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Insolvenzrecht A bis Z
P&R
Der Schiffscontainervermieter P&R hatte für Anleger in seinen Prospekten attraktive Zins- und Gewinnausschüttungen angeboten.
54.000 Anleger investierten über 3 Milliarden in die Münchner Gesellschaft.

Laut Buchwerk wurden 1,6 Millionen Container gekauft.
Die Gesellschaft geriet im März 2018 in die Insolvenz.  Der Insolvenzverwalter ist Dr. Jaffe.
Er hat aber nur 600.000 Container ermitteln können.

Im Raum stehen Scheingeschäfte, Scheincontainer und Anlage- und Bilanzbetrug.

Alte Anleger, die aussteigen wollten und Auszahlungen erhielten, konnten angeblich nur mit dem Geld der neuen Anleger befriedigt werden.

Hatte der Altanleger jetzt einen richtigen Container oder einen Scheincontainer?

Es könnte ein Schneeballsystem vorliegen.

Es gibt Rechtsprechung, die Auszahlungen im Rahmen eines Schneeballsystems als unentgetliche Leistung  - also wie eine Schenkung- ansehen.

Die Insolvenzordnung (InsO) ermöglicht es dem Insovlenzverwalter gemäß §  134 InsO unentgeltliche Leistungen in den letzten vier Jahren vor dem Insolenzantrag im Wege der Insolvenzanfechtung zurückzufordern.

Anfechtungsrisiken bestehen daher für Anleger, die Auszahlungen erhilelten, bis März 2014 zurück.

Ob aber ein Schneeballsystem vorliegt, ist jedoch fraglich- jedenfalls höchst streitig.

Ein solches Schneeballsystem ist für die P&R bisher von keinem Gericht rechtskräftig festgestellt worden.
Der Prozeß gegen den Firmengründer, Heinz Roth, wurde (Stand 31.8.2019) vom Landgerciht München wegen Krankheit des Betroffenen ausgesetzt.


Der Bundesgerichtshof hatte vor Jahren über einen anderen Fall entschieden, der Phönix Kapitaldienst GmbH. Der Vorstand hat hier Konten fingiert mit hohen Guthaben. Wesentliche Umsätze wurden daher in Wirklichkeit gar nicht gemacht. Bei dieser gab es laut rechtskräftigem Urteil Ausschüttung von Scheingewinnen an Anleger. Der BGH entschied im Urteil vom 11.12.2008 - IX ZR 195/07, dass die  Anleger auch nicht die Möglichkeit haben, gegen diesen Anspruch mit Schadensersatzansprüchen aus der Verletzung der Vertragspflichten aufzurechnen, um so die Anfechtung ins Leere laufen zu lassen. Grundsätzlich können Schadensersatzansprüche lediglich als Insolvenzforderungen angemeldet werden, mit der bloßen Erwartung auf eine Quotenzahlung.


Was können betroffene Anleger bei der P&R also tun?

Der Insolvenzverwalter muss etwaige Ansprüche aus Insolvenzanfechtung i nnerhalb der Dreijähresfrist einklagen. Wenn er diese Frist verpasst, kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden. Er kann die Frist durch Mahnbescheid unterbrechen oder durch Verhandlungen oder durch eine Verjährungsverzichtserklärung.
Vorliegend fordert er von den Betroffenen eine Verjährungsverzichtserklörung bzw eine Hemmnisvereinbarung.

Ich empfehle, eine solche Erklärung abzugeben mit dem Vermerk: "soweit nicht schon Verjährung eingetreten ist". Auch würde ich die Hemnniserklörung auf reine Insolvenzanfechtungsansprüche beschränken.   Im Raum stehen nämlich auch normale bereicherungsrechtliche Ansprüche, die schon lange verjährt sein können.

