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Insolvenzrecht A bis Z
Betriebsteilübergang
Voraussetzung für einen Betriebsteilübergang ist das Bestehen einer organisatorisch abgrenzbaren wirtschaftlichen Einheit beim Veräußerer, die vom Erwerber übernommen wird, vgl. Bundesarbeitsgericht Urteil vom 13.10.2011.
An dieser Rechtsprechung des BAG und des Europäischen Gerichtshofs hat sich nichts dadurch geändert, dass der EuGH in seiner Entscheidung vom 12.02.2009, Az.: 8 AZR 455/10 in NJW 2009,2029 an die Wahrung der organisatorischen Selbstständigkeit eines übernommenen Betriebsteils beim Erwerber geringere Anforderungen stellt als die alte Rechtsprechung.

04.06.2012 Betriebsübergang: Haftet Erwerber für Ansprüche aus Tarifvertrag?
Information

Hafter der Erwerber für Ansprüche des Arbeitnehmers aus einem Tarifvertrag, der erst nach Betriebsübergang  in Kraft tritt?

Leitsätze des Bundesarbeitsgerichts:

Tritt ein Tarifvertrag nicht mit seinem Abschluss, sondern erst später in Kraft, ist für den Beginn der Tarifgeltung der Zeitpunkt des Inkrafttretens maßgebend.

Zuvor gehört der tarifvertragliche Regelungsbestand nicht zu den Rechten und Pflichten aus dem im Zeitpunkt eines Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnis nach § 613a Abs. 1 Sätze 1 und 2 BGB.

Nach Betriebsübergang kommt bei einem zuvor noch nicht in Kraft getretenen Haustarifvertrag des Veräußerers eine Verbindlichkeit der Tarifnorm auch nicht über eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die „Vorschriften der jeweils gültigen Tarifverträge“ in Betracht, weil diese nicht Haustarifverträge eines anderen Unternehmens erfasst.


Sachverhalt:

In zwei überwiegend parallel liegenden Rechtssachen ging es um einen Anspruch aus einem Tarifvertrag über eine Zusatzzahlung (TV Zusatzzahlung). Diese Zahlung stand im Zusammenhang mit einem zuvor erbrachten Verzicht auf tarifvertragliche Rechte, der in einem gesonderten Sanierungstarifvertrag vereinbart worden war. Der TV Zusatzzahlung wurde im Herbst 2004 gleichzeitig mit dem sofort in Kraft tretenden Sanierungstarifvertrag verhandelt und abgeschlossen, sollte jedoch, um vorherige Rückstellungen in der Bilanz zu vermeiden, erst am 1. Januar 2008 in Kraft treten. Bereits zuvor - zum 1. Januar 2006 - gingen die Arbeitsverhältnisse der Klägerinnen, die in einem Callcenter tätig sind, im Wege des Betriebsübergangs auf die im vorliegenden Rechtsstreit beklagte Arbeitgeberin über.

Gang des Verfahrens:

Die Vorinstanzen haben den Klagen auf Zahlung aus dem TV Zusatzzahlung entsprochen. Die Revisionen der Beklagten vor dem Vierten Senat des Bundesarbeitsgerichts hatten Erfolg.


Begründung:

Ein Anspruch der klagenden Arbeitnehmerinnen ergibt sich weder aus § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. den Normen des TV Zusatzzahlung noch aus der in ihren Arbeitsverträgen vereinbarten Bezugnahmeklausel. Soweit sich die Klägerinnen auf das Maßregelungsverbot i.V.m. dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz berufen haben, hatten sie bereits deshalb keinen Erfolg, weil sie nicht die der begünstigten Arbeitnehmergruppe gewährten Leistungen - Gutscheine und Gutschreibungen auf Kundenkonten sowie im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung -, sondern Auszahlung eines Geldbetrages verlangten.

