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07.05.2021 Widerruf der Kammerzulassung des Rechtsanwalts wegen Vermögensverfalls / Insolvenzplan als Chance
Information

BRAO § 14 Abs. 2 Nr.7
Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist gemäß § 14 Abs. 2 Nr.7 BRAO zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interressen der Rechtssuchenden nicht gefährdet sind.

Der Wortlaut der Nr. 7: 

"wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind; ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet oder der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 der Insolvenzordnung, § 882 b der Zivilprozeßordnung) eingetragen ist;"

1. Was sind die Voraussetzungen eines Widerrufs?

a) der Rechtsanwalt muss sich in Vermögensverfall befinden und
b) die Interessen der Rechtssuchenden müssen gefährdet sein.

Zur Gefährdung folgende Begründung im Beschluss des BGH vom 29. 6. 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10; AGH Hamm:

"Mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts ist nach der in § 14  BRAO zum Ausdruck gekommenen Wertung des Gesetzgebers grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Diese Annahme ist regelmäßig schon im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern gerechtfertigt", vgl. st. Rspr., BGH, Beschlüsse vom 5. Dezember 2005 - Rn. 8, und vom 25. Juni 2007 - Rn. 8 .

2. Welcher Zeitpunkt ist für diese Beurteilung maßgeblich?

Grundsätzlich ist maßgeblicher Zeitpunkt der Beurteilung,  ob die Vorausetzungen eines Widerrufs gegeben sind, der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, das ist die Widerrufsverfügung durch die Rechtsanwaltskammer- RAK-).  In der Praxis hat sich der Beruteilungszeitpunkt dann auf den der mündlichen Verhandlung vor dem Anwaltssenat des BGHG verlagert, vgl BRAK-Mitt. 2/2009 S. 42.
Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 29. 6. 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10; AGH Hamm folgendes entschieden:
"Für die Beurteilung der Rechtsmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist nach der mit Wirkung ab 1. September 2009 erfolgten Änderung des Verfahrensrechts allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerspruchsbescheids oder - wenn das nach neuem Recht grundsätzlich vorgeschriebene Vorverfahren entbehrlich ist - auf den Ausspruch der Widerrufsverfügung abzustellen; die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten."

BGH, Beschluss vom 09.07.2013, AnwZ (Brfg) 23/13, vorgehend: AGH Hessen - 01.10.2012 - AZ: 2 AGH 13
"Die behauptete Ordnung der Vermögensverhältnisse eines in Vermögensverfall geratenen Rechtsanwalts ist unerheblich für die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Widerrufs der Zulassung. Der Rechtsanwalt ist insoweit auf ein Wiederzulassungsverfahren zu verweisen."

3. Wann sind die Vermögensverhältnisse eines insolventen Rechtsanwaltes wieder geordnet?

Allein die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beendet nicht den Vermögensverfall. Vielmehr sind die Vermögensverhältnisse eines Schuldners grundsätzlich erst mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens mit welcher der Schuldner das Recht zurückerhält über die vormalige Insolvenzmasse frei zu verfügen (§ 259 Abs.1 InsO) und mit der Ankündigung der Restschuldbefreiung durch Beschluss des Insolvenzgerichts (§ 291 Abs.1 InsO) als geordnet zu betrachten.  

4. Wann findet kein Widerruf trotz Vermögensverfalls statt?

a) Weiterbeschäftigung?
Die Weiterbeschäftigung eines in Vermögensfall geratenen RA in einer Einzelkanzlei vermag nach ständiger Rechtsprechung des Senats eine Gefährdung der Interessen der Rechtssuchenden auch durch weitgehende arbeitsvertragliche Beschränkungen der Befugnisse des angestellten Anwalts nicht auszuschließen, BGH st.Rspr., Beschluss vom 05.02.2005, NJW-RR 2006, 559; BRAK-Mitt. 2/2009 S.42 ff.

b) Sozietät?
Nur eine Sozietät kann die Gefahr dafür bieten, dass auch während der Urlaubszeit oder bei einer etwaigen Erkrankung eines Sozius die Einhaltung der vertraglichen Verpflichtungen des insolventen Rechtsanwalts überwacht werden kann, BGH, Beschl. v. 5.12.2005 - AnwZ (B) 13/05, BRAK-Miitt.2/2006 S: 81 ff.

c) Nur ein Anwalt an einem Standort?
Wenn ein Betroffener in einer Sozietät eingesetzt wird, bei der an einem Standort nur ein Rechtsanwalt vorhanden ist, ist eine Gefährdung von Mandanten effektiv nicht auszuschließen. Anders kann  es in solchen Fällen nur liegen, wenn der betroffene Rechtsanwalt von sich  aus mit einem anderen Rechtsanwalt eine effektive Kontrolle vereinbart und auch tatsächlich sicherstellt oder wenn ein betroffener Rechtsanwalt Mandantengelder gerade auch in bedrängten verhältnissen von jeglicher Gefährdung freigehalten hat, BGH, Beschluss vom 26.03.2006, AnwBl. 2008, 737, 740 ff.

d) Keine Berührung mit Mandantengeldern 
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 2. Januar 2020 – AnwZ (Brfg) 69/19 und BGH. Beschluss vom 5.9.2012- NJW 2013, S. 615. 

