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Insolvenzverschleppungshaftung
GmbHG §§ 64 I, 84 I Nr. 2; BGB § 823 II

Die Verletzung der Insolvenzantragspflicht wird regelmäßig verfolgt und auch bestraft:

1. Die Verschleppung führt bei auch nur fahrlässiger Verkennung der Überschuldung zur Strafbarkeit, § 84 GmbHG.

2. Die durch das Urteil BGHZ 126,182 eingeleitete Verschärfung der Insolvenzverschleppungshaftung (keine Begrenzung auf den Quotenschaden) hat im eröffneten Insolvenzverfahren keine Verbesserung, das nachfolgende Urteil BGHZ 138, 211 eine Verschlechterung der Rechtsverfolgung für den Insolvenzverwalter mit sich gebracht . Neugläubiger müssen danach ihren Quotenschaden und ihren Ausfall selbst geltend machen. § 92 InsO ist durch dieses Urteil weitgehend entwertet.

3. Zahlungen, die während der Insolvenzverschleppung geleistet werden, müssen aufgrund der §§ 93 AktG, 64 Abs. 2 GmbhG, 130 a Abs. 3 HGB vom Vorstand bzw. den Geschäftsführern erstattet werden.
 
4. Die Einziehung von Kundenchecks über ein debitorisches Konto stellt eine verbotene Zahlung dar ( BGHZ 143, 184 ).


5. Die Zahlungen sind ungekürzt an die Masse zu erstatten ( BGHZ 146, 264 ). Der Haftende kann sich gegenüber der Haftung auch nicht darauf berufen, dass der Insolvenzverwalter sich die Zahlungen im Wege der Insolvenzanfechtung in die Masse zurückholen könne bzw. daß er dies versäumt habe ( BGHZ 131, 325 ).

6. Der Geschäftsführer einer Muttergesellschaft haftet selbst dann, wenn  er im Zuge einer umsatz- und gewerbesteuerlichen Organschaft die von der Tochtergesellschaft eigens für die Steuerzahlungen zur Vergütung gestellten Beträge genau für das verwendet, wofür er sie bekommen hat, nämlich für Steuerzahlungen an das Finanzamt.

7. Bei dem Vorwurf der Verletzung der Insolvenzantragspflicht müssen der objektive und der subjektive Tatbestand einer Pflichtverletzung zeitlich zusammenfallen. Das gilt auch bei einem Dauerdelikt der Insolvenzantragsverschleppung.  

8. Eine Neugläubigerin, die ihre Forderungen gegen die Insolvenzschuldnerin nach Eintritt der Insolvenzantragspflicht erworben hat, ist nicht auf die Geltendmachung eines Quotenschadens beschränkt.  

9. Beim Neugläubigerschaden bestimmt sich der Schaden nicht nach einem willkürlich herausgegriffenen Spitzenbetrag, sondern nach einem zu schätzenden Durchschnittsbetrag des durch die Verletzung der Insolvenzantragspflicht entstandenen Schadens, der dann vom Endsaldo zum Tag der Insolvenzantragstellung abzuziehen ist. OLG Koblenz, 9.12.2010.



27.06.2023 Haftung der Geschäftsführer der Convivo wegen Insolvenzverschleppung
Information Der Pflegeheimbetreiber Convivo in Bremen mit über 100 Pflegeeinrichtungen und 4.800 Mitarbeitern geriet Anfang 2023 in die Insolvenz. Die Presse schrieb, dass diese Pleite eine der größten Verdachtsfälle von Insolvenzverschleppung in der Bremer Wirtschaftsgeschichte sei.
Wann muss ein Geschäftsführer wegen Insolvenzverschleppung haften und vorallem wem gegenüber: gegenüber dem Insolvenzverwalter und/oder gegenüber dem einzelnen Gläubiger?
  • 1. Es gibt/gab 4 Geschäftsführer.  Die Staatsanwaltschaft soll gegen diese wegen Insolvenzverschleppung ermitteln. 
  • 2. Die Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO soll bereits 6 Monate vorher eingetreten sein- dies ist zumindest der Verdacht.
  • 3. Es soll auch zweckgebundene Coronahilfen gegeben haben.
  • 4. Voraussetzung für die Gewährung von Coronahilfen war, dass nicht bereits eine Insolvenzreife vor der Coronawelle vorlag.
  • 5. Eine Haftung gegenüber sonstigen Dritten (z.B. für Bestellung von 100 Pflegebetten- trotz (wahrscheinlich) schon eingetretener Zahlungsunfähigkeit) kommt nach § 823 (2) BGB in Verbindung mit einem Schutzgesetz (§ 15 a InsO) in Betracht.
  • 6. Bei einer Bestellung von Pflegebetten, trotz eingetretener Zahlungsunfähigkeit, haftet der Geschäftsführer für diese Bestellung persönlich. 

