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Mobbing im Unternehmen

Mobbing im Unternehmen (Kurzversion) 

I. Allgemeines

  • Was ist Mobbing?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) definiert Mobbing als 
"das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte".

Der EuG hat in einem Urteil den Mobbing-Begriff präzisiert als ein "ungebührliches Verhalten, das über einen längeren Zeitraum, wiederholt oder systematisch in Verhaltensweisen, mündlichen oder schriftlichen Äußerungen, Handlungen oder Gesten zum Ausdruck kommt".

Die Würde und die Gesundheit ihrer Mitarbeiter hat der Arbeitgeber zu wahren. Durch den "Inhalt und ein besonders niedriges Niveau der Äußerungen" können Herabwürdigungen sowohl der Arbeit als auch der Person erfolgen und dies sei missbräuchlich.

  •  Strafbares Handeln und Strafanzeige?

Mobbing am Arbeitsplatz als solches ist nicht strafbar. 
Jedoch können einzelne Handlungen die Grenze zur Strafbarkeit überschreiten und der Straftatbestand der Beleidigung, der üblen Nachrede oder der Körperverletzung erfüllt sein gemäß §§ 185 ff. StGB; §§ 223 ff. StGB; §§ 177, 178 StGB.

  •  Nachweis durch Mobbinghandbuch

Hat der/die Betroffene den Eindruck, dass es sich um ein systematisches Handeln/Vorgehen handelt, sollte sie/er ein Mobbingtagebuch führen, in dem er die einzelnen Vorfälle nach Tag und Uhrzeit und eventuelle Beweismittel (z.B. Zeugen, E-Mails etc.) notiert.

In der Praxis zeigen sich bei der Dokumentation oft erhebliche Defizite.

Dies führt später zu erheblichen Prozessrisiken.

Auch entstandene Gesundheitsbeeinträchtigungen und Arztbesuche sollten erfasst werden.

  •  Pflichten des Arbeitgebers

1. Fürsorgepflicht

Der Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Arbeitnehmern. Das bedeutet, dass er das Persönlichkeitsrecht, die Gesundheit und die Ehre seiner Arbeitnehmer (Art. 1 und 2 GG) schützen und sie vor psychischer Belastung bewahren muss. 

Mobbing kann durch Kollegen, durch Vorgesetzte oder vom Arbeitgeber erfolgen. Der Arbeitgeber ist aufgrund seiner Fürsorgepflicht und § 75 Abs. 2 BetrVG verpflichtet, betroffene Arbeitnehmer vor Mobbing zu schützen. 

Um weitere Mobbinghandlungen zu verhindern, kann und muss der Arbeitgeber die ihm zur Verfügung stehenden arbeitsrechtlichen Mittel einsetzen. 

Hierzu gehören – je nach Schwere des Einzelfalls – die Rüge oder Ermahnung, die Abmahnung, die Versetzung oder als letzte Möglichkeit auch die Kündigung gegenüber dem Mobber.  

2. AGG als Schutznorm des AN 

Neben der Fürsorgepflicht ergibt sich auch aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eine Verpflichtung des Arbeitgebers. 

Danach sind bei Belästigungen wegen eines durch das AGG geschützten Merkmals geeignete Maßnahmen zum Schutz des Mitarbeiters zu ergreifen. Das AGG schützt vor Diskriminierungen wegen Rasse, ethnischer Herkunft, Religion und Weltanschauung, Alter, Geschlecht, Behinderung oder sexueller Identität.

3. Geeignete Maßnahmen

Bei Kenntnis von Mobbingvorfällen muss der AG wirksame Maßnahmen ergreifen,  z. B. durch Mitarbeitergespräche- gegebenenfalls mit Zeugen, Abmahnungen, Versetzungen oder Kündigungen.
Eine Kündigung des Mobbenden kann unter Umständen auch fristlos erklärt werden, z. B. wenn Gesundheitsschäden beim Betroffenen eingetreten sind. 

Bleibt der Arbeitgeber trotz Kenntnis von den Mobbingvorwürfen untätig, kann der Betroffene von ihm Schadensersatz, beispielsweise für Therapie- oder Rechtsverfolgungskosten und Schmerzensgeld verlangen. 

  • Einschränkungen / Ausschlussfristen für Arbeitnehmer?

Im Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder in einem Tarifvertrag können Ausschlussfristen enthalten sein.

Solche Ausschlussfristen gelten nach Meinung des BAG auch für Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche wegen Mobbings. 

Die Ausschlussfrist wegen einer systematischen, sich aus mehreren einzelnen Handlungen zusammensetzenden Verletzungshandlung beginnt laut BAG erst mit der zeitlich letzten Mobbinghandlung.

  • Abgrenzung: Kritik von Mobbing

Nicht jede berechtigte oder auch überzogene Kritik durch den Arbeitgeber stellt sofort eine Persönlichkeitsverletzung dar.

Mobbing ist das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren durch Kollegen oder Vorgesetzte. Die Besonderheit liegt darin, dass nicht einzelne, sondern die Zusammenfassung mehrerer Einzelakte in einem Prozess zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder der Gesundheit des Arbeitnehmers führt.  Hierfür ist der vermeintlich gemobbte Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig. 

  • Vertreten müssen oder: Muss der Arbeitgeber "schuld" sein?