Die Zulassung eines Rechtsanwalts ist nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO trotz Vermögensverfalls nicht zu widerrufen, wenn dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Die weitere Tätigkeit des Rechtsanwalts setzt regelmäßig voraus, dass er in einer Anwaltssozietät angestellt ist, die den Schutz der Interessen der Rechtsuchenden vertraglich und organisatorisch sicherstellt; insbesondere muss gewährleistet sein, dass der Rechtsanwalt nicht unkontrolliert mit Mandantengeldern in Berührung kommt.

e) Gefährdung verhindern
Ein Anwalt der seine Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern, darf seine Zulassung behalten, vgl. BGH, Beschluss vom 15.12 2017 AnwZ (Brfg) 11/17 15 ; vom 21.02.2018 AnwZ (Brfg) 72/17 12 ; vom 05.03.2018 AnwZ (Brfg) 52/17 8 ; vom 21.12 2018 AnwZ (Brfg) 33/18 12.

Aber eigene auferlegte Beschränkungen des in Vermögensverfall geratenen Rechtsanwalts sind grundsätzlich nicht geeignet, eine Gefährdung der Rechtsuchenden auszuschließen, vgl. BGH, Beschluss vom 15.12 2017, aaO Rn. 17 mwN ; vom 21.12 2018, aaO.

5. Königsweg?

Der Königsweg bei einem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts ist die Erstellung eines Insolvenzplans im eröffneten Insolvenzverfahren. Im günstigen Fall kann 6 Monate nach Eröffnung die Bestandskraft des Insolvenzplans festgestellt werden. Wir gestalten derartige Insolvenzpläne meist in der Form, dass von dritter Seite eine Einmalzahlung angeboten wird, mit der die Gläubiger besser gestellt werden als bei normaler Regelabwicklung.
Damit die erforderliche Mehrheit für den Insolvenzplan erreicht wird, hat die Insolvenzordnung einen kreative Handlungsmöglichkeiten eröffnet.

6. Weitere Entscheidungen

-Senat für Anwaltssachen 30.1.2006 AnwZ (B) 23/05
-III. Zivilsenat 26.1.2006 III ZB 130/05
-Senat für Anwaltssachen 18.1.2006 AnwZ (B) 79/04
-Senat für Anwaltssachen 10.1.2006 AnwZ (B) 84/05
-VI. Zivilsenat 10.1.2006 VI ZB 26/05 Leitsatz
-VI. Zivilsenat 10.1.2006 VI ZB 28/05
-IX. Zivilsenat 8.llt12.2005 IX ZR 296/01
-Senat für Anwaltssachen 5.12.2005 AnwZ (B) 1/05
-Senat für Anwaltssachen 5.12.2005 AnwZ (B) 96/04
-Senat für Notarsachen 28.11.2005 NotZ 16/05
-Senat für Anwaltssachen 21.11.2005 AnwZ (B) 50/05
-IX. Zivilsenat 17.11.2005 IX ZR 8/04 Leitsatz
-BGH, Beschluss vom 15.09.2008 - AnwZ 109/06

7. Zusammenfassung

Der Widerruf der Zulassung kann vermieden werden.
Im Falle einer Insolvenz ist der Insolvenzplan der Königsweg zur Erhaltung der Zulassung.  Der Insolvenzplan muss jedoch rechtzeitig erstellt und vorgelegt werden.  Gleiche Problem mit der Kammerzulassung bei Vermögensverfall haben auch  Architekten, Steuerberater, Wirtschaftprüfer, Ärzte, Notare.
Auch hier gelten die vorbenannten Grundsätze.

Wir haben schon zahlreiche kammerzugehörige Selbständige (Notar, Rechtsanwälte, Architekten, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater) saniert und stehen ihnen gerne für die (Mit)Erstellung eines Insolvenzplanes zur Verfügung.

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Verfasser: Hermann Kulzer, MBA Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht Wirtschaftsmediator
 
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