Ab 8.9.2018 um 21.45 Uhr lief in der Solarworld-Fabrik in Freiberg das letzte Solarmodul vom Band, SZ vom 27.5.2021 S. 23. Mit der Insolvenz des letzten großen deutschen Photovoltaik-Herstellers war die Hoffnungsbranche für den Osten am Ende.
Meyer und Burger wollen ab Juli 2021 in Freiberg in den alten Hallen mit den alten Maschinen, die technologisch aufgerüstet werden, wieder Module produzieren und ausliefern.
Die Energieausbeute soll um 20 Prozent gesteigert werden im Verhältnis zur Produktion früher. Das Unternehmen wirbt ferner mit: -längerer Lebensdauer -Made in Germany/Sachsen -keine Transportkosten aus Asien.
Sachsen soll Energieland werden.
Was passierte mit der Solarindustrie?
1. Solarworld: 2014 noch 680 Mio Umsatz Der Solarmodulhersteller Solarworld hatte laut Pressebericht der Sächsischen Zeitung vom 19. August 2014 wegen des starken Rückgangs der Nachfrage und des Preises auf den Solarmärkten sein Umsatzziel von 680 Millionen Euro verfehlt. Das Ergebnis lag mit 20 Millionen im Minus.
2. Bosch Der Einstieg von Bosch in die Solarbrache im Jahr 2008 kostete Bosch 3,7 Milliarden Euro, vgl. Frankurter Allgemeine Zeitung vom 23.01.2014 S.16.
3. Konkurrenz aus Asien Die billigere Konkurrenz aus den asiatischen Ländern und Managementfehler machte das Geschäft unrentabel. Es entstanden erhebliche Verluste und teilweise erhebliche Abwicklungskosten durch die Abgabe der Solarsparte und den sozialverträglichen Abbau von Arbeitsverhältnissen.
4. Solarunternehmen geriet in der Krise In Deutschland brach der Photovoltaikmarkt wegen einem Überangebot von Produzenten ein. Ein Solarunternehmen nach dem anderen geriet auf Grund des Preisverfalls, sinkender stattlicher Förderung, Überkapazitäten und der Konkurrenz aus Asien in die Krise oder Insolvenz.
5. Betroffene Solarunternehmen:
- Solarhybrid
- Schüco TF GmbH, Großröhrsdorf
Der Bielefelder Schüco-Konzern hatte in seinem Großröhrsdorfer Solarwerk mit 140 Mitarbeitern Solarmodule auf Dünnschichtbasis produziert. Den Standort hatte Schüco nach der Insolvenz des Vorgängers Sunfilm übernommen. Das Werk schloss wegen sinkenden Preisen.
- Solar Millennium
- Solon aus Berlin
- Q-Cells
Standort: Sachsen- Anhalt (Solar Valley) 2.200 Arbeitnehmer Zuständiges Gericht: AG Dessau Mitarbeiter: weltweit: 2.200, davon 1300 am Stammsitz Umsatz: 1 Milliarde Verlust: 846 Millionen Insolvenzantrag: 03. April 2012 Verwalter der Q-Cells: RA Henning Schorisch von HWW
- First Solar
Sitz: Frankfurt an der Oder Mitarbeiter: 1.200 Mitarbeitern Verwalter der First-Solar. RA Wienberg von HWW
- Soltecture GmbH
Hersteller von Dünnschichtsolarmodulen Insolvenzanmeldung: Mai 2012 zuständiges Gericht: AG Charlottenburg insolvenz Verwalter: Hartwig Alber.
- son energy AG
Insolvenzanmeldung: Im Mai 2012 Zuständiges Gericht: AG Neiubrandenburg Verwalter: Karsten Förster von Wutzke Förster
- Sovello
1.250 Mitarbeiter 200 Millionen Umsatz Insolvenzanmeldung: Mai 2012 Zuständiges Gericht: AG Dessa-Roßlau Insolvenz
- Solarworld AG
Hauptsitz: Freiberg Mitarbeiter: 3.300, davon 1.800 in Freiberg Investitionssumme: 1 Milliarde Euro
- Solarwatt AG Dresden (Tochterunternehmen Sunstrom)
450 Mitarbeiter Geschäftsführer : Detlef Neuhaus Geschäftsführer alt: Frank Schneider Umsatz: 190 Millionen Insolvenzanmeldung: Juni 2012 Insolvenzgrund: Streit der Anteilseigner, vgl SZ vom 1.08.2012 S. 20 Zuständiges Insolvenzgericht: AG Dresden Schutzschirmverfahren und Antrag auf Eigenverwaltung Sachwalter (Kontrolleur): Rainer Bär (Verwalter von Sunfilm aus Großröhrsdorf) Sanierungskonzept: WP Andreas Ziegenhagen Insolvenzplan: wurde am 31.07.2012 beim Insolvenzgericht eingereicht Produktion: wurde fortgeführt
- Sunstrom, Dresden
Tochter der Solarwatt AG Dresden Alter: 12 Jahre Umsatz: 25 Millionen Firmengegenstand: Handel mit Photovoltaiktechnik von verschiedenen Firmen Insolvenzantrag Juli 2012 Beschäftigte: 140 Insolvenzverwalter: Rüdiger Wienberg
- Centrosolar Group AG
Die Centrosolar hatte nach gescheiterten Sanierungsmaßnahmen in Form von Kapitalschnitt, Schuldenschnitt und Personalabbau von 250 Stellen das Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung eingeleitet. Sitz: München Vorstandsvorsitzender: Alexander Kirsch Umsatz: 2013 (9 Monate) 85 Millionen Euro, davon im dritten Quartal: 27,5 Millionen Euro (minus 40 %) Verlust: 18,2 Millionen Euro Ebitda (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen): ./. 4,4 Millionen Passiva: 100 Millionen Euro Aktienkurs: 3,60 Euro (minus 18 %) Stand 19. Oktober Mitarbeiter: 750
6. Damalige Gründe der Krise und Bemerkungen 6.1. Überkapazität Es gab früher eine hohe Nachfrage nach Solarzellen, die nicht gedeckt werden konnte. Es schossen weltweit die Solarwerke wie Pilze aus dem Boden- teilweise große Produktionsanlagen. Die weltweite Produktionskapazität betrug mehr als 25 Gigawatt.
