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Insolvenzrecht A bis Z
Phoenix Kapitaldienste GmbH
Mit einem Schaden von 600 Millionen Euro gilt Phoenix als einer der größten Fälle von Kapitalanlagebetrug in Deutschland. Es gibt 26350 Geschädigte.

12.05.2012 Phoenix: Keine Schenkungsanfechtung der Umbuchung von Scheingewinnen
Information

Das Finanzunternehmen Phoenix Kapitaldienst GmbH (Phoenix) warb damit, Geld ihrer Kunden profitabel in Termingeschäfte zu investieren.
Tausende von Kunden gaben Geld und hofften auf Rendite.
Der Stand ihrer Geldanlage wurde den Kunden regelmäßig mitgeteilt.
Viele Kunden haben von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sich ihr ausgewiesenes Guthaben auszahlen zu lassen.

Dann flog der Betrug auf.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht schloss das Institut.
Das Insolvenzverfahren wurde am 01.07.2005 eröffnet.

30.000 geschädigte Anleger mit 500.000 Millionen Euro Schaden.

Die Geschäftsführung hat nach eigenen Einlassungen jahrelang systematisch Kontounterlagen gefälscht.

Die Phoenix hat nach diesen Angaben im Geschäftsbereich Phoenix Managed Account nur durch Hinzuziehung von Ergebnissen eines fiktiven Kontos bei einem Brokerhaus Gewinne aus diesem Geschäftsbereich ausgewiesen. Diese fiktiven Geschäfte sollen Grundlage der Zuweisung von Gewinnen auf die jeweilige Geldanlage gewesen sein.

Der Insolvenzverwalter stellte 232 Millionen Euro sicher.

Anklage / Geständnis / Verurteilung
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt erhob Anklage wegen des Verdachts des Betruges in einer Vielzahl von Fällen und Urkundenfälschung.

Angeklagt waren der 45-jährige Prokurist Michael M. und die 62-jährige Geschäftsführerin.

Gegenstand der Anklage war der Zeitraum von Juli 2004 bis März 2005.

In diesem Zeitraum wurden durch gutgläubige Vertriebsmitarbeiter 6940 in- und ausländische Kunden zu der Anlage von Geld in Termingeschäften in unterschiedlicher Höhe bewegt.

Insgesamt hat Phoenix unter Mitwirkung der Geschäftsführerin und des Prokuristen in diesem Zeitraum 123 Millionen Euro an Kundengeld eingenommen.

Von dem eingesammelten Kapital sind - nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft - aber nur fünf Prozent wie angegeben bei Brokern in London gelandet.

95 Prozent wurden absprachewidrig für Zwecke der Gesellschaft ausgegeben.

Der 45-jährige Prokurist hat die (fiktiven) Handelsvorgänge konzipiert und dokumentiert und durch Scannen und Kopieren der Originalbrokerauszüge aus London die gewünschten Inhalte hergestellt.

Der Ex-Prokurist hat innerhalb des Strafprozesses ein umfassendes Geständnis abgegeben: Er stamme aus Sachsen-Anhalt.

Er sei früher als Mathematiker an der Universität Leipzig tätig gewesen.
Nach der Wende habe er eine Anstellung als Marktanalyst bei Phoenix gefunden.
Er sei als rechte Hand des Geschäftsführers Breitkreuz aufgestiegen, der in der Folge Initiator der Manipulationen gewesen sei.
Er habe sich überreden lassen und sei in einen Teufelskreis geraten.
Anfänglich habe er Manipulationen als "kleine Schummelei" angesehen,
danach habe er "keinen Schlussstrich mehr ziehen können und habe es laufen lassen". Er hatte aber angabegemäß mit seinem Chef immer die Hoffnung, mit erfolgreichen Handelsgeschäften die Verluste wieder gutzumachen.

Verluste der Gesellschaft seien jahrelang durch das Akquirieren neuer Anlegermittel kaschiert worden. Der Betrug sei erst ein Jahr nach dem Tod von Breitkreuz (März 2005) durch neu hinzugekommene Manager aufgedeckt worden.

Alle Beteiligten wurden zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.

Der Insolvenzverwalter hat Auszahlungen von Scheingewinnen angefochten.

 Der Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Frank Schmitt, Kanzlei Schulze & Braun hat gegen zahlreiche ehemalige Kunden Rückforderungsansprüche geltend gemacht.