Die Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Geschäftsleitung setzt voraus.
  • Sachverhaltsrecherchen in der Insolvenzakte
  • Prüfung Sachverhalt
  • Leistungsfähigkeit der Geschäftsleitung- es gibt ein Rennen um die bevorrechtigte Befriedigung
  • Nachweis Pflichtverletzung
  • Nachweis Schaden
  • Nachweis Kausalität 
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Verfasser: Hermann Kulzer MBA Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Insolvenzrecht
06.09.2022 Aufsichtsrat: Haftung zivil- und strafrechtlich - Haftung bei Insolvenzverschleppung?
Information

Der Prüfungsumfang ist bei Aufsichtsräten umfassend. Er erstreckt sich auf alle tatbestandlich in § 171 Abs.1 Satz 1 AktG genannten Objekte und Vorgaben der Rechnungslegung. 

Dazu gehört auch die Pflicht, den Jahresabschluss, den Lagebericht und die Vorschläge für die Verwendung des Bilanzgewinns zu prüfen und über das Ergebnis dieser Prüfung schriftlich  an die Hauptversammlung zu berichten.

Haftet der Aufsichtsrat persönlich bei Insolvenzverschleppung?

Der Aufsichtsrat ist kein Obergeschäftsführer, der sich laufend selbst davon überzeugen muss, dass alles richtig läuft. Der Aufsichtsrat muss aber darauf achten, dass eine wirksame Kontrolle gewährleistet ist. Dazu muss die Informationsversorgung organisiert und müssen die Geschäftsführer/Vorstands- und Prüfberichte studiert werden.
Zu überwachen ist das Verhalten der Vorstände/ Geschäftsführer, vgl. Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder § 1 Rdnr. 75.  In schwierigen Situationen muss der Aufsichtsrat seine Aufsicht verstärken.

Dazu darf er sich auch Fachexpertise hinzuziehen- also auch einen Fachanwalt für Insolvenzrecht. Das Unternehmen muss das bezahlen.

Das ist ein Teil der Kontrolle.

Zwei worst case Szenarien möchte ich kurz darstellen, damit man versteht, welche Aufgaben und Risiken man als Aufsichtsrat übernimmt:

I. Fall: Strafrechtliche Verantwortung

Im Fall Infinus/ Future Business KG aA wurde der Aufsichtsratsvorsitzende der Muttergesellschaft zu einer mehrjährigen Haft verurteilt, weil er - laut Urteil- bei dem vom Gericht angenommenen kriminellen Geschäftsmodell des Konzerns, keine wirksame Aufsicht vorgenommen, sondern einen Tatbeitrag geleistet habe.

II. Fall: Persönliche Haftung (eingeschränkt) 

1. Zahlungen des Vorstands an sich selbst

Der BGH hat mit Urteil vom 16.3.2009 II ZR 280/07 zur Haftung von Aufsichtsräten bei einer Insolvenz der AG entschiedenb, dass Mitglieder des Aufsichtsrats haften, wenn sie schuldhaft nicht verhindern, dass der Vorstand nach dem Eintritt der Insolvenzreife Zahlungen leistet. Im entschiedenen Fall hatte der Vorstand ein von ihm gewährtes Gesellschafterdarlehen an sich selbst zurückbezahlt. Zahlungen sind ab Eintritt der Insolvenzreife verboten - nicht erst nach Ablauf der 3-Wochenfrist.

2. Insolvenzverschleppung

Die Verschleppung begeht nicht der Aufsichtsrat, sondern der Geschäftsführer/ Vorstand. Dennoch kann der Aufsichtsrat haften.
Es gibt zahlreiche Urteile, wonach der Aufsichtsrat für eine fehlerhafte Aufsicht haftet. Ein Fall ist die Haftung bei Insolvenzverschleppung.

Zu Gunsten der Aufsichtsräte gab/gibt es hier eine Haftungseinschränkung.
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 20.09.2010, Az. II ZR 78/09, im Hinblick auf die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder wegen Verletzung ihrer Überwachungspflicht in Bezug auf die Einhaltung des Zahlungsverbots nach § 64 Satz 1 GmbHG (neu: § 15a InsO) entschieden:
Eine Haftung der Mitglieder des fakultativen Aufsichtsrats einer GmbH nach § 93 Abs. 2, § 116 Satz 1 AktG, § 52 Abs. 1 GmbHG kommt dann in Betracht, wenn der Gesellschaft selbst ein Schaden entstanden ist.

III. Weitere Infos

1. Pflichten des fakultativen Aufsichtsrats
Auch der fakultative Aufsichtsrat einer GmbH hat die Pflicht, die Rechtsmäßigkeit des Handelns der Geschäftsleitung und daher auch den Eintritt der Insolvenzreife und das damit einhergehende Zahlungsverbot des Geschäftsführers zu überwachen.