Es gibt noch zahlreiche Hürden, die der Insolvenzverwalter nehmen muss, wenn er die Ansprüche erfolgreich durchsetzen möchte. Ein Auszug der Hürden, die er nehmen müsste:

  • Schneeballsystem mit Scheingeschäften liegt vor und kann nachgewiesen werden
  • tatsächlich hat die Gesellschaft keinen Gewinn, sondern einen Verlust erziehlt
  • bisherge Bilanz ist nichtig und kann nicht durch Zeitablauf geheilt werden
  • Auszahlung muss der Vorstand in Kenntnis der tatsächlichen Verluste vorgenommen haben
  • Auszahlung muss der Vorstand als unentgeltliche Leistung gewollt haben und nicht als Erfüllung einer vertraglichen oder gesellschaftsrechtlichen Schuld
  • keine Entreicherung beim Anleger durch besondere Ausgaben
  • keine Verjährung der Forderung
  • fehlendes Realisierungschance wegen Vermögenslosigkeit und fehlendem pfändbaren Einkommen des Anlegers
_
Der Iinsolvenzverwalter hat jedenfalls die Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen einer Schenkungsanfechtung - dazu gehört also ein Schneeballsystem und dass eine unengeltiche Leistung gewollt war.

Nach der neueren Rechtsprechuing des BGH scheidet eine Schenkungsanfechtung nämlich aus, wenn der Leistende eine vertraglcihe Verpflichtung erfüllen wollte.

Es gibt daher gute Chancen den Anspruch zurückzuweisen.
Als letzter Einwand bleibt dem Anleger die Entreicherungseinrede - das heißt, dass die Mittel verbraucht wurden in ein  neues Investment, besondere Urlaubsreisen oder durch die Zahlungen der Steuern auf diese Anlage.

Für Fragen und Hilfe stehe ich Ihnen als Fachanwalt gerne zur Verfügung:


Hermann Kulzer, MBA
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht


Augsburg, Dresden

21.10.2021 P & R Container Vertriebs- und Verwaltungs- GmbH: Insolvenzanfechtung durch RA Jaffé von Auszahlungen an Finanzanleger/ Was tun?
Information
  1. Den von Dr. Jaffe als Insolvenzverwalter der P&R Vertriebs- und Verwaltungs- GmbH gegen die Anleger der  P&R geltend gemachten Anfechtungsansprüchen liegt der nachfolgen Sachverhalt zugrunde.
    Die Darstellung wird von mir mit rechtlichen Ausführungen und Hinweisen  ergänzt.

  2. Vorfrage: Hemmung oder nicht?

    Vorab die einige Anleger interessierende Frage:

    Soll man die Erklärung über die Hemmungsvereinbarung hinsichtlich der Verjährung der Ansprüche, wie sie von RA Dr. Jaffe angeboten wird, unterzeichnen oder nicht ?

    Meine Antwort: ja.

    Ich würde sie unterzeichnen, weil Dr. Jaffe andersfalls die Klageerhebung angedroht hat und diese sicherlich auch vornehmen wird.
    Dadurch entstehen erhebliche zusätzliche Kosten.
    Die Hemmungsvereinbarung soll die Chance eröffnen, den Anfechtungsanspruch in mehreren Musterverfahren vor Gericht klären zu lassen. Wenn der Bundesgerichtshof die Anfechtbarkeit ablehnen würde, würde Dr. Jaffe wohl aufgeben.

    Es müssen daher nicht alle Anleger verklagt werden, wenn der Bundesgerichtshof erst noch einen Fall mit einem vollständigen Sachverhalt prüfen und entscheiden muss.

  3. Was hat die P&R gemacht?

    Der Schiffscontainervermieter P&R hatte für Anleger in seinen Prospekten attraktive Zins- und Gewinnausschüttungen angeboten. 54.000 Anleger investierten über 3 Milliarden in die Münchner Gesellschaft.

    Laut Buchwerk wurden 1,6 Millionen Container gekauft. Die Gesellschaft geriet im März 2018 in die Insolvenz. Zum Insolvenzverwalter wurde Dr. Jaffe.  Er hat aber nur 618.000 Container ermitteln können.

