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Insolvenzrecht A bis Z
Vergütung des Insolvenzverwalters Vorschuss

Die Möglichkeit der Entnahme eines Vorschusses nach § 9 InsVV dient nicht allein der Sicherung der Vergütung des Insolvenzverwalters, sondern soll auch dem Gedanken Rechnung tragen, dass der Insolvenzverwalter mit seiner Tätigkeit in Vorleistung tritt und erhebliche Vorhaltekosten für die Ausübung seiner Tätigkeit trägt.


LG Stuttgart, Beschluss vom 15. 08. 2000 - 10 T 149/00


19.02.2024 Vorschuss des Insolvenzverwalters: Welche Tatbestände können die Vergütung erhöhen?
Information 1. Vorschuss
Nach § 9 Satz 1 InsVV kann der Insolvenzverwalter aus der Insolvenzmasse einen Vorschuss unter anderem auf seine Vergütung entnehmen, wenn das Insolvenzgericht zustimmt.

2. Gesetzliche Grundlage
Die Gewährung von Vorschüssen ist nicht in der Insolvenzordnung selbst, sondern nur in § 9 InsVV geregelt. Nach § 9 Satz 2 InsVV soll die Zustimmung zur Entnahme unter anderem erteilt werden, wenn das Insolvenzverfahren länger als sechs Monate dauert.


3. Endgültige Vergütung
Zwar wird sein Anspruch auf die endgültige Vergütung erst mit der Beendigung des gesamten Insolvenzverfahrens fällig, doch entsteht zu Gunsten des Insolvenzverwalters alsbald ein Anspruch auf pflichtgemäße Entscheidung über die Gewährung eines angemessenen Vergütungsvorschusses (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 - IX ZB 53/02, ZIP 2002, 2223 f).

4. Ermessen des Insolvenzgerichts
Jedenfalls unter dieser Voraussetzung ist die Ermessensausübung durch das Insolvenzgericht dahin gebunden, dass die Entnahme eines Vorschusses auf die nach den Maßstäben der §§ 1 bis 3 InsVV verdiente Vergütung nur unter besonderen Voraussetzungen abgelehnt werden darf (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002, aaO S. 2224).
5. Vorschluss unter Berücksichtigung von Zu- und Abschlägen
Der zu bewilligende Vergütungsvorschuss soll die bis dahin erbrachte Tätigkeit des Insolvenzverwalters abgelten.  Die Höhe ist jedenfalls bei ausreichender Liquidität der Insolvenzmasse regelmäßig unter Berücksichtigung der Berechnungsmerkmale der §§ 1 bis 3 InsVV zu bestimmen, vgl. BGH v. 1.10.2002 IX ZB 53/02 NZI 2003, 31 = ZInsO 2002, 1133; Graeber/Graeber InsVV 2022 zu § 9, S. 624. Zuschläge nach § 3(1) InsVV, die dem Insolenzverwalter sicher zustehen, sind bei der Vorschusszustimmung zu berücksichtigen, vgl. Graeber/Graeber InsVV S. 625.

6. Normalverfahren als Ausgangspunkt
In der Rechtsprechung und Literatur wird im Rahmen der Bemessung der Zu- und Abschläge Bezug genommen auf ein sogenanntes "Normalverfahren". Eine Definition des Normalverfahrens einer Unternehmensinsolvenz bieten dabei Haarmeyer/Wutzke/ Förster an und definieren den Normalfall wie folgt:
  • Umsatz bis zu 1,5 Mio Euro
  • Verfahrensdauer bis zu 2 Jahren
  • Prüfung und Verwertung von Fremdrechten im Umfang bis zu 30 Prozent der Schuldenmasse
  • weniger als 20 Arbeitnehmer
  • eiine Betriebsstätte im Inland
  • bis zu 300 Buchungen in der Insolvenzbuchhaltung
  • Forderungsanmeldungen bis zu 50 Forderungen.
7. Angemessenheitsprüfung
Eine Erhöhung der Vergütung über einen Zuschlag nach § 3 (1) InsVV kommt in Betracht, wenn sich das konkrete Verfahren von dem Normalfall typischer vergleichbarer Verfahren abhebt, also die individuellen Verhältnisse im Einzelfall die Geschäftsführung als entweder besonders schwierig oder aufwendig erscheinen lassen, so dass aus diesem Grund ein Missverhältnis zur Regelvergütung entstehen würde, vgl. BGH 15.1.2004 IX ZB 96/03 NZI 2004, 196 = ZInsO 2004, 257; Graeber/ Graeber InsVV 2022, 4. Auflage S. 247 Rdnr. 44.
Ein Insolvenzverwalter braucht sich nicht das Argument der Querfinanzierung seiner Vergütung durch andere Verfahren  vorhalten lassen, da alle Verfahren auskömmlich sein müssen, vgl. BGH  vom 15.1.2004 IX ZB 96/03 NZI 2004, 196 = ZInsO 2004, 257.

