbesetzung der Aktiengesellschaft und damit unmittelbar auf die Unternehmensführung. Wächst jetzt die Gefahr einer wachsenden Außensteuerung von Dritten ?

    Das Oberlandesgericht hat diese "Außensteuerung" nur im Fall einer unmittelbaren Existenzgefährung ermöglicht. Der Fortbestand der Gesellschaft ist vorrangig. 
    Allerdings kann Druck, ohne nachvollziehbare unternehmerische Gründe, möglicherweise zu Schadensersatzansprüchen gegen den Druck ausübenden Dritten führen oder gar zu strafrechtlichen Konsequenzen, wenn der Tatbestand der Nötigung gemäß § 240 StGB erfüllt ist.

    insoinfo
    Verfasser: Hermann Kulzer, Rechtsanwalt, Tätigkeitsschwerpunkte Gesellschafts- und Insolvenzrecht
    20.01.2006 Kapitalaufbringung bei der GmbH
    Information
    Zur Problematik der Kapitalaufbringung bei der GmbH im Rahmen eines sog. Cash-Pool-Systems 

    I. Der Kläger nahm als Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen der Schuldnerin, einer GmbH, deren Mehrheitsgesellschafter (Vater und Sohn) jeweils getrennt in einem der beiden Parallelverfahren auf Leistung übernommener, angeblich rückständiger Einlagen aus einer Kapitalerhöhung bei der Schuldnerin in Anspruch.

    Vater und Sohn beherrschten neben der Schuldnerin aufgrund maßgeblicher Beteiligung gemeinsam auch die D-GmbH. Diese betrieb seit längerem zusammen mit der Schuldnerin und anderen Unternehmen eines Konzernverbundes bei einer Großbank ein automatisches Cash-Management-System. In dessen Rahmen wurden - wie beim sog. Cash-Pool üblich - zum Zwecke des besseren Liquiditätsmanagements buchungstäglich zu Gunsten oder zu Lasten des sog. Zentralkontos der D-GmbH, über das diese allein verfügungsberechtigt war, sämtliche „Quell- oder Nebenkonten“ der anderen teilnehmenden Konzerngesellschaften „auf Null gestellt“; dabei erfolgte die Übertragung der Guthaben und Debetsalden jeweils mit endgültiger Wirkung.

    Einen Tag nach der am 16.12.1997 für die Schuldnerin beschlossenen Kapitalerhöhung überwies die D-GmbH für die beiden Beklagten die von ihnen zu leistenden Einlagen von je 750.000 DM auf ein - auf Anraten der D-GmbH – eigens bei einer anderen Bank auf kurze Frist eingerichtetes separates Termingeldkonto der Schuldnerin. Unmittelbar nach der Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister am 12.01.1998 wurden die Einlagen, wie von vornherein beabsichtigt, von dem Sonderkonto der Schuldnerin auf ihr einziges Geschäftskonto, das in den Cash-Pool einbezogene „Nebenkonto“, transferiert. Von dort wurde der Gesamtbetrag gemäß der dem Cash-Pool zugrunde liegenden Verrechnungsabrede mit Ablauf desselben Tages  durch Stellung dieses Kontos "auf Null"  wieder abgebucht und dem Zentralkonto der D-GmbH gutgeschrieben; in diesem Umfang verringerten sich die bis dahin im Rahmen des Cash-Pool-Verfahrens auf über 4 Mio. DM angewachsenen Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der D-GmbH. Bis zur Beendigung ihrer Teilnahme am Cash-Pool und der anschließenden Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens erhöhte sich der interne Sollsaldo der Schuldnerin bei der D-GmbH wieder um 1,65 Mio. DM.

    Das Landgericht hat in beiden Prozessen die Klagen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihnen im Wesentlichen stattgegeben und die Revision zugelassen.

    II. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revisionen der Beklagten zurückgewiesen.

    Beide Inferenten haben mit der Einzahlung der Einlagebeträge durch die von ihnen gemeinsam beherrschte D-GmbH auf das zuvor nur für kurze Zeit errichtete Festgeld-Sonderkonto der Schuldnerin nicht  wie für eine ordnungsgemäße Kapitalaufbringung erforderlich  zur freien Verfügung des Geschäftsführers der Schuldnerin geleistet und damit ihre Einlageschuld (§ 19 Abs. 1 GmbHG) nicht wirksam getilgt. Denn dieser Zahlungsvorgang war - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - lediglich Teil eines gegen die Kapitalaufbringungsvorschriften des GmbHG verstoßenden und damit unwirksamen Umgehungsgeschäftes in Form einer verdeckten Sacheinlage.