2. Grundsätze der Haftung
Auf den fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH lassen sich die strengen Grundsätze der Haftung für Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft nicht uneingeschränkt übertragen.

3. Rechtsfolgen eines Verstoßes
Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen diese Pflicht des Aufsichtsrats sind im GmbH-Gesetz (GmbHG) anders geregelt als im Aktiengesetz (AktG).

4. Gilt § 93 AktG?
§ 52 Abs.1 GmbHG verweist auf die Regelungen im AktG nur mit der ausdrücklichen Einschränkung, dass für den fakultativen Aufsichtsrat § 93 Abs.3 AktG nicht gelten soll.
Für eine persönliche Haftung des fakultativen Aufsichtsrats fehlt daher die in § 93 Abs.3 AktG angeordnete Gleichstellung des Zahlungsabflusses mit einem Schaden der Gesellschaft.

5. Persönliche Haftung bei eigenem Schaden
Eine persönliche Haftung des Aufsichtsrats kommt nur dann in Betracht, wenn durch die Zahlung der Gesellschaft ein eigener Schaden entstanden ist. Die persönliche Haftung des Aufsichtsrats kommt also nicht in Betracht, wenn die Zahlung - wie im Normalfall- nur zu einer Verminderung der Insolvenzmasse und damit zu einem Schaden gesellschaftsfremder Gläubiger führt.

Fragen zum Aufsichtsrat?

Wie helfen gerne.

Hermann Kulzer MBA
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Fachanwalt für Handel- und Gesellschaftsrecht


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Verfasser: Hermann Kulzer MBA Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
19.12.2021 Schadensersatz wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppungshaftung gemäß § 826 BGB nach BGH
Information

 

1. Verzögern
Verzögern des Insolvenzantrages begründet eine vorsätzliche Schädigung, wenn die Schädigung der Gläubiger in Kauf genommen wird. 

2. Schadensersatz
Vom Schadenseratz sind auch Kosten für einen Prozess erfasst, die durch das Hinhalten des Beklagten verursacht und von der späteren Gemeinschuldnerin nicht mehr beigetrieben werden können. 

 

Sachverhalt 

Der Kläger beauftragte am 2015 die B-GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer B (den späteren Beklagten)mit Fassadenarbeiten. 
Nach einer Abschlagszahlung und ergebnisloser Fristsetzungen zur Erbringung der Werkleistung kündigte der Kläger den Vertrag und forderte die Rückzahlung der Anzahlung. Die Aufforderung blieb ohne Ergebnis.

2016 erging gegen den Beklagten ein Strafbefehl wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung.
Nach Eigenantrag wurde über das Vermögen der B- GmbH 2017 das Insolvenzverfahren eröffnet.

 

Rechtliche Ausführungen

1. Anspruchsgrundlage
Der Beklagte persönlich haftet nach § 826 BGB, weil er vorsätzlich die Insolvenz der B-GmbH verschleppt hat. Die vorsätzliche Insolvenzverschleppung in der Absicht, das als unabwendbar erkannte Ende eines Unternehmens so lange wie möglich hinauszuzögern, erfüllt den Tatbestand einer sittenwidrigen Schädigung, wenn dabei die Schädigung der Unternehmensgläubiger billigend in Kauf genommen wird (Urteil vom 18. Dezember 2007  VI ZR 231/06, BGZ 175, 58 Rn. 15; BGH, Urteil vom 27.07.2021 - II ZR 164/20).

2. Zahlungsunfähigkeit
Das Gericht hat festgestellt, dass die B-GmbH seit dem 1. 12.2015 zahlungsunfähig war und der Beklagte seiner Insolvenzantragspflicht nicht nachgekommen ist. 

3. Vorsätzliches Handeln 
Der Beklagte hat vorsätzlich gehandelt, insbesondere ist der vom Kläger geltend gemachte Schaden vom Vorsatz des Beklagten umfasst.

Der gemäß § 826 BGB erforderliche  Vorsatz enthält ein Wissens- und ein Wollenselement.
Der Handelnde muss die Schädigung des Anspruchstellers gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen, jedenfalls aber für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Dabei braucht der Täter nicht zu wissen, welche oder wie viele Personen durch sein Verhalten geschädigt werden; vielmehr reicht aus, dass er die Richtung, in der sich sein Verhalten zum Schaden irgendwelcher anderer auswirken könnte, und die Art des möglicherweise eintretenden Schadens vorausgesehen und mindestens billigend in Kauf genommen hat.