Er teilte mit, dass Teile der Auszahlungen Scheingewinne darstellen würden, nämlich soweit sie über den einbezahlten Betrag hinausgingen.

Er erklärte die Anfechtung und forderte die Rückzahlung der "Scheingewinne".

Das Anfechtungsvolumen betrug ca. 100 Millionen Euro.

Er stützte die Anfechtungen auf den Insolvenzanfechtungstatbestand der "unentgeltlichen Leistung" gemäß 134 InsO.

Auszahlungen von Scheingewinnen seien unentgeltliche Leistungen. Anfechtbar sind nach seiner Auffassung alle Auszahlungen von Scheingewinnen der letzten vier Jahre vor dem Insolvenzantrag.

Nur die Zahlung der Einlage könne in Abzug gebracht werden.
 

Grundlagen für die Anfechtung und Rechtsprechung

Nach dem Gutachten des Insolvenzverwalters beruht der Rückforderungsanspruch gegenüber den Empfängern von Scheingewinnen aus Finanzterminkontrakten auf zwei BGH-Entscheidungen in zwei Altfällen vor vielen Jahren:
1. BGH vom 29.11.1990 Az.: IX ZR 29/90 und
2. BGH vom 29.11.1999 AZ: IX 55/90.

Der Bundesgerichtshof hatte in diesen Altfällen festgestellt, dass in Finanzanlagebetrugsfällen, in denen auf der Grundlage eines Schneeballsystems Auszahlungen auf Scheingewinne geleistet worden sind, diese Auszahlungen für die Fälle anfechtbar seien, in denen die Auszahlungen die ursprünglichen Einlagebeträge der Anleger überstiegen.

Nach einem Rechtsgutachten von Prof. Bork, Hamburg, können die Scheingewinne der letzten vier Jahre insolvenzrechtlich angefochten und zurückgefordert werden. Insofern würden die Kontoauszüge innerhalb der letzten vier Jahre in Gestalt von abstrakten Schuldanerkenntnissen vom Insolvenzverwalter angefochten werden können, sofern sie Scheingewinne auswiesen. Vorherige Gewinnausweisungen, die älter als vier Jahre sind, sollen folglich bestandskräftig bleiben.
 

Der Bundesgerichtshof bestätigte in seinen Urteilen vom

11.12.2008 , IX ZR 1995/07 und vom
22.04.2010, IX ZR 225/09, ZIP 2010,1455 und vom
10.02.2011 IX ZR 18/10, ZIP 2011, 674,

dass der Insolvenzverwalter die Auszahlung von in "Schneeballsystemen" erzielten Scheingewinnen durch den späteren Insolvenzschuldner als objektiv unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO anfechten kann.

Dagegen kann die Umbuchung von in Schnellballsystemen erzielten Scheingewinnen auf ein anderes Anlagekonto desselben Anlegers keinen anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch begründen, vgl. BGH, Urt .v.29.03.2012 IX ZR 207/10, ZIP 2012, 931.

 Für weitere Fragen zum Insolvenzanfechtungsrecht stehen wir gerne zur Verfügung.

 



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Verfasser: Hermann Kulzer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht
15.09.2011 Phoenix Kapitaldienst GMbH: Entschädigungsanspruche, Sonderrechte ua.
Information I. Entschädigungsansprüche/ BGH vom 20.09.2011
Der für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat mit Urteil vom 20. September 2011 - XI ZR 434/10 entschieden, dass die von den Kapitalanlegern im Zusammenhang mit der Insolvenz der Phoenix Kapitaldienst GmbH gegen die Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen geltend gemachten Entschädigungsansprüche fällig sind.

Das Amtsgericht hat die Klagen abgewiesen. Auf die Berufungen der Kläger hat das Landgericht den Klagen in Höhe eines Teilbetrages von 90 %, d.h. unter Abzug des gesetzlichen Selbstbehalts von 10 %, stattgegeben, die weitergehenden Berufungen zurückgewiesen und der Beklagten die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten.

