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04.03.2007 § 266 a StGB: Sanktionen für die Nichtabführung der Sozialversicherungsbeiträge in der Krise
Information Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Strafbarkeit wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt - Vorrangrechtsprechung zu § 266 a StGB

1.Vorspann
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat sich in drei Entscheidungen mit dem Problem beschäftigt, ob bei Insolvenzreife einer GmbH noch die Pflicht der GmbH besteht, die Sozialversicherungsbeiträge abzuführen (BGHSt 47, 318; 48, 307 und BGH NJW 2005, 3650).
Die zentrale Frage ist:
Sind die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung gegenüber sonstigen Verbindlichkeiten vorrangig abzuführen? Woraus läss sich ein Vorrang ableiten und inwieweit kollidiert ein Vorrang mit anderen, gegenläufigen Pflichten des Geschäftsführers, anderen Rechtsgebieten und Wertungsmaßstäben?

2. Der 5. Strafsenat des BGH bestätigte seine Rechtsprechung, dass die Gesamtsozialversicherungsbeitrags i. S. des § 28 I SGB IV vorrangig vor anderen Verbindlichkeiten zu befriedigen sind.
Der Vorrang leitet sich nach Ansicht des BGH aus der Strafbewehrung des Vorenthaltens gemäß § 266 a I StGB ab.

3. Kritik
Die Entscheidungen des 5. Senats haben erhebliche Kritik hervorgerufen.
a) Eine Gleichbehandlung der Gläubiger ist in § 1 I InsO normiert.
Diese normierte Gleichbehandlung könnte mit der vom 5. Strafsenat geforderten Vorrangigkeit kollidieren. Dazu führt der BGH aus, dass die Regelung der Insolvenzordnung keine Wirkung für die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfalten könne, vgl. BGH NJW 2005, 3650. Der Insolvenzverwalter könne aber über die Insolvenanfechtung gemäß § 129 ff. InsO das im Rahmen anfechtbarer Rechtshandlungen Erlangte zur Masse zurückverlangen (§ 143 InsO) .
b) Im Gesellschaftsrecht besteht die Pflicht zur Masseerhaltung, die mit der strafrechtlichen Handlungspflicht kollidieren könnte.
Dazu führt der 5. Strafsenat aus, dass im Rahmen der Drei-Wochen-Frist des § 64 I GmbHG die Pflicht zum Abführen der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung suspendiert sei, da der Pflichtige innerhalb dieser Frist prüfen müsse, ob die Gesellschaft sanierungsfähig ist, vgl. BGH NJW 2005, 3560 (3562).
Nach Ablauf der Frist entfalle nach Ansicht des Strafsenats die Suspendierung und die Pflicht zur Beitragsabführung lebe wieder auf.
Probleme entstehen nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist, wenn der Geschäftsführer tatsächlich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt hat. Denn die Pflicht des Geschäftsführers zur Masseerhaltung nach § 64 II GmbHG besteht fort. Wie der 2. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden hat, verstößt die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge - zur Vermeidung der Strafbarkeit aus § 266 a StGB - gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Geschäftsführung i. S. des § 64 II S. 2 GmbHG, vgl. BGH, NJW 2005, 2546 (2548).
Ein Ausweg könnte bestehen, wenn die starke vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet wurde oder bei Anordnung eines Zustimmungsvorbehaltes, wenn dem Geschäftsführer die Zustimmung zur Zahlung der Beiträge durch den vorläufigen Verwalter verweigert wird. In diesem Fall bestünde eine rechtliche Unmöglichkeit. In der Literatur wird dann aber die mögliche Strafbarkeit des Insolvenzverwalters diskutiert, vgl. Joecks, in Bittmann § 28 Rdnr. 6 ff.

4. Zusammenfassung und Stellungnahme
Die Entscheidungen des 5. Strafsenats des BGH sieht eine vorrangige Pflicht zum Abführen von Sozialversicherungsbeiträgen vor. Diese Pflicht kollidiert allerdings mit der Rechtsprechung des 2. Zivilsenates des Bundesgerichtshofs, der die Pflicht zur Masseerhaltung als vorrrangig ansieht.
Nach meiner Auffassung kollidieren die verschiedenen Auffassungen der Senate nicht:
a) Wer die Drei-Wochen-Frist zur Anmeldung des Insolvenzverfahrens verpasst, macht sich strafbar wegen Insolvenzverschleppung und er haftet für Neuverbindlichkeiten persönlich.
b) Wer die SV-Beiträge nicht abführt, macht sich strafbar wegen Veruntreuung gemäß § 266 a StGB.
c) Wer SV-Beiträge abführt, obwohl er schon länger die Insolvenz hätte anmelden müssen, bleibt strafbar wegen Insolvenzverschleppung und haftet gegebenenfalls persönlich. Der Gesetzgeber will die Sozialkassen schützen, da diese kein Zurückbehaltungsrecht wie andere Vertragspartner bei Nichtleistung haben.

Die Strafrechtsrechtsprechung sanktioniert Verstöße konsequent und möchte mitwirken, dass die Unternehmer rechtzeitig die Insolvenz einleiten.
Wer dagegen verstößt haftet straf- und zivilrechtlich. Die Probleme im Insolvenzeröffnungsverfahren lassen sich durch geeignete Maßnahmen vermeiden.

5. Weitere Rechtsprechung zu § 266 a StGB und Literaturhinweis
Die Haftung eines Geschäftsführers nach §§ 823 BGB, 266 a StGB für offene Sozialversicherungsbeiträge wurde vom OLG Dresden bestätigt. Laut Urteil kann sich der Geschäftsführer nicht damit verteidigen, eine Zahlung wäre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Insolvenzverwalter angefochten worden (sog. Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens).
Zur Strafbarkeit wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt, Dr. Lars Kutzner, Berlin NJW 2006, S. 413 ff.

6. Angebot
Damit stellt für den Unternehmer die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen ein Risko dar, das ohne Aufklärung und Risikovorsorge zu schwerwiegenden zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen führen kann. Eine kompetente Rechtsberatung und Vertretung durch Fachanwälte - möglichst im Vorfeld - ist mehr als sinnvoll.
Wir beraten oder vertreten Sie gerne.

 

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Verfasser: Hermann Kulzer, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
 
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