 

BGH, Urteil vom 27.07.2021 - II ZR 164/20

Wir helfen Ihnen bei Fragen zur Insolvenzverschleppungshaftung 


Kulzer PKL Rechtsanwälte 
Dresden, Glashütterstraße 101 a
0351 8110233
Kulzer@pkl.com

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Verfasser: Hermann Kulzer MBA Fachanwalt für Insolvenzrecht
13.12.2019 Lohnsteuerfallen und Haftung des Geschäftsführers für Lohnsteuern
Information

Lohnsteuerfallen

I. Haftung des Geschäftsführers nach Insolvenzanfechtung

Die M-GmbH geriet in die Krise. 
Der Geschäftsführer (Gfü) hat fristgemäß die Lohnsteuer beim Finanzamt angemeldet.  
Die Steuerschuld beglich der Gfü verspätet an den Vollziehungsbeamten des Finanzamtes.

Die Finanzamt beantragte auf Grund neuer Forderungen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, das zwei Monate später eröffnet wurde. 

Der Insolvenzverwalter erklärte gegenüber dem Finanzamt bezüglich der Zahlungen für den Zeitraum April bis Juni die Insolvenzanfechtung gemäß § 131 Abs.1 InsO.  Wegen der verspäteten Zahlung war die Anfechtung gegenüber dem Finanzamt erleichtert wegen einer sogenannten inkongruenten Deckung.

Das Finanzamt erstattete den Betrag an die Insolvenzmasse.

Den Geschäftsführer nahm das Finanzamt nach § 69 AO für die angefochtenen- jetzt wieder  offenen Steuerforderung in Haftung. 

Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied, dass der  Geschäftsführer grundsätzlich zur Einbehaltung und fristgerechten Abführung der Lohnsteuerabzugsbeträge verpflichtet ist.

Er habe zwar die Lohnsteueranmeldungen fristgemäß abgegeben, die Beiträge aber nicht bei Fälligkeit abgeführt. Dies stelle eine Pflichtverletzung dar, BFH, Urteil vom 11. 11. 2008; Az. VII R 19/08.

Durch diese Pflichtverletzung sei dem Finanzamt ein Schaden entstanden.

Folgen für die Praxis

Wer kurz vor der Insolvenz die fälligen Steuern verspätet begleicht, läuft Gefahr, dass der Insolvenzverwalter die Zahlungen an  das Finanzamt anficht und  das Finanzamt den Geschäftsführer persönlich in Haftung nimmt, weil die Steuern (wieder) offen sind.

Gerade in der Krise, muss der Geschäftsführer daher darauf achten, die Steuern bei Fälligkeit zu begleichen.

Zahlungen und Nichtzahlungen in der Krise bieten daher besondere Haftungsprobleme für den Geschäftsführer. Man sollte die Risiken kennen und nicht in mögliche Haftungsfallen geraten.

Ohne qualifizierte Rechtsberatung ist dies schwer möglich.

II. Wesentliche Pflicht des Geschäftsführers und die Haftung

1. Prüfpflicht des Geschäftsführers

Der Geschäftsführer  muss immer prüfen, ob seine Gesellschaft zahlungsfähig ist- das heißt ob die fälligen Verbindlichkeiten auch bezahlt werden können.

Er kann bei Liquiditätsstockung versuchen, neue liquide Mittel zu beschaffen- sei es durch Aufnahme von Darlehn oder durch das Verkaufen von Anlage- oder Umlaufvermögen.

Er kann sich um die Stundung der Forderungen bei den Gläubigern bemühen.

Nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs hat der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft (GmbH, GmbH & CoKG, AG) 3 Wochen Zeit die Zahlungskrise zu beseitigen.

Wenn dies scheitert, liegt Zahlungsunfähigkeit vor und der Geschäftsführer muss einen Insolvenzantrag stellen.

Wenn er den Antrag gestellt hat, ist der Geschäftsführer nicht von seinen Pflichten zur Zahlung der SV-Beiträge und der Lohnsteuer entbunden.

2. Haftung bei vorläufiger Insolvenzverwaltung

Nehmen wir an, der Geschäftsführer erkennt einen Insolvenzgrund (Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung, drohende Zahlungsunfähigkeit) und bereitet den Insolvenzantrag vor.

Die Sozialversicherungsbeiträge und die Lohnsteuer sind fällig.

Der Geschäftsführer reicht den Insolvenzantrag ein- es wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt.

Der Geschäftsführer darf nach dem Beschluss des Insolvenzgerichts - wie üblich in solchen Fällen- nicht mehr über das Gesellschaftsvermögen verfügen ohne Zustimmung des vorläufigen Verwalters.

Die entscheidenden Fragen im Zusammenhang mit Lohnsteuer und den SV-Beiträgen:

Darf der Geschäftsführer vor dem Insolvenzantrag noch die Zahlungen an die Sozialkassen und das Finanzamt leisten oder muss er die Mittel zurückhalten?