Bemerkung: Die Nachfrage lag bei unter 15 Gigawatt. Die Folge war der Preisverfall.
6.2. Änderung der Förderbedingungen In Deutschland wurde die Einspeisung gefördert. Dadurch konnten die Produzenten Traumpreise erzielen. Später mussten sich die Anlagen auch so rechnen.
Bemerkung: Alternative Finanzierungsmodelle waren gefragt.
6.3. Qualitäts- und Wirkungsgradprobleme First Solar produziert Dünnschicht-Module. Der Wirkungsgrad war geringer als bei Silizium- Modulen. Die chinesischen Produkte hatten teilweise einen besseren Wirkungsgrad und waren billiger. Anfänglich scheuten sich Banken Produkte aus China zu finanzieren. Diese Scheu bestand später nicht mehr.
Bemerkung: Qualität, Service und Begeisterung sollten die entscheidenden Faktoren sein. Auch Porsche, Mercedes oder BMW verkaufen nicht ein Stück Auto. Sie bieten ein Komplettpaket an, das begeistert.
6.4. Keine Zusammenarbeit Zwischen den Unternehmen gibt es oft keinen Wissenstransfer oder Erfahrungsaustausch. Man konkurrierte. Jedes deutsche Unternehmen hatte seine eigene Entwicklungsabteilung. Jeder entwickelt für sich und vor sich hin. Gäbe es in Deutschland 30 KfZ- Hersteller, wäre keiner konkurrenzfähig mit Asien ua. Durch die Konzentration gäbe es nach Ansicht vieler eine Konkurrenzfähigkeit. In Deutschland wurde aber nicht die Entwicklung, sondern im Wesentlichen die Energieerzeugung gefördert.
Bemerkung : Die Zusammenarbeit in der Forschung und Entwicklung muss besser koordiniert und gefördert werden.
6.5. Kein Gesamtkonzept Die Branche hatte kein langfristiges Konzept um international konkurrenzfähig zu sein. Auch die Ipads werden in China produziert. Die Entwicklung und Wertschöpfung verbleibt aber in den USA.
Bemerkung: Die Erhaltung der Solarindustrie war auch eine politische Aufgabe. Die Lobby der Solarindustrie muss sich künftig mehr bemerkbar machen.
6.6. Keine Hochtechnologie Solarplatten sind einfacher zu produzieren als Maschinen.
Bemerkung: Warum nicht mehr Hochtechnologie, Kreativität und Design in der Solarindustrie. Solarprodukte können auch schön ausschauen.
6.7. Wettbewerb/ Konkurrenz gegen Länder mit Staatsförderungen China bestimmte den Preis für Silizium. China fördert die Entwioklung und den Bau von Solarzellen mit staatlichen Exportsubventionen. Sie können die Preise für ihre Produkte senken. Die deutsche Konkurrenz kann die Preise nicht einfach senken. Einige Firmen aus Deutschland (z.B. Solarworld AG) und aus den USA hatten bei der Europäiischen Komission gegen chinesische Exportsubventionen Klage eingereicht. In den USA hatte das Handelsministerium Antidumpingzölle von mehr als 30 Prozent über imporierte Solarprodukte aus China verhängt.
Bemerkung: Bei Dumpingpreisen aus Asien könnte auch das neue Engagement deutscher Unternehmen gefährdet werden. Ohne Schutz des Wettbewerbs wird es schwer.
Hermann Kulzer MBA Fachanwalt für Insolvenzrecht Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Wirtschaftsmediator (DIU Dresden International University)
pkl Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Insolvenzverwalter
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