    Woher will Herr Dr. Jaffe allerdings wissen, ab wann , wieviele Container fehlten- es ist ja auch denkbar, dass Container später beiseite geschafft wurden? 
    Mit der Feststellung des Insovlenzverwalter jedoch, scheinen  jetzt Geschäftsjahre mit testierten Bilanzen mit ausgewiesenen und spoüter ausbezahlten Gewinnen keine Bedeutung mehr zu haben.

    Eine Feststellung mit einer derartigen weitreichenden Bedeutung? 

  4. Krise, Insolvenz und ein angebliches Schneeballsystem

    Spätestens seit Ende des Jahres 2010 - wahrscheinlich schon früher- sei die P&R nicht mehr in der Lage gewesen, mit den aus der Vermietung der Container erzielten Einnahmen ihre gegenüber den Anlegern bestehenden Verbindlichkeiten auf Zahlung der garantierten Tagesmietsätze bzw Mietzinsen und Durchführung von Rückkäufen der Container von den Anlegern nach einer bestimmten Laufzeit (5 Jahre  o.a. ) zu decken.

    Das behauptet der Insolvenzverwalter.

    Dr. Jaffé behauptet,  dass die P&R ein "Schneeballsystem" betrieben habe. Alte Anleger, die aussteigen wollten und Auszahlungen erhielten, konnten angeblich nur mit dem Geld der neuen Anleger befriedigt werden.
    Dies soll ein Schneeballsystem begründen- ein Schneeballsystem begründe eine Insolvenzanfechtung- genauer gesagt- eine Anfechtung einer unentgeltlichen Leistung.

    Alles war innerhalb von 4 Jahren vor Insolvenz "geschenkt" wurde, kann im Wege der Schenkungsanfechtung vom Insolvenzverwalter zurückgefordert werden.

    Hatten der Altanleger aber nicht -wie sie glaubten - ihre eigenen gekauften Container, die von der P&R vermietet wurden und sind die Zahlungen der P&R auf die vereinbarte Miete und für den Rückkauf nicht die vereinbarte Gegenleistung gewesen? Bestand daher im Moment der Leistung an die Anleger nicht der Wille der P&R an der normalen Vertragserfüllung?

    Die P&R wollte doch nichts unentgeltlich zuwenden- sie wollte doch normal ihrer Verpflichtung erfüllen- und das hatte sie auch über viele Jahre gemacht. Die Gesellschaft existierte über 10 Jahre, war erfolgreich, zahlte Steuern, und hat ihre Jahresabschlüsse erstellt, in denen Gewinne ausgewiesen und testiert wurden. Natürlich wurden auch Inventuren durchgeführt und das Anlagevermögen überprüft.
    Weil der Insolvenzverwalter jetzt nur noch 600. 000 Container ermitteln konnte, ist das der Beweis, dass die anderen Container fehlten oder fehlen?
    Soll das als Nachweis für ein illegales Schneeballsystem ausreichen?
    Soll das also eine Unentgeltlichkeit der Zahlungen an die Anleger darstellen?

    Das ist alles höchst streitig.

  5. Rechtslage

    Es gibt Rechtsprechung, die Auszahlungen im Rahmen eines Schneeballsystems als unentgetliche Leistung  - also wie eine Schenkung- ansehen.

    Die Insolvenzordnung (InsO) ermöglicht es dem Insovenzverwalter gemäß §  134 Abs.1 InsO unentgeltliche Leistungen in den letzten vier Jahren vor dem Insolenzantrag im Wege der Insolvenzanfechtung zurückzufordern.

    Anfechtungsrisiken bestehen daher für Anleger, die Auszahlungen erhielten  zwischen dem 15.3.2014 und dem 15.3.2018 (Tag der Insolvenzantragstellung) .

    Ein Schneeballsystem ist für die P&R bisher nicht höchstrichterlich festgestellt worden.