    Als verdeckte Sacheinlage wird es angesehen, wenn die gesetzlichen Regeln für Sacheinlagen dadurch unterlaufen werden, dass zwar eine Bareinlage vereinbart wird, die Gesellschaft aber bei wirtschaftlicher Betrachtung von dem Einleger aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Einlage getroffenen Absprache einen Sachwert erhalten soll. Eine solche verdeckte Sacheinlage lag hier vor, weil - nach den vom Berufungsgericht revisionsrechtlich einwandfrei getroffenen Feststellungen - die gesamte Einlage, wie von vornherein beabsichtigt, alsbald nach der nur knapp einen Monat später erfolgten Eintragung der Kapitalerhöhung unter Auflösung des Sonderkontos auf das einzige Geschäftskonto der Schuldnerin weitergeleitet und von dort im Rahmen des bestehenden Cash-Pool noch am Abend desselben Tagen kraft der Poolvereinbarung „automatisch“ dem Zentralkonto der von den Inferenten beherrschten D-GmbH gutgeschrieben worden ist mit der Folge einer entsprechenden anteiligen Tilgung der die Einlage seinerzeit erheblich übersteigenden Darlehensverbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der D-GmbH. Aufgrund dieses verrechnungsähnlichen Hin- und Herzahlens ist der Schuldnerin im wirtschaftlichen Ergebnis objektiv nicht der im Kapitalerhöhungsbeschluss verlautbarte Barbetrag, sondern - die Wirksamkeit des Vorgangs unterstellt - die anteilige Befreiung von den gegenüber der D-GmbH bereits seit längerem bestehenden Darlehensverbindlichkeiten aus der Cash-Pool-Verbindung zugeflossen.

    Die Anwendung der Grundsätze über die verdeckte Sacheinlage hat nach der neueren Rechtsprechung des II. Zivilsenats entsprechend § 27 Abs. 3 Satz 1 AktG auch im GmbH-Recht die Nichtigkeit sowohl des schuldrechtlichen als auch des dinglichen Rechtsgeschäfts hinsichtlich der Einlage zur Folge (BGHZ 155, 329). Sie ist – wie der Senat hervorgehoben hat - nicht etwa deshalb suspendiert, weil der Kapitalaufbringungsvorgang bei der Kapitalerhöhung im Rahmen eines Cash-Pool-Systems stattgefunden hat. Auch die in ein Cash-Pool-System einbezogenen Gesellschaften mit beschränkter Haftung unterliegen - ohne dass ein „Sonderrecht“ für diese Art der Finanzierung anerkannt werden könnte - bei der Gründung und der Kapitalerhöhung den Kapitalaufbringungsvorschriften des GmbHG und den dazu entwickelten höchstrichterlichen Rechtsprechungsgrundsätzen. Das ist im Übrigen auch den an der Kapitalerhöhung im vorliegenden Fall Beteiligten bewusst gewesen. Nur deswegen haben sie es - im Ansatz zutreffend - für erforderlich gehalten, die Einlagen nicht sogleich auf das einzige vorhandene, aber in den Cash-Pool einbezogene Gesellschaftskonto der Schuldnerin einzuzahlen, sondern stattdessen den - hier indessen verfehlten - Umweg über ein für wenige Tage neu eingerichtetes Termingeldkonto zu wählen.

    BGH, Urteile vom 16. Januar 2006 – II ZR 75/04 sowie II ZR 76/04,
    GmbHR 2006, S.477, 479, 480

    Vorinstanzen :
    LG Zwickau – Entscheidung vom 24.6.2003 – 5 O 207/02 
    OLG Dresden – Entscheidung vom 10.3.2004 – 18 U 1314/03 und
    LG Zwickau – Entscheidung vom 24.6.2003 – 4 O 220/02 
    OLG Dresden – Entscheidung vom 10.3.2004 – 18 U 1227/03


    Papp/STB/HKL/B/ 

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    Verfasser: Hermann Kulzer, Fachanwalt, Tätigkeitsschwerpunkt Gesellschaftsrecht

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