Haftet der Geschäftsführer persönlich, wenn die Lohnsteuern nicht bezahlt werden- wenn ja, gibt es Möglichkeiten der Haftung für nicht bezahlte Lohnsteuern zu entgehen?

3. Haftung gegenüber dem Finanzamt

Gemäß § 191 Abs.1 AO kann derjenige durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, der kraft Gesetzes für eine Steuer haftet.

Nach § 69 AO in Verbindung mit §§ 34, 35 Abgabenordnung (AO) haften die gesetzlichen Vertreter - also bei der GmbH die Geschäftsführer - soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fährlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.

Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge (§ 69 Satz 2 AO).

Der Geschäftsführer muss die steuerlichen Pflichten erfüllen (§ 34 Abs.1 AO).

Grob fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt zu der er nach den Umständen und seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlich hohem Maße verletzt.

Vom Geschäftsführer einer GmbH wird die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes (§ 43 Abs.1 GmbHG) abverlangt.

Die Nichtentrichtung fälliger Steuern stellt regelmäßig eine grobe Fahrlässigkeit dar.

Sind die vorhanden liquiden Mittel nicht ausreichend, die Löhne und die Steuern zu 100 Prozent zu bezahlen, darf der Geschäftsführer die Löhne und die darauf anfallende Lohnsteuer notfalls nur unter anteiliger Kürzung bezahlen, vgl. BFH Urteil vom 9.1.1990, BFH/NV S. 412.
Wenn nach Insolvenzantrag ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt wurde, glauben viele Geschäftsführer, dass ab jetzt die Verantwortung auf den vorläufigen Verwalter übergeht und sie keine Zahlungen mehr leisten müssen.

Sie glauben, dass nach der Einsetzung des vorläufigen Verwalters eine persönliche Haftung für die Steuern nicht mehr möglich ist. Das ist leider falsch gedacht.

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass der Geschäftsführer zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflicht nicht durch die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt gehindert ist.

Die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters steht der haftungsrechtlichen Inanspruchnahme des Geschäftsführers der in Insolvenz geratenen GmbH nicht entgegen (Senatsurteil vom 16. Mai 2017 VII R 25/16, BFHE 257, 515, BStB II 2017, 934).

Denn im Fall der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters ohne Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO) verbleibt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis beim gesetzlichen Vertreter der GmbH (MünchKommInsO/Haarmeyer, 3. Aufl., § 22 Rz 133, 184).

Der vorläufige Insolvenzverwalter mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt ist kein Vermögens-verwalter i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 AO.

Der GmbH-Geschäftsführer wird durch den vorläufigen Insolvenzverwalter aus seiner Pflichtenstellung also nicht verdrängt.

Ein Dilemma. Was soll/kann man hier tun?

Die Beratung durch einen Fachanwalt wäre dringend ratsam.Er kann Wege aufzeigen und deren Folgen und dann den Weg vorschlagen, der weder strafbar ist, noch zu einer persönlichen Haftung führt.Dies kann man aber nur präventiv machen und nicht wenn das "Kind schon in den Brunnen gefallen ist". Dann gibt es nur noch Schadensbegrenzung.

4. Haftung gegenüber dem Insolvenzverwalter und strafrechtliche Verantwortlichkeit

Der Geschäftsführer erfüllt mit der Nichtabführung der laufenden Steuer den Tatbestand der Ordnungswidrigkeit und macht sich persönlich ersatzpflichtig.

Es besteht der Interessenkonflikt zwischen der Befolgung der Massesicherungspflicht gemäß § 64 S.1 GmbHG und der Erfüllung der steuerlichen Abführungspflicht.

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 25. 1. 2011 - II ZR 196/ 09 die Klage des Insolvenzverwalters gegen den Geschäftsführer auf Ersatz gemäß § 64 S.1 GmbHG abgewiesen, soweit sie auf Ersatz der Zahlung an das Finanzamt gerichtet war. Die Zahlung war mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftleiters vereinbar im Sinne des § 64 Satz 2 GmbHG.

 Wenn der Geschäftsführer einer GmbH - auch nach Eintritt der Insolvenzreife - fällige Umsatzsteuer und Umsatzsteuervorauszahlungen, ebenso wie einbehaltene Lohnsteuer, nicht an das Finanzamt abführt, begeht er eine mit einer Geldbuße bedrohte Ordnungswidrigkeit nach § 26b UStG oder § 380 AO i. V. m. § 41a Abs.1 Satz1 Nr 2., § 38 Abs.3 Satz 1 EStG und setzt sich außerdem der persönlichen Haftung gemäß §§ 69, 34 Abs. 1 AO aus (vgl. BFH, Urteil vom 27. Februar 2007 - VII R 67/05, ZIP 2007, 1604 Rn. 16 ff. ua.)