 

Gerichte:

Vorinstanzen: Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, Urteile vom 10. März 2010 - 4  Sa 215/09 und 4 Sa 218/09 -

Bundesarbeitsgericht, Urteile vom 16. Mai 2012 - 4 AZR 320/10 und 321/10 -
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Verfasser: HK
04.06.2012 Wechsel zu einer „Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft“ vor Betriebsübergang
Information Leitsätze des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 18. August 2011 - 8 AZR 312/10)

 Schließen Arbeitnehmer vor einem Betriebsübergang einen dreiseitigen Vertrag, mit dem sie vom Betriebsveräußerer zu einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (B & Q) wechseln, so ist diese Vereinbarung wirksam, wenn sie auf das endgültige Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb gerichtet ist.

Die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsveräußerer verstößt jedoch gegen zwingendes Recht, wenn dadurch bei gleichzeitigem Erhalt des Arbeitsplatzes die Beseitigung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses bezweckt wird. Davon ist auszugehen, wenn die Betriebserwerberin den Arbeitnehmern schon neue Arbeitsverhältnisse verbindlich in Aussicht gestellt.

Der Sachverhalt und die Begründung des Gerichts:

Die Parteien streiten über die Dauer der Kündigungsfrist für das Arbeitsverhältnis des Klägers, für die es auf die Dauer des Bestandes des Arbeitsverhältnisses ankommt.

Für die frühere Arbeitgeberin des Klägers in W. war im Herbst 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

Im März 2006 ließ der Insolvenzverwalter den Kläger sechs Vertragsformulare unterzeichnen, mit denen der Kläger die Aufhebung seines Arbeitsverhältnisses mit dem Insolvenzverwalter und den anschließenden Eintritt bei einer B &Q zu sechs verschiedenen Terminen des Jahres 2006 anbot.

Gelten sollte der Vertrag, der von der B & Q gegengezeichnet werden würde.

Anfang Mai 2006 ließ der Insolvenzverwalter den Kläger zwei weitere Angebote unterzeichnen, diesmal für ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten, die den Betrieb erwerben wollte.

Die Beklagte hatte vor, den Betrieb mit 352 von 452 Arbeitnehmern der insolventen Betriebsveräußerin fortzuführen.

Am 29. Mai 2006 unterzeichnete die B & Q dasjenige Vertragsangebot des Klägers, das sein Ausscheiden bei der insolventen Arbeitgeberin mit dem Ablauf des 31. Mai 2006 und den Eintritt in die B & Q mit dem Beginn des 1. Juni 2006 vorsah.

Tatsächlich war der Kläger am 1. Juni 2006 auf einer Betriebsversammlung in W. Dort ließ die Beklagte im Losverfahren die 352 Arbeitnehmer ermitteln, mit denen sie den Betrieb ab dem 2. Juni 2006 fortführte. Darunter war auch der Kläger. Später wurde das Vertragsverhältnis des Klägers mit der B & Q zum Ablauf des 1. Juni 2006 rückwirkend aufgehoben.

Die Klage hatte in allen Instanzen Erfolg.

Der Kläger kann aufgrund einer über zwölfjährigen Dauer des Arbeitsverhältnisses eine Kündigungsfrist von fünf Monaten beanspruchen. Auf eine eintägige Unterbrechung durch den Vertrag mit der B & Q am 1. Juni 2006 kann sich die Beklagte nicht berufen. Wie der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts erkannt hat, diente ein etwa zustande gekommener dreiseitiger Vertrag dem Zweck, die Kontinuität des Arbeitsverhältnisses zu unterbrechen und die Rechtsfolgen des § 613a BGB zu umgehen. Der Kläger sollte nicht dauerhaft aus dem Betrieb ausscheiden, ihm war vielmehr die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten als Betriebserwerberin verbindlich in Aussicht gestellt worden. Das von der Beklagten betriebene „Losverfahren“ auf einer Betriebsversammlung änderte daran nichts.

 

Für Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.

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Verfasser: Hermann Kulzer, Fachanwalt, Rechtsanwalt, MBA

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