8. Zuschläge im Einzelnen

a) Unternehmensfortführung

Führt der Insolvenzverwalter das Unternehmen fort, richtet sich die Höhe des Zuschlags nach dem durch die Betriebsfortführung veranlassten zusätzlichem Aufwand, BGH 10.6.2021 IX ZB 51/19 ZInsO 2021, 1658; Graeber/Graeber InsVV 2022 Kommentar, 4. Auflage zu § 3 S. 269 Rdnr. 78.Die Fortführung des Unternehmens des Schuldners gehört zwar zu den Regelaufgaben eines Insolvenzverwalters, sie ist jedoch entsprechend § 3 (1) b grundsätzlich durch einen angemessenen Zuschlag zu würdigen, wenn nicht bereits die Unternehmensfortführung zu einer Erhöhung der Masse geführt hat, welche mit einer vergleichbaren Vergütungserhöhrung verbunden war, LG Hannover 17.12.2018 11 T 8/18 ZInsO 2019, 1027; Graeber/Graeber InsVV zu § 3 InsVV S. 260 Rdnr. 78.
Das Landgericht Münster hat mit Entscheidung vom 27.4.2012 unter Aktenzeichen 5 T 1569/11 einen Zuschlag in Höhe von 50 Prozent für angemessen erachtet bei einer Fortführung eines mittleren Unternehmens über einen Zeitraum von 2,5 Monaten.
Gleiche Quote hat auch der MünchKommInsO Band 1, 2. Auflage 2007 zu § 3 InsVV angesetzt: Kleines Unternehmens mit bis zu 10 Arbeitnehmern Fortführung bis 1 Jahr:  plus 50 Prozent.

b) Bemühungen um/ Verhandlung wegen übertragender Sanierung :
Zuschlag: + 50 ProzentKübler/Prütting/ Bork InsO § 3 InsVV Rdnr. 116; Graeber/Graeber § 3 InsVV S. 321 Rdnr. 183; Prasse in Kübler/Prütting/Bork InsO § 3 InsVV Rdnr. 116;
bzw. Erhalt von Arbeitsplätzen Haarmeyer/Wutzke/ Förster InsVV 4. Auflage 2007 § 3 InsVV Rdnr. 78:  + 25 Prozent bis 75 Prozent, vgl Graeber/Graeber InsVV 2022 Seite 334, Rdnr. 209

c) Hausverwaltung ohne entsprechende Massemehrung § 3 Abs.1 Buchst. b) 2. Alternative

Wenn der Insolvenzverwalter eine Immobilie verwaltet ohne entsprechende Massemehrung, stellt dies zwar eine Regelaufgabe dar, ist jedoch durch einen angemessenen Zuschlag gemäß § 3 Abs.1 Buchstabe b) 2. Alternative angemesssen zu vergüten, vgl. Graeber/Graeber InsVV  4. Auflage S. 279 Rdn. 94. Wenn er besondere Maßnahmen vornimmt oder Instandsetzungsarbeiten notwendig sind, ist der Zuschlag 50 Prozent, vgl Graeber/Graeber § 3 InsVV S. 279 Rdn. 94.