Die dadurch bewirkte Pflichtenkollision bewirkt, dass die Zahlung von Umsatz- oder Lohnsteuer als mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar anzusehen ist (BGH, Urteil vom 14. Mai 2007 - II ZR 48/06, ZIP 2007, 1265 Rn. 11f.; Urteil vom 29. September 2008 - II ZR 162/07, ZIP 2008, 2220 Rn.16. 

Dies bezieht sich nicht nur auf laufende, erst nach Eintritt der Insolvenzreife fällig werdende Steuerforderungen, sondern auch auf Steuerrückstände.

Zwar erfüllt der Geschäftsführer schon mit der Nichtabführung der laufenden Steuer den Tatbestand der Ordnungswidrigkeit und macht sich persönlich ersatzpflichtig.

Dennoch besteht der Interessenkonflikt zwischen der Befolgung der Massesicherungspflicht aus § 64 S.11 GmbHG und der Erfüllung der steuerlichen Abführungspflicht fort.

Zum einen ist die freiwillige Nachzahlung der Steuer ein Umstand, der bei der Verhängung und Bemessung der Geldbuße zugunsten des Geschäftsführers zu berücksichtigen ist.

Zum anderen entfällt mit der Nachzahlung auch die persönliche Haftung des Geschäftsführers.

Bei dieser Sach- und Rechtslage kann es dem Geschäftsführer nicht zugemutet werden, wegen des Zahlungsverbots auf die Möglichkeit zu verzichten, die Voraussetzungen für eine Einstellung des Ordnungswidrigkeitsverfahrens oder jedenfalls für die Verhängung einer geringeren Geldbuße zu schaffen und sich von der persönlichen Haftung für die Steuerschuld zu befreien.

Die Nichtabführung der Steuer ist ein Dauerdelikt, das bei Fälligkeit zwar vollendet, aber erst bei Erlöschen der Abführungspflicht beendet ist (vgl. KG, Beschluss vom 22. September 1997 - 2 Ss 250/ 97, juris Rn. 15; Göhler/ Gürtler, OWiG, 15. Aufl., Rn. 17 vor § 19).

Daher geht es bei der nachträglichen Abführung der Steuer nicht nur um Schadenswiedergutmachung, sondern um die Erfüllung der mit einer Geldbuße bewehrten Pflicht.

 

Wie soll man sich nach den Darstellungen unter I. und II. jetzt richtig verhalten?

Entweder droht das Strafrecht, oder es drohen Ansprüche des Insolvenzverwalters oder es drohen Ansprüche des Finanzamtes und der Krankenkassen.

Wir stehen Ihnen für eine qualifizierte Hilfe gerne zur Verfügung.


Hermann Kulzer MBA
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Wirtschaftsmediator (DIU)

Glashütterstraße 101 a 

01077 Dresden
Kulzer@pkl.com
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Verfasser: Hermann Kulzer MBA Fachanwalt für Insolvenzrecht
28.02.2019 Wer hilft bei Überschuldung und Insolvenz? Ein Fachanwalt für Insolvenzrecht.
Information  
Im letzten Jahr galt jeder elfte Dresdner als überschuldet- das heißt über 40.000 Menschen. vgl. Sächsische Zeitung vom 14.3.2019, S.1 in Dresden.
Es kann durch Scheidung,, Krankheit, Arbeitslosigkeit, Pech oder Betrug passieren- fast jeden kann es treffen. Auch Prominente.
Der Fernsehmoderator, Peter Escher, zum Beispile moderierte zwei TV-Sendungen "Ein Fall für Escher und  "Escher hilft" mit 850 Ausgaben und erreichte damit insgesamt 500 Millionen Zuschauer. Er löste 1000 Fälle.
Die Produzenten entschieden sich dann für das "Aus" der Sendung.
Herr Escher musste sich etwas neues suchen.
Er gründete mit einem Partner die "Escher hilft GmbH".
Er sollte den kreativ journalistischen Teil erledigen, der andere Partner den juristischen und kaufmännischen Bereich. Doch dies scheiterte.
Escher sagte zum  Grund des Scheiterns
"Mein großer Fehler war, dass ich meinem Geschäftspartner zu sehr vertraut und die Geschäfte nicht kontrolliert habe" vgl SZ vom 27.09.2018 Seite 6.
Die Schieflage erkannten sie zu spät und mussten Insolvenz anmelden.

Für die Schulden mussten beide Partner auf Grund von Bürgschaften persönlich haften.
Einen Teil dieser Schulden konnte er bisher abbauen.