Eine Schadensersatzpflicht besteht nur, wenn der Arbeitgeber/in die Rechts- oder Rechtsgutsverletzung  "vertreten" muss. 

Das ist auch dann der Fall, wenn die Arbeitgeberin ein sogenanntes Organisationsverschulden trifft, wenn sie also ihren Verpflichtungen aus § 12 AGG nicht nachgekommen ist. 

Für die Rechtsprechung widerspricht ein Vertreten-Müssen nicht der europäischen Richtlinie, deren Ausfluss das AGG ist. Viele namhafte Vertreter sind daher der Auffassung, dass für einen Schadensersatzanspruch kein Verschulden der Arbeitgeberin erforderlich sei. 

Bei Ansprüchen auf Ersatz eines immateriellen Schadens ist nach einhelliger Meinung ein Verschulden des Arbeitgebers nicht erforderlich. 
Einigkeit besteht auch darüber, dass ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot immer einen immateriellen Schaden begründet.

  • Folgen des Mobbing/Krankheit als Folge des Mobbing 

Zahlreiche Studien und Untersuchungen zeigen, dass Mobbing erhebliche gesundheitlichen Folgen hat. Mobbing ist jedoch keine Berufskrankheit - auch kein Arbeitsunfall, der von der gesetzlichen Unfallversicherung entschädigt wird.  

  • Treuwidriges Warten des Arbeitnehmers mit der Geltendmachung?

Der Schmerzensgeldanspruch wegen Mobbings kann verwirken. Dafür genügen jedoch nicht das bloße "Zuwarten" oder die Untätigkeit des Anspruchstellers. 

II. Rechte und Anspruchsgrundlagen 

  1. Vertragliche Ansprüche 
  2. Schadensersatzansprüche aus dem AGG
  3. Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber und den Mobber gemäß §§ 241 Abs. 2, 278, 280 BGB; § 253 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 280 Abs. 1, 278 BGB.
  4. Ansprüche aus unerlaubten Handlungen
  5. Sonstige Rechte des Arbeitnehmers: 
  • Beschwerderecht gegen den Arbeitgeber gemäß § 13 Abs. 1 AGG
  • Anspruch auf Durchführung geeigneter Maßnahmen durch den Arbeitgeber gemäß § 12 Abs. 3 AGG
  • Anspruch auf Zurückbehaltung der Arbeitsleistung gemäß § 14 AGG analog, § 273 BGB
  • Anspruch auf Widerruf/Unterlassung gemäß §§ 1004 i. V. m. 823 BGB

III. Schaden und Kausalität

Unabhängig davon, an wen sich das Mobbingopfer wendet, muss ihm aufgrund der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und/oder der Gesundheit ein materieller Schaden entstanden sein.

Ein solcher Schaden kann zum Beispiel in Behandlungskosten bestehen, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, oder eine entgangene Gehaltserhöhung oder eine niedrigere Rente wegen vorzeitiger Verrentung.

Das Mobbingopfer muss beachten, dass es verpflichtet ist, den Schaden möglichst klein zu halten. Es kann also beispielsweise nicht die Kosten für eine extrem teuere Spezialtherapie geltend machen, wenn es eine wesentlich billigere Behandlungsmöglichkeit gibt.

Ursächlicher Zusammenhang zwischen Handlung und Schaden

Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch ist weiter, dass die Rechtsverletzung den eingetretenen materiellen Schaden verursacht hat.

Das wird beispielsweise dann problematisch, wenn die aufgetretene psychische Erkrankung Ursachen haben könnte, die nichts mit dem Arbeitsverhältnis zu tun haben. 
In einem solchen Fall kommt es unter Umständen auf das Ergebnis des Gutachtens eines Facharztes für Neurologie oder Psychiaters an.

Anspruch auf Schmerzensgeld

Der Schadensersatz soll einen materiellen - das heißt einen eingetretenen Vermögensschaden ausgleichen.

Dem gegenüber dient Schmerzensgeld dem Ausgleich von immateriellen Schäden, zum Beispiel für erlittene seelische Schmerzen. 

Voraussetzung von Schmerzensgeld ist, dass das Mobbingopfer einen Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung hat. 

Die Höhe des Schmerzensgeldes legt das Gericht nach billigem Ermessen fest. 

Das Opfer kann einen Mindestbetrag fordern.

IV. Zum Gerichtsverfahren

Manche Parteien können den Sachverhalt vor Gericht nicht bestimmt darlegen oder betrachten Kritik oder eine rechtswidrige Kündigung als Mobbing. Solche Klagen haben keine Aussichten auf Erfolg.
Konflikte, die im Zusammenhang mit der Ausübung des Direktionsrechts stehen, haben wenig Chancen, wenn nicht die Weisungen offensichtlich willkürlich und schikanös sind. 

Seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16.05.2007 setzte das Bundesarbeitsgericht klare Akzente im Sinne des Betroffenenschutzes und verlangt  von den Arbeitsgerichten eine sorgfältige, vollständige Sachaufklärung und eine angemessene rechtliche Bewertung der oft komplizierten Mobbing-Fälle. 
Es fordert durch die Gerichte eine Bewertung der Einzelakte und eine Gesamtschau.

Die Anwälte der Opfer müssen dazu substanziiert vortragen.

 

Hermann Kulzer MBA
Rechtsanwalt, Fachanwalt, Wirtschaftsmediator



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