Der Bundesgerichtshof hat die Revisionen der Beklagten zurückgewiesen. Er hat unter Bestätigung seiner früheren Rechtsprechung und in Übereinstimmung mit einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts das Phoenix Managed Account als Finanzkommissionsgeschäft angesehen und damit die Entschädigungspflicht der Beklagten dem Grunde nach bejaht. Die Entschädigungseinrichtung hat nach § 5 Abs. 4 Satz 1 EAEG* die Berechtigung und die Höhe eines angemeldeten Entschädigungsanspruchs unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, zu prüfen und diesen gemäß § 5 Abs. 4 Satz 6 EAEG* spätestens drei Monate, nachdem sie die Berechtigung und die Höhe des Anspruchs festgestellt hat, zu erfüllen. Damit ist der Anspruch fällig. Die Entschädigungseinrichtung muss die angemeldeten Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach in eigener Verantwortung prüfen und nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 EAEG* geeignete Maßnahmen treffen, um die Gläubiger innerhalb der gesetzlichen Fristen zu entschädigen. Aufgrund dessen hat sie auftretende Fragen tatsächlicher oder rechtlicher Art selbst zu entscheiden oder kann darüber - wenn und soweit dies angezeigt ist - einen "Musterprozess" führen. Letzteres kann insbesondere bei einer schwierigen, in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht geklärten Rechtsfrage in Betracht kommen. Bleibt die Entschädigungseinrichtung dagegen untätig, tritt nach Ablauf der 3-Monats-Frist des § 5 Abs. 4 Satz 6 EAEG* die Fälligkeit der Entschädigungsansprüche ein.

Nach diesen Maßgaben hat der Bundesgerichtshof die Fälligkeit der Entschädigungsansprüche bejaht. Die Beklagte hat die zwischen den Parteien umstrittene Frage des Bestehens eines Aussonderungsrechts nicht selbst entschieden und auch keinen "Musterprozess" geführt, sondern ist untätig geblieben. Den Erlass des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 2011 (IX ZR 49/10, WM 2011, 798) durfte sie nicht abwarten. Hierdurch ist zwar entschieden worden, dass den Anlegern an den Einzahlungs- und Brokerkonten der P. GmbH weder ein Aussonderungs- noch ein Mitaussonderungsrecht nach § 47 Abs. 1 InsO zusteht. Dieses von dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der P. GmbH gegen einen Großanleger mit einer Beteiligungssumme von 11.130.000 US-Dollar betriebene Verfahren stellt aber keinen "Musterprozess" im oben genannten Sinne dar. Dies folgt bereits daraus, dass die Beklagte - selbst wenn sie sich an dem Rechtsstreit als Nebenintervenientin beteiligt hätte - nicht "Herrin" des Verfahrens gewesen wäre und z.B. eine nichtstreitige Erledigung des Rechtsstreits nicht hätte verhindern können. Aufgrund der Untätigkeit der Beklagten durften die Kläger ihre noch jeweils offene Restforderung gerichtlich geltend machen, ohne dass ihnen die Beklagte den Einwand fehlender Fälligkeit entgegenhalten kann.


II. Keine Sonderrechte für Großanleger/BGH IX ZR 49/10

Der BGH schaffte Klarheit für das Phoenix-Insolvenzverfahren: Großanleger genießen bei der Verteilung der Gelder aus der Insolvenzmasse keine Aussonderungsrechte, werden also nicht vorrangig bedient. Im Rechtsstreit zwischen Insolvenzverwaltung und Großgläubigern der Phoenix-Kapitaldienst hat der BGH gegen einen Hedgefonds-Treuhänder entschieden. Die Richter urteilten, dass kein Aussonderungsrecht für institutionelle Anleger besteht, sie also nicht vorrangig aus der etwa 230 Millionen Euro schweren Insolvenzmasse bedient werden (BGH IX ZR 49/10).

Nach Ansicht des BGH ist es auf Grund zahlreicher Kontobewegungen im Nachhinein nicht mehr möglich ist, die gesicherten Kontoguthaben eindeutig einzelnen Anlegern zuzuordnen.

Die Hindernisse, die einen ersten Abschlagszahlung aus der Insolvenzmasse an alle Gläubiger bislang im Wege gestanden haben, sollen nun beseitigt sein.

Seit Jahren hielt die vor allem vom irischen Investor Citco Global Custody, der rund neun Millionen Euro im Insolvenzverfahren angemeldet hat, angestrengte Auseinandersetzung das Insolvenzverfahren auf. Nach dem Sieg des Verwalters können die 30.000 anderen Gläubiger auf eine schnellere Quotenrealisierung hoffen.


Für Fragen zu Phoenix stehen wir gerne zur Verfügung.

Hermann Kulzer, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht ( IS Wertpapierhandel)

 

 

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Verfasser: Hermann Kulzer, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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