Wie kann ein Fachanwalt für Insolvenzrecht helfen?
Er kann Wege aus der Krise oder Insolvenz aufzeigen -für Firmen und natürliche Personen.
   Für redliche Schuldner- das heißt für Schuldner, die nicht vorsätzlich Gläubiger geschädigt haben, sieht die Insolvenzordnung eine
  • neue Chance zur schuldenfreien Existenz
  • Möglichkeiten der vorzeitigen Restschuldbefreiung vor.
Man muss dann nicht bis ins hohe Alter- oft ohne Chance auf Befriedigung aller Gläubiger  bezahlen, sondern nur für einen bestimmten Zeitraum- aktuell sind dies 5 Jahre, wenn man die Kosten eines Insolvenzverfahrens aufbringen kann.
Möglich ist aber auch eine weitere Abkürzung des Verfahrens, wenn man einen Plan zur Schuldenregulierung hat, der von den Gläubigern angenommen wird.

So kann beispielsweise ein Verfahren nach 2 Jahren beendet werden und die Gläubiger erhalten eine Quote auf ihre Forderungen.

Ein Fachanwalt für Insolvenzrecht lohnt sich also
  • zur Prävention und Vorsorge
  • zur 'Vermeidung von Insolvenzen
  • als Begleitung ins Insolvenzverfahren zur rechtssicheren Erlangung der Restschuldbefreiung
  • als Hilfe zur vorzeitigen Schuldenregulierung und Sanierung innerhalb eines eingeleiteten Insovlenzverfahrens.

Hemrann Kulzer MBA
Fachanwalt für InsolvenzrechtFachanwalt für Handels- und GesellschaftsrechtWirtschaftsmediator
Dresden
Glashütterstraße 101 a01097 Dresden
'Tel. 0351  8110233
insoinfo
Verfasser: Hermann Kulzer, MBA(EHS Dresden), Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht, Mediator (DIU)
04.08.2014 Notwendige Verteidigung des Geschäftsführers gegenüber Insolvenzverwalter
Information Der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigte sich im Urteil vom 19. Nov. 2013 , AZ II ZR 229/11 mit der Klage eines Insolvenzverwalters gegen die Geschäftsführerin einer GmbH wegen Insolvenzverschleppungshaftung.

Die Gesellschaft betrieb eine Modeboutique, die seit 2004 einen durch Eigenkapital nicht gedeckten Fehlbetrag auswies.

Die GmbH war spätestes seit 31.12.2007 überschuldet.

2008 bezahlte die Geschäftsführerin noch insgesamt Rechnungen im Umfange rund 90.000 Euro. 

Die GmbH führte den Geschäftsbetrieb bis Dezember 2008 fort, bevor die Insolvenz eingeleitet wurde. .

Die Zahlungen nach dem 31.12.2007 forderte der Insolvenzverwalter von dem Geschäftsführer zurück.

Er klagte gegen den Geschäftsführer auf Rückzahlung von 90.000 Euro.

Problematisch war im Prozess auf welche Art und Weise der beklagte Geschäftsführer beweisen muss, dass es noch stille Reserven oder sonstige Vermögenswerte in der GmbH gab, die den Anspruch des Insolvenzverwalters entkräften könnten.

Dazu der Leitsatz des Bundesgerichshofs:

“Hat der Insolvenzverwalter durch Vorlage einer Handelsbilanz und den Vortrag, dass keine stillen Reserven sowie aus der Bilanz nicht ersichtlichen Vermögenswerte vorhanden sind, die Überschuldung einer GmbH dargelegt, genügt der wegen Zahlungen nach Insolvenzreife in Anspruch genommene Geschäftsführer seiner sekundären Darlegungslast nicht, wenn er lediglich von der Handelsbilanz abweichende Werte behauptet. Der in Anspruch genommene Geschäftsführer hat vielmehr substantiiert zu etwaigen stillen Reserven oder in der Bilanz nicht abgebildeten Werten vorzutragen.”

 

insoinfo
Verfasser: 
01.07.2007 Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen: kein Verschulden, wer erst Rat einholt
Information

AktG §§ 92 Abs. 2, Abs. 3; 93 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 6; GmbHG § 64 Abs. 2 Trotz Insolvenzreife kein Verschulden bei Abführung von Lohnsteuer und der Arbeitnehmeranteile zu Sozialversicherung und: wann wird die Insolvenzantragspflicht verletzt? Ein organschaftlicher Vertreter, der bei Insolvenzreife der Gesellschaft den sozial-oder steuerrechtlichen Normbefehlen folgend Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherung oder Lohnsteuer abführt, handelt mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters und ist nicht nach § 92 Abs.3 AktG oder 64 Abs.2 GmbH der Gesellschaft erstattungspflichtig( insoweit Aufgabe von BGH, Urt.v. 8 Januar 2002 II ZR 88/99, BGHZ 146, 264; Urt. v. 18. April 2005 II ZR 61/03, ZIP 2005, 1026.