Unter einer zuschlagsfähigen Häuserverwaltung versteht man die Vermietung, die Sicherung und die Erhaltung de Immobilie auch die Sicherstellung der Energie- und Wasserversorgung sowie die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht BGH v. 24.1.2008 IX ZB 120/07 NZI 2008, 239 = ZInsO 2008, 266.

d) Grundstücke mit Altlasten
Erhebliche Altlasten auf Grundstücken können zu Belastungen des Insolvenzverwalters und zu  Zuschlägen des Insolvenzverwalters führen, vgl Graeber/Graeber § 3 InsVV S. 98 Rdn. 133; Landgericht Bielefeld vom 18.8.2005 23 T 395/04:
  • Übernahme belasteter Grundstücke + 50 Prozent
  • Sanierung + 70 Prozent
  • Auseinandersetzung mit Behörden + 25 Prozent.

e) Anfechtungen

Anfechtungen in besonders großem Umfang unter besonderen Schwierigkeiten  ua durch aufwendige Sachverhaltsermittlungen oder komplizierte Anfechtungslagen: + 50 Prozent, vgl Graeber/Graeber § 3 InsVV S. 301 Rdnr. 135.
Führt der Insolvenzverwalter, der Rechtsanwalt ist, die Anfechtungsrechtsstreitigkeiten selbst durch, kann der die Gebühren und Auslagen nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz als Sondervergütung nach § 5 der Masse entnehmen., was er im Rahmen seines Vergütungsfestsetzungsantrags anzugeben hat.
 
f) Unvollständige/ unzureichende Buchhaltung
 
  • AG Freiburg vom 18.8.2016 8 IN 144/06 + 50 Prozent
  • Aufarbeitung Personalbuchhaltung + 25 Prozent, vgl Prasser in Kübler/Prütting/Bork § 3 InsVV Rand. 116; Graeber/Graeber § 3 InsVV S. 324 Rdn. 190.

g) Dauer des Verfahrens (ohne Schuld des Insolvenzverwalters)
  • LG Münster vom 27.9.2010 5 T 318/10 + 50 Prozent bie 8 Jahren
  • Lorenz/Klanke InsVV 3. Auflage 2017 + 10 Prozent ab 2 Jahre für jedes weitere angefangene Jahr ähnlich Haarmeyer/Wutzke/Förster InsVV § 3 Rdnr. 78.
h) Destruktiver oder obstruierender Insolvenzschuldner
Der Insolvenzschuldner/ bzw Geschäftsführer sind gemäß § 97 InsO verpflichtet, an dem Verfahren mitzuwirken und den Verwalter bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen. Wenn dies nicht erfüllt, kann es zu einer erheblichen Belastung des Verwalters führen, welche durch einen angemessenen Zuschlag auszugleichen ist.Hierzu ist das destruktive Verhalten darzustellen und in welchem Maße dies zu besonderen zusätzlichen und erheblichen Mehrbelastungen geführt hat, dies begründet dann einen Zuschlag, vgl. BGH vom 24.1.2008 IX ZB 120/07 NZI 2008, 239 = ZInsO 2008, 266; Graeber/Graeber InsVV 2022 zu § 3 InsVV S. 328 Rdn. 199.
Beispiel: 
  • Schuldner verweigert jegliche Zusammenarbeit und erschwert dadurch die Tätigkeit des Insolvenzverwalters schwer:  + 35 Prozent, vgl. LG Mönchengladbach vom 5.7.2001 5T 109/01 ZInsO 2001, 750; Graeber/Graeber InsVV 2022 S. 328 Rdn. 199
  • Unkooperativer, flüchtiger Schuldner: bis 25 Prozent,vgl.  MünchKommInsO Band 1, 2. Auflage 2007 § 3 InsVV Rdnr. 23; Graeber/Graeber § 3 InsVV S. 369 Rdn. 294
  • Obstruktives Verhalten: + 25 Prozent
  • unbekannter Aufenthalt + 25 Prozent, vgl Keller, Vergütung und Kosten 3. Auflage 2010 Drn. 335; Graeber/Graeber 2022 S. 369


i) Besondere Eigentumsverhältnisse
Restitution pro Grundstück + 25 bis 80 Prozent
Prasser in Kübler/Bork/ Prütting § 3 InsVV Rdnr. 116
j) Gläubigerausschuss
Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahrens und Graeber/Graeber InsVV 2022 S. 344 Rdnr. 232 :  + 10 Prozent

k) Schwierige Rechtsfragen
Besonders schwierige Rechtsstreitigkeiten 50 bis 100 Prozent, vgl. Graeber/Graeber InsVV S. 374 Rdn. 306 und Keller, vergütung und Kosten in Insolvenzverfahren 3. Auflage 2010 Rdn 335







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Verfasser: Hermann Kulzer MBA Fachanwalt für Insolvenzrecht

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