    -Das Landgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 12.10.2020 einer Klage des Insolvenzverwalter stattgegeben.
    -Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 7.12.2020 die Anfechtbarkeit der Auszahlung des "Gewinnanteils"  bejaht, die Anfechtbarkeit der Mietzahlungen dagegen verneint. 
    Die Berufung des Insolvenzverwalters wurde vom OLG München zurückgewiesen- dagegen legte er Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof ein
    -Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 15.6.2021 die Anfechtbarkeit  hinsichtlich der Mietzahlungen bejaht.

    Der Bundesgerichtshof hatte vor Jahren über einen anderen Fall entschieden, der Phönix Kapitaldienst GmbH. Der Vorstand hat Konten fingiert mit hohen Guthaben. Wesentliche Umsätze wurden daher in Wirklichkeit gar nicht gemacht. Bei dieser gab es laut rechtskräftigem Urteil Ausschüttung von Scheingewinnen an Anleger. 

    Auch das Urteil der OLG München ging mindestens für die relevanten Jahre vor dem Insolvenzantag von einem Schneeballsystem aus, woran auch die zum Teil tatsächlich vorhandenen Container nichts änderten.

    Das Gericht führte aus:
    „Insoweit ist es unschädlich, dass die Schuldnerin nicht ausschließlich betrügerisch tätig war, sondern zu einem Gutteil auch tatsächlich wirtschaftete.“

    Das Gericht stützt seine Wertung auf das BGH-Urteil zu den Phoenix-Fällen. Das Münchner Gericht verneinte aber die Anfechtbarkeit, soweit keine (nicht existenten) Gewinne ausbezahlt wurden.


    Der BGH entschied im Urteil vom 11.12.2008 - IX ZR 195/07, dass die  Anleger auch nicht die Möglichkeit haben, gegen diesen Anspruch mit Schadensersatzansprüchen aus der Verletzung der Vertragspflichten aufzurechnen.

  6. Hürden des Insolvenzverwalters

    Es gibt noch zahlreiche Hürden, die der Insolvenzverwalter nehmen muss, wenn er die Ansprüche erfolgreich durchsetzen möchte.

    Ein Auszug der Hürden, die er nehmen müsste:

  • Schneeballsystem liegt vor und kann nachgewiesen werden
  • Gesellschaft hat im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich keine Gewinne erzielt 
  • alte Bilanz ist nichtig und kann nicht durch Zeitablauf geheilt werden
  • Auszahlung muss der Vorstand in Kenntnis der tatsächlichen Verluste vorgenommen haben
  • Auszahlung muss der Vorstand als unentgeltliche Leistung gewollt haben und nicht als Erfüllung einer vertraglichen oder gesellschaftsrechtlichen Schuld
  • keine Entreicherung beim Anleger durch besondere Ausgaben
  • keine Verjährung der Forderung
  • fehlende Realisierungschance des Insolvenzveralters wegen Vermögenslosigkeit und fehlendem pfändbaren Einkommen des Anlegers

Der Insolvenzverwalter hat die Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen einer Schenkungsanfechtung - dazu gehört also ein Schneeballsystem und dass eine unengeltiche Leistung gewollt war.

Nach einer Entscheidung des BGH scheidet eine Schenkungsanfechtung nämlich aus, wenn der Leistende eine vertragllche Verpflichtung erfüllen wollte.

Es gibt daher Chancen,dass die Insolvenzanfechtung nicht begründet ist und die geltend gemachten Ansprüche zurückgewiesen werden.

Von der Insolvenzanfechtung betroffenen Anlegern stehe ich als Fachanwalt für Insolvenzrecht gerne beratend/helfend zur Verfügung.


Hermann Kulzer, MBA
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Wirtschaftsmediator (uni DIU) 


Augsburg, Dresden,Berlin

Kulzer@pkl.com 


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Verfasser: Hermann Kulzer MBA, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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