Ein organschaftlicher Vertreter einer Gesellschaft verletzt seine Insolvenzantragspflicht nicht schuldhaft, wenn er bei fehlender eigener Sachkunde zur Klärung des Bestehens der Insolvenzreife der Gesellschaft den Rat eines unabhängigen, fachlich qualifizierten Berufsträgers einholt, diesen über sämliche für die Beurteilung erheblichen Umstände ordnungsgemäß informiert und nach eigener Plausibilitätskontrolle der ihm daraufhin erteilten Anwort dem Rat folgt und von der Stellung eines Insolvenzantrages absieht.

insoinfo
Verfasser: Hermann Kulzer, Rechtsanwalt, Fachanwalt
28.10.2005 Insolvenzverschleppungshaftung des GmbH- Geschäftsführers und des Teilnehmers
Information BGB §§ 823 II, 826, 830 II; GmbHG §§ 13 II, 64 I , 84 I Nr. 2 ; StGB § 27

1. Die Insolvenzverschleppungshaftung des Geschäftsführers einer GmbH aus §§ 823 BGB, § 64 I GmbHG erstreckt sich - neben dem Ersatz des Quotenschadens - nur auf den Vertrauensschaden, der einem Neugläubiger dadurch entsteht, dass er der aktuell insolvenzreifen GmbH Kredit gewährt oder eine sonstige Vorleistung an sie erbringt ( BGHZ 126,181 = NJW 1994, 2220).

2. Der Teilnehmer einer Insolvenzverschleppung haftet aus §§ 823 II, 830 II BGB, 64 I 84 I Nr. 2 GmbHG nicht auf Neugläubigerschäden, welche ohne Wissen durch Handlungen des Geschäftsführers in der Phase der Insolvenzverschleppung verursacht werden. Für einen sogenannten "Exzess"der Haupttäters haftet der Teilnehmer weder strafrechtlich noch zivilrechtlich.

3. Die Haftung des Gesellschafters einer GmbH wegen eines existenzvernichtenden Eingriffs in das Gesellschaftsvermögen kann im laufenden Insolvenzverfahren nicht von einzelnen Gläubigern, sondern nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

4. Zu den objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer Beihilfe zur Insolvenzverschleppung

Kurzsachverhalt:

Der Kläger war geschäftsführender Gesellschafter der G-GmbH, die sich im Wesentlichen mit der Vermittlung kommunaler Schuldscheindarlehn beschäftigte.
Dazu wurde der langfristige Finanzierungsbedarf von Kommunen durch die Vermittlung von institutionellen Kapitalgebern gedeckt.

Im März 88 verkaufte der Kl. seine Geschäftsanteile an seinen bisherigen Prokuristen, der dann Geschäftsführer wurde.

Ab 89 gab es bei der G-GmbH Verluste und einen Fehlbetrag von 45,5 Mio DM.
Der Wirtschaftsprüfer wies auf eine ungünstige Ertragsprognose hin.
Dennoch meldete der Geschäftsführer nicht Insolvenz an, da er eine günstigere Zinsentwicklung erhoffte.

Im November 94 veranlasst der Geschäftsführer ohne Wissen des Kl. betrügerische Doppelabtretungen von Forderungen aus Schuldscheindarlehn.

Die Beklagte erwarb gegen Zahlung von 183 Mio DM nicht existente Darlehnsforderungen.

Die G-GmbH ging nach Aufdeckung ihrer Machenschaften in Konkurs.

Im vorliegenden Rechtsstreit nahm die Beklagte den Kläger mit einer Widerklage auf Ersatz eines Teils ihres Schadens aus den betrügerischen Doppelabtretungen der G-GmbH in Höhe von 10 Mio DM in Anspruch.

Aus den Gründen:

zu 4.
Objektiv muss die Beihilfehandlung zwar nicht für den Taterfolg ursächlich gewesen sein, die tatbestandsmäßige Handlung aber gefördert, erleichtert oder den Täter in seinem Entschluss zur Tatbegehung bestärkt haben ( vgl. Tröndle/Fischer StGB, 52. Auflage., § 27 Rdnr. 2 ff. ).

In subjektiver Hinsicht ist im Fall des § 64 I GmbHG neben einem entsprechenden Vorsatz des Täters zumindest die Erkenntnis des Gehilfen erforderlich, dass der Geschäftsführer den Konkursantrag trotz gegebener Konkursreife pflichtwidrig unterlässt (Senat, BGHZ 75, 96 = NJW 1997, 1823 ).

BGH, Urt. v. 25.7.2005 - II ZR 390/03  ( OLG München ) NZI Heft 1 S. 58 ff. ;  NJW 43/2005 S. 3137 ff.
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Verfasser: Hermann Kulzer, Fachanwalt für Insolvenzrecht

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